9.53

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehgeräten! Nachdem Herr Klubob­mann Kickl zu Beginn dieser heutigen Plenarverhandlung seine Sprachfindungs­fan­tasie unter Beweis gestellt hat und von einem „Grenzgelände zwischen Demokratie und Diktatur“ und auch von „Zwangsüberwachungen“ gesprochen hat (Zwischenruf des Abg. Martin Graf), womit er sich wahrscheinlich auskennt (Abg. Kickl: Aber erst, seitdem ich mit euch in Koalition war!), zeigt die Rede meiner Vorrednerin Kollegin Belakowitsch ein Beispiel für Realitätsverweigerung bis hin zum Realitätsverlust.

Ich kann Ihnen nur raten, meine sehr verehrten Damen und Herren: Hören Sie auf die Experten (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), nämlich auf die Experten in ihren Fachgebieten und nicht auf die Experten für eh alles, die im Grunde nur Nebelgranaten werfen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Jakob Schwarz. – Abg. Kickl: Das hätten Sie tun sollen, wenn man die Protokolle liest!)

Diese Nebelgranaten werden auch geworfen, indem man das Instrument der tat­säch­lichen Berichtigung ins Gegenteil verkehrt. Eine Berichtigung sollte eigentlich etwas berichtigen. Im konkreten Fall haben die Kollegen Stöger und Angerer Verhandlungen und Verfahren durcheinandergeworfen, denn Bauverfahren und auch Gewerbe­ver­fahren können natürlich durchgeführt werden, nämlich die Verfahren an sich, aber mündliche Verhandlungen, die notwendig sind, wenn in einem Bauverfahren zum Beispiel ein Nachbar einen Einwand erhebt, oder sie in einem Gewerbeverfahren zu einer Betriebsanlagengenehmigung notwendig sind, waren bisher nur dann möglich, wenn dies – und ich zitiere aus dem einstimmig beschlossenen Gesetz – „zur Aufrecht­erhaltung einer geordneten Verwaltungsrechtspflege unbedingt erforderlich ist.“ Das heißt ohne Aufschub.

Natürlich sind Betriebsanlagengenehmigungen und Genehmigungen für Einfamilien­häuser für die jeweiligen Antragsteller unbedingt notwendig, doch kann man wahr­scheinlich nicht sagen, dass das für die Aufrechterhaltung der Verwaltungsrechtspflege erforderlich ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit diesem Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetz sorgen wir dafür, dass mündliche Verhandlungen wieder möglich werden. Das heißt, dass Betriebsanlagengenehmigungen nach einem Lokalaugen­schein mit den Sachverständigen wieder erteilt werden können, was für unsere Be­triebe wichtig ist; das heißt, dass Wohnbaugenossenschaften wieder ihre Wohnungs­anlagen errichten können oder dass die kleinen Häuselbauer ihre Häuser genehmigt bekommen. Das ist für diese Menschen wichtig. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, Sie haben das bisher verzögert, und wir ermöglichen das jetzt wieder. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Damit kommen wir zur Frage, warum wir überhaupt diese heutige Sitzung haben: Natürlich ist es notwendig, weil wir Beharrungsbeschlüsse fassen, aber die Begründun­gen für Ihre Einsprüche waren alles andere als plausibel und bei Weitem nicht nach­voll­ziehbar. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Ich verweise nur auf die Ausführungen des Herrn Ministers Anschober zum Epide­miegesetz. Mit der Lockerung der Maßnahmen ist natürlich auch klar, dass wir diesen § 15 nachziehen müssen. Bisher gab es, wenn jemand eine Versammlung, eine Ver­anstaltung machen wollte, nur eine Möglichkeit, nämlich eben Nein zu sagen, und jetzt gibt es die Möglichkeit zu sagen: Ja, aber unter gewissen Auflagen, unter bestimmten Voraussetzungen. Die Verfassungsexperten, nämlich wirkliche Experten auf ihrem Ge­biet, sie wurden ja bereits genannt, haben alle bestätigt, dass dieses Gesetz in dieser Form in Ordnung ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Kritikpunkt der fehlenden Begutachtung, der sich durch die letzten Tage und Wochen zieht: Es ist irgendwie schon erstaunlich: Wenn es vor einer Wahl um das Verteilen von saftigen Zuckerl geht, ist auf die Genossinnen und Genossen von der SPÖ Verlass, da wird es im Eilverfahren ohne Begutachtung beschlossen, da wird am Vormittag ein Antrag eingebracht und am Nachmittag beschlossen, koste es, was es wolle, um das umzumünzen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kollross und Matznetter.)

Aber wehe, wenn es darum geht, dass der Staat in einer Krisenzeit seine Pflicht erfüllt, wenn es darum geht, Existenzen zu sichern und dringende Steuererleichterungen zu schaffen oder unsere europäischen Partner zu unterstützen! Dann gerät diese Soli­darität auf einmal ins Wanken (neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ), und das ist alles andere als verständlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, denn die Men­schen brauchen diese Gesetze jetzt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn Sie aufgepasst haben, haben Sie gehört, dass heute gesagt wurde: In einer Zeit der Krise zählt die Zeit. Natürlich ist eine ausreichende Diskussion wichtig, auch Kontrolle und Widerspruch sind wichtig, aber in diesem Fall war es wichtig, schnell und gezielt zu reagieren. (Abg. Leichtfried: Wieso sagt jemand ...?) Die Bundesregierung hat in den jetzt so kritisierten kurzen Abständen immer im Detail darüber informiert, was sie vorhatte und was letztlich dann umgesetzt wurde. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Insgesamt kann man sagen, dass da richtig gehandelt wurde. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Am Beginn der Krise hat man nämlich nach Italien geschaut. Warum? – Weil Italien massiv betroffen war und wir geschaut haben, was wir von Italien lernen können. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Jetzt aber, meine sehr ver­ehrten Damen und Herren, schaut man auf Österreich, weil sich jeder fragt, wie wir es geschafft haben, gut durch die Krise zu kommen (Zwischenruf des Abg. Leichtfried): nur indem wir zusammengehalten und richtig und schnell gemeinsam gehandelt haben.

Meine Damen und Herren, Europa nimmt sich jetzt ein Beispiel an uns, aber wir dürfen diesen Erfolg nicht leichtfertig aufgeben. Wir haben das gemeinsam geschafft, wir haben das gemeinsam durchgetragen. Wir müssen uns auch bei der gesamten Bevöl­kerung bedanken, die diese Verhaltensmaßregeln, die manchmal nicht leicht umzu­setzen sind, eingehalten haben. Wir brauchen aber auch weiterhin den Zusammenhalt, indem wir Abstand halten, um eine zweite Welle zu verhindern, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Scherak. – Bitte.