14.19

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Regie­rungsmitglieder! Liebe Kollegen Abgeordnete! Bevor ich in die Debatte einsteige, möchte ich die Gelegenheit nutzen, um einen speziellen Gruß auszurichten. Meine äl­teste Tochter hat heute ihren zehnten Geburtstag.

Liebe Ella! Ich wünsche dir zu deinem besonderen Tag alles Gute. Es tut mir sehr leid, dass ich heute nicht mit dir feiern kann. Du bist wirklich ein großartiges Mädchen und eine ganz tolle große Schwester. Ich wünsche dir, dass du so bleibst, wie du bist. (All­gemeiner Beifall.)

Jetzt aber zurück zur Debatte. Es ist gerade sechs Tage her, dass ich hier gestanden bin und über die Politik der Angst der Bundesregierung gesprochen habe. Ich habe gesagt, dass Angst in der Politik ein schlechter Ratgeber ist und dass ich mir eine faktenbasierte Politik wünsche.

Nun, was ist in den vergangenen sechs Tagen passiert? – Wir wissen inzwischen, dass es ein ganz klares Leitbild der Bundesregierung und vor allem von Bundeskanzler Kurz – der heute leider nicht da ist – war, eine Politik der Angst zu instrumentalisieren und die Menschen in Österreich zu Maßnahmen zu zwingen, die ohne rechtliche Basis waren.

Ich möchte das Wort gar nicht unbedingt verwenden: Fakelaws wird es in den Medien genannt; das heißt, es wurden Maßnahmen und Einschränkungen in den vergangenen Wochen von der österreichischen Bevölkerung verlangt, die keine rechtliche Basis hatten. Der Herr Gesundheitsminister hat das teilweise, was das Versammlungsverbot in den privaten Räumlichkeiten anbelangt, ja auch schon klargestellt, dass das eine falsch kommunizierte Einschränkung der persönlichen Freiheiten war. Ich erwarte mir auch auf anderen Ebenen, dass es diese Klarstellungen geben wird.

Was habe ich gesagt? – Das Gegenteil einer Politik der Angst ist eine Politik der Auf­klärung und der Information, die ich mir wünschen würde. Am Freitag hatten wir eine Sitzung des Gesundheitsausschusses, in der wir mehrere Anträge eingebracht haben, die auch etwas Licht ins Dunkel hätten bringen sollen.

Wir haben einen Antrag betreffend Aufklärung der Causa Ischgl eingebracht, zu dem paradoxerweise von einem Ausschussmitglied der Grünen ein Antrag gestellt wurde, diesen zu vertagen, also er wurde mit Regierungsmehrheit vertagt.

Wir haben einen Antrag betreffend konsistente Teststrategie eingebracht, um tatsäch­lich endlich valide Daten für unsere politischen Entscheidungen zu haben. Sie, Herr Bundesminister, haben schon vor über drei Wochen angekündigt, dass es flächende­ckende Screenings und Ende des Monats die Antikörpertests geben wird. Im Aus­schuss ist uns dann wieder erzählt worden, Antikörpertests seien nicht verfügbar, ob­wohl gleichzeitig in Tirol erste Testungen mit Antikörpertests durchgeführt werden. Die vor drei Wochen angekündigten wöchentlichen Screeninguntersuchungen, um eine Datenbasis zu haben, haben bislang noch nicht stattgefunden. Dabei wissen wir beide, dass diese als solide Datenbasis dringend notwendig wären, um die richtigen Entschei­dungen zu treffen.

Ich möchte aber auch nicht den Vorwurf auf mir sitzen lassen, dass wir nur fordern und das Ganze faktenbefreit ist, deshalb habe ich eine schöne Tafel mitgebracht. (Der Red­ner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der zwei Verlaufskurven zu sehen sind.) – Ich weiß, sie ist leider sehr klein, aber ich werde sie Ihnen erläutern, und vielleicht kann die Kamera das auch größer einfangen.

Das sind die europäischen Sterblichkeitszahlen. Ich glaube, härtere Fakten als die ab­soluten Sterblichkeitszahlen gibt es in der Medizin nicht. Sie gehen bis zur Kalender­woche 16 im heurigen Jahr. Die obere Grafik zeigt Österreich, die untere Grafik zeigt Schweden an. Wie man an der oberen Grafik erkennen kann, am Ende haben wir mitt­lerweile in Kalenderwoche 16 eine unterdurchschnittliche Sterblichkeit von 11 Prozent. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn das kein Beweis dafür ist, dass die Maßnahmen überschießend waren (Ruf bei der ÖVP: Na du bist ein Rechner! – wei­tere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ), nämlich über das Normale hinausgehend wa­ren, dann weiß ich nicht, auf welche Daten und Fakten Sie sich berufen wollen.

Wenn man zum Vergleich jetzt die untere Grafik nimmt, die schwedische Statistik hernimmt, dann sieht man hier natürlich einen traurigen Anstieg der Sterblichkeit, das gilt es nicht zu verleugnen, ungefähr 11 Prozent. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, exakt dieselbe Steigerung von 11 Prozent über dem Durchschnitt hatten wir in Österreich 2017 im Rahmen der Grippewelle. Das ist also ein Zustand, der nicht so weit aus der Normalität und nicht so weit in der Vergangenheit liegt, dass man das als absurd oder abnormal bezeichnen könnte.

Einen großen Unterschied gibt es: In Schweden gibt es 70 000 Arbeitslose, nicht knapp 700 000 Arbeitslose, in Schweden haben die Schulen und die Kindergärten geöffnet gehabt und wurde die Bildung der Kinder nicht eingeschränkt. (Abg. Höfinger: Das ist ja unglaublich! Peinlich für einen Apotheker!) Ich glaube, das sind Fakten, bei denen man durchaus diskutieren kann, ob die Maßnahmen, die am Anfang unausweichlich erschienen sind (weitere Zwischenrufe des Abg. Höfinger), nicht schon längst hätten gelockert werden müssen.

Bringen wir das jetzt in einen zeitlichen Kontext: Vor gut zwei Wochen, als wir gefordert haben, dass die Maßnahmen gelockert werden, hat man aus diesen Daten und selbst aus den Sterblichkeitszahlen heraus schon ablesen können, dass die Welle deutlich am Abflachen ist. Es gab durch die am Anfang getroffenen Maßnahmen niemals die Gefahr, dass unser Gesundheitssystem überlastet wird. Umso unbegreiflicher, dass Anträge zur Normalisierung, zur Beendigung des Lockdowns im Gesundheitswesen (Abg. Höfinger: Peinlich! Dass du dich für so etwas hergibst! Unglaublich!) im Gesund­heitsausschuss wieder abgelehnt worden sind.

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Wir werden nicht verhindern können, dass Menschen sterben. Jeder Mensch muss irgendwann sterben. Wenn wir aber glauben, dass wir durch die Einschränkung der persönlichen Freiheit, durch die Bevormundung durch den Staat das Sterben der Menschen absolut verhindern können, dann werden wir Schiffbruch erleiden. Das werden wir nicht schaffen.

Deshalb möchte ich abschließend auch noch frei nach Benjamin Franklin anmerken: Wer bereit ist, wesentliche Grundrechte aufzugeben, nur um ein bisschen Sicherheit zu gewinnen, der hat weder das eine noch das andere verdient und wird am Ende beides verlieren. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.)

14.25

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.