10.44

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol­legen! Sehr geehrte ZuseherInnen vor den Bildschirmen zu Hause! Zeiten der Krise sind immer Zeiten erhöhter Unsicherheit, und die Unsicherheit ist ganz besonders dann sehr hoch, wenn es nicht nur um materielle Ängste geht, sondern auch um Ängste um die eigene Gesundheit und um die Gesundheit der engsten Angehörigen.

Menschen, die im wahrsten Sinne des Wortes besonders verletzlich sind, haben größt­möglichen Schutz verdient. Es ist Aufgabe der Politik, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen, um diese Unsicherheit und diese Ängste zu nehmen und diejenigen zu schützen, die besonders verletzlich sind, insbesondere auch am Arbeitsplatz.

Darum bin ich froh, dass wir heute mit dem 9. COVID-19-Gesetz Regelungen be­schließen, die sicherstellen, dass all diejenigen, die im Falle einer Infektion durch den Coronavirus einem besonders hohen Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind, tatsächlich bestmöglich geschützt werden. Das ist unabhängig davon, ob sie in einem Großraum­büro arbeiten, ob sie in einer Fabrik, im Handel oder in Gesundheitsberufen arbeiten, womit auch die systemrelevanten Bereiche enthalten sind.

Kollege Muchitsch hat es bereits erwähnt, es gibt ein dreistufiges System: zuerst die Information durch den Dachverband der Sozialversicherungsträger, ob der/die Betrof­fene nun zu einer Risikogruppe gehört. Der zweite Schritt ist, dass der oder die Betrof­fene selber entscheidet, was er oder sie mit dieser Information macht, wie seinen/ihren Arzt aufzusuchen, der die Risikosituation beurteilt, analysiert und ein entsprechendes Risikoattest ausstellen kann. Und auch dann liegt es an dem Betroffenen oder an der Betroffenen selbst, was er oder sie damit macht: zum/r Arbeitgeber/in zu gehen, ihm oder ihr zu sagen, das liegt vor, und gegebenenfalls den Anspruch darauf zu haben, dass am Arbeitsplatz entsprechende Maßnahmen gesetzt werden. Wir haben vom Homeoffice gehört, es kann auch ein geschützter Arbeitsbereich oder gegebenenfalls eben auch die Freistellung sein.

Jeder Schritt beruht auf Freiwilligkeit. Das halten wir für wichtig, denn nicht jeder Be­troffene will, dass sein Vorgesetzter, sein Arbeitgeber, seine KollegInnen wissen, dass er oder sie zu einer Risikogruppe gehört. Nicht jeder will, nur weil er oder sie Angehö­riger einer Risikogruppe ist, seiner Arbeit nicht mehr nachgehen, und vielleicht hat auch mancher trotz eines erweiterten Kündigungsschutzes Angst vor der Konsequenz.

Wie auch Befragungen im Rahmen einer Coronastudie der Universität Wien ergeben haben, ist einer Risikogruppe anzugehören, leider auch oft genug mit einer Stigmatisie­rung und mit Scham behaftet. Sehr geehrten Damen und Herren, eine Stigmatisierung der Betroffenen dürfen wir auf keinen Fall zulassen! Es darf nicht so weit kommen, dass Menschen aufgrund von Krankheitsbildern, Vorerkrankungen oder gesundheitli­chen Handicaps in der Arbeitswelt, am Arbeitsplatz oder auch dann, wenn es darum geht, einen Job zu finden, benachteiligt werden, weil sie vermeintlich nur als bedingt belastbar oder als weniger leistungsfähig als andere angesehen werden. Es geht um Rechte, es geht darum, diese angstfrei wahrnehmen zu können. Es geht um den Schutz und die Solidarität mit jenen, die unsere Solidarität verdient haben, gerade auch in der aktuellen Gesundheitskrise.

Ich möchte zum Schluss noch den Abänderungsantrag der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kolleginnen zum Bericht des Aus­schusses für Arbeit und Soziales, 120 der Beilagen, über den Antrag 483/A der Ab­geordneten Wöginger, Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein 9. COVID-19-Gesetz einbringen.

Dieser Antrag wurde verteilt. Worum geht es? – Es geht einerseits darum, dass in dem Kreis der Betroffenen, die von der Krankenkasse informiert werden, auch die gering­fügig Beschäftigten explizit im Gesetzestext erwähnt werden, und es geht letztlich auch darum, dass für die 27-jährigen Selbstversicherten in Ausbildung über die Dauer der Covid-Krise der Versicherungsschutz entsprechend verlängert wird.

