19.21

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Frau Justizministerin! Ja klar, es geht darum – und es geht uns wahrscheinlich allen darum –, dass wir das Virus möglichst aus den Haftanstalten draußen lassen, das ist keine Frage. Wie wir das ma­chen, dafür gibt es mehrere Möglichkeiten, und die Einvernahme über Video ist eine durchaus auch probate.

In der Tat – wir haben es schon gehört; Kollege Lausch bezieht sich da wohl auf den gemeinsamen Entschließungsantrag –, der Unterschied ist halt der, dass im Zivilrecht die Parteien zustimmen müssen, ob bei der Verhandlung die Videoeinvernahme mög­lich ist, während es hingegen im Strafrecht eine reine Ermessensentscheidung des Richters oder der Richterin ist, ob das in einem Schöffenprozess dann so passiert oder nicht, in einem Schwurgerichtsprozess passiert oder nicht passiert.

Ich denke, dass es auch durchaus okay ist, das bei Einvernahmen, bei Vorverhand­lungen mit Video zu machen. Bei einer Hauptverhandlung aber, wenn es um einen An­geklagten in Strafrechtssachen geht, der in Untersuchungshaft sitzt – dann ist dieser ja deswegen angeklagt, weil er eine Sache begangen hat, die mit einer sehr hohen Strafe belegt ist, es ist also ein massives, entscheidendes Verbrechen gewesen, und da geht es in der Hauptverhandlung unter Umständen um Jahrzehnte oder sein ganzes künfti­ges Leben –, denke ich, muss es wenigstens auch so sein, dass der Angeklagte dem zustimmen muss, wenn er in der Hauptverhandlung per Video einvernommen wird. Das ist der Unterschied und das ist auch der Inhalt dieses Antrages.

Ich halte es auch absolut für gerechtfertigt, darauf zu bestehen, dass dem Angeklagten schon von Anfang an klar sein muss, was da passiert, welche Rechte er hat, und dass er auch darauf bestehen kann, eben nicht per Video einvernommen zu werden.

Diese Prinzipien der Unmittelbarkeit und der Mündlichkeit sind sehr wichtig. Ich glaube, dass alle Beteiligten, sowohl die Geschworenen auf der einen Seite als auch der An­geklagte und seine Rechtsvertretung auf der anderen Seite, die Möglichkeit haben müssen, direkt reagieren zu können, direkt die Regungen in den Gesichtern, die Mimik, die Gestik ohne den Filter eines Mediums nachvollziehen zu können. Wir haben das auch im Ausschuss diskutiert: Wenn zum Beispiel dann auch noch ein Dolmetscher eingeschaltet wird und der Angeklagte die Möglichkeit hat, per Telefon mit seinem Anwalt in Verbindung zu sein, wird das wahrscheinlich ein bissel overwhelming – sage ich jetzt einmal – und für einen Angeklagten schwer zu handeln sein.

Ich denke, dass es sehr wohl möglich ist, in Gerichten Vorsorge zu treffen, dass man die Verbreitung des Virus in diesen wenigen Fällen, um die es da geht, auch ohne eine Videoeinvernahme wird verhindern können, sei es durch Plexiglasscheiben, durch ge­nügend Abstand, durch Mund-Nasen-Schutzmasken oder Sonstiges.

Ich bin den NEOS sehr dankbar für diese Initiative, die wir gerne mit unterstützen, und denke mir, dass da wirklich zwischen Zivilrecht und Strafrecht differenziert werden muss. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Lausch und Rei­fenberger. – Abg. Lausch: Die Kollegin Bayr hat’s verstanden, aber die Kollegin Kug­ler nicht!)

19.24

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Margreiter. – Bitte.