21.25

Bundesminister für Inneres Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einmal gestat­ten Sie mir, zu sagen, dass ich mich freue, dass wir uns alle hier gesund wiedersehen. Bevor ich zu meinen eigenen Ausführungen komme, zur Änderung des BFA-Verfah­rensgesetzes sowie des Asylgesetzes, gestatten Sie mir noch ein paar Bemerkungen zu den Vorrednerinnen und Vorrednern.

Zum einen, Herr Abgeordneter Einwallner: Das Danke an die Polizistinnen und Polizis­ten gebe ich gerne weiter, weil sie tatsächlich einen großen Dienst leisten und sehr ge­fordert sind. Es gibt über 46 im Einsatz verletzte Beamtinnen und Beamte, auch wäh­rend der Coronaviruszeit. Es gab Delikte der Körperverletzung beim Einschreiten bei den sogenannten – ein völlig absurder Begriff – Coronapartys (Zwischenruf des Abg. Kickl), wo Betrunkene sich widersetzt und die Polizistinnen und Polizisten angegriffen haben.

Weil es oft die Frage gibt, wieso rechtmäßiges Einschreiten der Polizei bei Coronavi­ruspartys möglich war, eine einfache Antwort dazu (Abg. Kickl: Definieren Sie uns das mal, was eine Coronavirusparty ist, und zwar auf einer Rechtsgrundlage! – Zwischen­rufe bei der SPÖ): Es waren immer Anzeigen, es lagen immer Anzeigen von besorgten Bürgerinnen und Bürgern zugrunde. Diesen Anzeigen wegen Lärmbelästigung muss von Polizeiseite aus nachgegangen werden, und da kam es dann zu dementsprechen­dem Einschreiten und auch zu aggressivem Verhalten gegenüber den Beamtinnen und Beamten; wie gesagt, 46 sind verletzt.

Es gab tatsächlich 30 000 Anzeigen und 3 600 Organstrafmandate in der Zeit des Co­ronavirus. Das mag auf den ersten Blick viel erscheinen, ist aber in Wirklichkeit sehr wenig. Ich darf Ihnen eine Referenzzahl nennen: Im Jahr 2019, ohne Coronavirus, gab es 6 Millionen Anzeigen wegen Geschwindigkeitsübertretungen – im Vergleich zu 30 000 Anzeigen jetzt, während besonderer Auflagen in der Coronaviruszeit. Man sieht, die Österreicherinnen und Österreicher, die Menschen, die in Österreich leben, haben sensationell kooperiert, und genau ihnen ist es geschuldet und vor allem zu verdanken, dass die Infektionszahlen so rückläufig sind, wie sie sich jetzt darstellen, im zweistelligen Bereich.

Gestatten Sie mir dazu aber auch eine Anmerkung! Wir dürfen eines nicht vergessen, und vor allem dürfen wir auch nicht müde werden, es zu erwähnen: Das Coronavirus ist in Österreich nicht ausgerottet. Wir haben noch immer Infektionszahlen, selbst die neuen Maßnahmen ab 1. Mai sollen dazu dienen, dass wir die Infektionsketten durch­brechen, dass wir eine neue Welle der Infizierung verhindern, um genau solche Bilder, wie wir sie bei unserem südlichen Nachbarn leider noch immer erleben müssen, oder in Spanien oder selbst im Vorzeigeland Schweden mit dreifacher Todesrate im Ver­gleich zu Österreich, wie wir sie derzeit haben, zu verhindern und hintanzuhalten. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Abgeordnete Krisper hat es schon ausgeführt: Es gab im Ausschuss eine ausführliche Aussprache zu den jeweiligen Situationen und zu den Fragen der Abgeordneten, auch betreffend die Unterbringung von Asylwerbern, und ich bin dankbar, dass das umsich­tige Verhalten der Beamtinnen und Beamten im Innenministerium dazu geführt hat, dass wir die Infektionszahlen in den jeweiligen Einrichtungen so gering wie möglich halten können.

Wir sprechen von 14 positiv getesteten Asylwerberinnen und Asylwerbern, die dement­sprechend medizinisch behandelt werden müssen. Es ist noch eine Person erkrankt, und ja, es gilt auch hier, zu sagen – mein Beileid an die Familie –: Eine Person ist ver­storben, weil sie auch eine schwere Vorerkrankung hatte. Die geringe Zahl an Infizier­ten zeigt aber, dass die Maßnahmen, die gesetzt worden sind, die richtigen waren, um eine größere Katastrophe zu verhindern. Genau das ist das Ziel aller Maßnahmen, die uns auch alle als Österreicherinnen und Österreicher und Menschen, die in Österreich leben, beschweren.

Und ja, ich bin genauso glücklich wie Sie, dass wir eines feststellen können: Am 30.4. um 24 Uhr enden die Ausgangsbeschränkungen. Es gilt weiter der 1-Meter-Sicher­heitsabstand, der Mund-Nasen-Schutz, die Handhygiene, die wichtig ist, aber alles an­dere können wir zumindest jetzt, vorübergehend hinter uns lassen, solange die Zahlen so sind, wie sie sich derzeit entwickeln. Leisten wir alle gemeinsam weiter einen Bei­trag so wie bisher, dass es auch so bleibt! (Beifall bei der ÖVP.)

Noch eine Anmerkung, weil das auch erwähnt worden ist, zum Thema Griechenland und warum wir keine unbegleiteten Minderjährigen in Österreich aufnehmen: Sehr ge­ehrte Damen und Herren, die österreichische Bundesregierung hat eine ganz klare Linie, die heißt: Es braucht einen starken Außengrenzschutz der Europäischen Union, aber gleichzeitig auch die Hilfe vor Ort.

Ich habe heute mit dem griechischen Migrationsminister einen Vertrag unterschrieben: Österreich unterstützt Griechenland mit 181 Wohn- und Sanitärcontainern, und die werden dringender gebraucht denn je. Auf einer der Inseln, auf der Asylwerberinnen und Asylwerber, Migrantinnen und Migranten untergebracht sind, ist ein Feuer ausge­brochen, dabei wurden zehn Container vernichtet. Der griechische Migrationsminister hat sich für diese unmittelbare Hilfe bedankt. Unsere Zusammenarbeit ist eng, einer­seits im Außengrenzschutz – Sie wissen, wir hatten eine Cobra-Spezialeinheit mit ei­nem gepanzerten Fahrzeug vor Ort –, andererseits bei der Hilfe vor Ort, wo diese not­wendig ist, und das zeigen wir dadurch, dass wir die Lebenssituation der Menschen dort verbessern wollen und auch weiter verbessern werden.

Wir halten es für ein falsches Signal, mit Daumen hoch, Daumen runter unbegleitete Minderjährige nach Europa, auf das Festland, zu bringen. Es ist besser, dort vor Ort zu helfen und Umstände zu schaffen, die lebenswert sind. Das sage ich auch als Vater von zwei Kindern. Die Bilder, die wir sehen, sind unerträglich, da haben Sie recht mit Ihrer Kritik. Wir tun alles dafür, dass die Situation dort besser wird, und ich bin zu­versichtlich, dass die griechische Regierung hoch interessiert daran ist – es ist nämlich eine neue –, das dann auch tatsächlich umzusetzen, genauso wie auch die Europäi­sche Kommission und die Europäische Union insgesamt. Da wird Solidarität umge­setzt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eines noch, weil es für mich ein besonders bewegender Moment war: Unsere Cobra-Spezialeinheit war mit der griechischen Spezialeinheit vor Ort und hat am Grenzzaun patrouilliert. Eine türkische Spezialeinheit war auf der anderen Seite und hat immer ge­spiegelt, wenn die österreichischen Polizisten in dem Fall mit den griechischen Kol­legen vor Ort waren, und es kam zu Provokationen von türkischer Seite. Die Mitglieder der türkischen Spezialeinheit haben hinübergeschrien: Was macht ihr da?; geht zurück in euer Land, das ist nicht eure Grenze!, und unsere Cobra-Spezialeinheit hat zurückge­rufen: Das ist sehr wohl unsere Grenze! Das ist Europa, und damit ist das auch die ös­terreichische Grenze! – Ein großes Danke an die BeamtInnen für ihren Einsatz! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Diese Reaktion der österreichischen Polizisten hat für großes Aufsehen in Griechen­land gesorgt, und auch der griechische Migrationsminister hat mir heute wieder ver­sichert, diese Form der europäischen Solidarität ist vorbildhaft und ist auch ein starkes Zeichen für Griechenland, das gerade jetzt, in diesen Zeiten so gefordert war.

Nun zu der Änderung des BFA-Verfahrensgesetzes sowie des Asylgesetzes im Rah­men des 7. COVID-19-Gesetzes, das heute im Nationalrat beschlossen wird. Diese Änderungen im BFA-Verfahrensgesetz und im Asylgesetz sind deshalb notwendig, weil wir die Betroffenen schützen wollen. Was meine ich damit? – Das BFA-Verfahrensge­setz soll geändert werden, um die erforderliche Flexibilität im Falle von Covid-19-be­dingten Schließungen von Erstaufnahmestellen zu gewährleisten. Zusatzinformation: Die Erstaufnahmestelle Traiskirchen ist derzeit aufgrund damals vorliegender Corona­virusfälle vorerst bis Ende April geschlossen. Das heißt, diese Flexibilität ist notwendig, weil das tatsächlich in der Praxis sichtbar wird.

Durch die geplante Änderung, dass minderjährige Fremde auch in Regionaldirektionen und Außenstellen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verbracht werden können, kommt es zu keiner Änderung der Rechtsstellung derjenigen. Alle Verfahrens­garantien für minderjährige Fremde sind weiterhin sichergestellt, es gibt keinerlei Ver­schlechterung im Vergleich zur bisherigen Rechtslage – das halte ich für wichtig –, weil die minderjährigen Fremden eben jetzt auch in Regionaldirektionen und Außenstellen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ihre Vorbringungen machen können. Diese Regelung ist – es ist mir wichtig, das zu sagen – wie alle Gesetze, die wir im Zu­sammenhang mit Covid-19 beschlossen haben, mit einem Ablaufdatum versehen und gilt in diesem Fall bis zum 31. Dezember 2020.

Ergänzend soll auch das Asylgesetz vorübergehend geändert werden: Anträge auf Verlängerung des Aufenthaltstitels „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ sollen nicht mehr nur persönlich bei der Behörde eingebracht werden können, sondern auch postalisch und auf elektronischem Weg. Sie sehen, auch diese Maßnahme dient einer­seits den Bediensteten vor Ort, aber auch den Antragstellerinnen und Antragstellern. (Abg. Vogl: ... kommt wieder Corona!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! All das, was ich Ihnen jetzt vorgetragen ha­be, steht im Zeichen des Coronavirus. Ich glaube, es sind sinnvolle Maßnahmen, und ich ersuche um Ihre Zustimmung. Sie schützen damit, wie gesagt, auf der einen Seite die Bediensteten und auf der anderen Seite die Antragstellerinnen und Antragsteller. Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.35

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist jetzt Abgeordneter Ames­bauer. – Bitte.