Ich bitte um Unterstützung und Zustimmung zu diesem Antrag. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner

und Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 120 der Beilagen über den Antrag 483/A der Abgeordneten Wöginger, Koza betreffend ein 9. COVID-19-Gesetz (AB 120 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1. § 735 Abs. 1 erster Satz lautet:

„Der Dachverband hat einen Dienstnehmer, eine geringfügig beschäftigte Person oder einen Lehrling (im Folgenden: betroffene Person) über seine Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe zu informieren.“

1a. In § 735 Abs. 5 wird der Ausdruck „Abs. 1“ durch den Ausdruck „Abs. 2“ ersetzt.

2. Dem § 736 in der Fassung der Z 3 werden folgende Abs. 7 und 8 angefügt:

„(7) Abweichend von § 16 Abs. 6 Z 2 schadet rückwirkend ab dem 11. März 2020 die Nichtentrichtung von Beiträgen zur Selbstversicherung in der Krankenversicherung durch Personen nach § 16 Abs. 2 für die Dauer der COVID-19-Pandemie, längstens je­doch bis zum 31. Dezember 2020, dem Bestand dieser Selbstversicherung nicht. Ab­weichend von § 76 Abs. 1 Z 2 lit. b bleibt für denselben Zeitraum eine Überschreitung der Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe für die Studienrichtung um das Sommerse­mester 2020 außer Betracht.

(8) Abweichend von den §§ 123 Abs. 4 Z 1 und 252 Abs. 2 Z 1 besteht rückwirkend ab dem 11. März 2020 für die Dauer der COVID-19-Pandemie, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2020, die Anspruchsberechtigung für Kinder und Enkel längstens bis zum 27. Lebensjahr und sechs Monaten.“

Art. 2 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Dem § 378 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Abweichend von den §§ 83 Abs. 4 Z 1 und 128 Abs. 2 Z 1 besteht rückwirkend ab dem 11. März 2020 für die Dauer der COVID-19-Pandemie, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2020, die Anspruchsberechtigung für Kinder und Enkel längstens bis zum 27. Lebensjahr und sechs Monaten.“

Art. 3 (Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Dem § 372 in der Fassung der Z 2 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Abweichend von den §§ 78 Abs. 4 Z 1 und 119 Abs. 2 Z 1 besteht rückwirkend ab dem 11. März 2020 für die Dauer der COVID-19-Pandemie, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2020, die Anspruchsberechtigung für Kinder und Enkel längstens bis zum 27. Lebensjahr und sechs Monaten.“

Art. 4 (Änderung des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1. § 259 Abs. 1 erster Satz lautet:

„Der Dachverband hat einen Dienstnehmer, eine geringfügig beschäftigte Person oder einen Lehrling (im Folgenden: betroffene Person) über seine Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe zu informieren.“

2. Im § 259 Abs. 4 in der Fassung der Z 2 wird der Ausdruck „Abs. 5“ durch den Ausdruck „Abs. 3“ ersetzt.

3. Dem § 259 in der Fassung der Z 2 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Abweichend von § 56 Abs. 3 Z 1 besteht rückwirkend ab dem 11. März 2020 für die Dauer der COVID-19-Pandemie, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2020, die Anspruchsberechtigung für Kinder und Enkel längstens bis zum 27. Lebensjahr und sechs Monaten.“

Begründung

In den §§ 735 Abs. 1 ASVG und 258 Abs. 1 B-KUVG werden explizit auch geringfügig beschäftigte Personen angeführt. Die Änderung in Ansatz 5 bewirkt, dass die iNfor­mation über due mögliche Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe durch den Dachver­band unabhängig von der dienstrechtlichen Zuordnung auch an die nach den Sozial­versicherungsgesetzen versicherten Landes- und Gemeindebediensteten ergeht. Darü­ber hinausgehende Zuständigkeiten liegen jedoch bei den Ländern.

Mit den vorgesehenen Änderungen soll die Möglichkeit der Mitversicherung in der Krankenversicherung als anspruchsberechtigter Angehöriger im ASVG und in den Son­dergesetzen sowie die Waisenpension befristet für die Zeit der COVID-19-Pandemie über das 27. Lebensjahr hinaus gewahrt bleiben.

Ebenso soll befristet die Nichtentrichtung von Beiträgen zur studentischen Selbstversi­cherung für die Zeiten der COVID-19-Pandemie dem Bestand der Selbstversicherung in der Krankenversicherung (vgl. § 16 Abs. 2 ASVG) und der damit verbundenen be­sonderen (herabgesetzten) Beitragsgrundlage nach § 76 Abs. 1 Z 2 ASVG nicht scha­den.

Die vorliegende Abänderung im § 259 Abs. 4 B-KUVG dient der Richtigstellung eines Verweises.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte.