10.20

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehgeräten! Covid-19, die Coronakrise hat uns alle vor riesige Herausforderungen gestellt und in eine noch nie dagewesene Ausnahmesituation gebracht. Ja, es war notwendig, rasch zu handeln. Es war notwendig, den Menschen die Ernsthaftigkeit der Situation, die Tödlichkeit dieses Virus vor Augen zu führen. Ja, es war auch möglich, in diesem Haus Einigkeit über alle Parteigrenzen hinweg zu schaffen, und dafür möchte ich Ihnen danken, denn als Ver­fassungsministerin sage ich Ihnen: Gerade in Zeiten der Krise ist es notwendig, dass der Rechtsstaat funktioniert, gerade in Zeiten der Krise müssen demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien eingehalten werden, und das haben das österreichische Parlament und die österreichische Bundesverfassung auch gezeigt. Dafür ein großes Danke an Sie alle! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ein ebenso großer Dank gilt aber vor allem den Menschen, die sich an die Vorgaben der Bundesregierung gehalten haben. Ihrer Disziplin ist es zu verdanken, dass wir heute eine positive Entwicklung haben, dass die Infektionszahlen zurückgegangen sind und nur ganz wenige Neuinfektionen dazukommen, dass das Gesundheitssystem funk­tionsfähig geblieben ist und dass wir jetzt Schritt für Schritt zu einer neuen Normalität kommen können.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, erfordert aber Anpassungen auch in den Gesetzen, die Sie schon einstimmig in diesem Hohen Haus beschlossen haben. Ja, es ist immer eine Abwägungsfrage zwischen dem Schutz der Gesundheit und der Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten, und diese wollen wir mit den vor­gelegten Gesetzen eben auch zurücknehmen. Die Gesundheitskrise ist noch nicht überwunden, da darf man nicht einem Trugschluss erliegen, und ja, es liegen gerade im wirtschaftlichen Bereich noch große Herausforderungen vor uns, das ist uns allen klar. Gerade deshalb aber braucht es diese Anpassungen.

Als Verfassungsministerin sage ich Ihnen auch: Ich will so rasch wie möglich in diesem Lande wieder Begutachtungsverfahren sehen. Warum? – Legistik ist ein komplexer Prozess, ich war selbst mehr als drei Jahre lang Legistin. Es soll möglichst allen Men­schen die Möglichkeit gegeben werden, sich mittels einer Stellungnahme in Begutach­tungsverfahren einzubringen. In dieser Ausnahmesituation aber war es schlicht und ergreifend zeitlich nicht möglich, diese Begutachtungsverfahren durchzuführen, und die Menschen vertrauen auf Sie als Vertreterinnen und Vertreter der Bevölkerung Öster­reichs, dass Sie die notwendigen Schritte setzen.

Ich darf nur darauf verweisen, dass wir im Verfassungsausschuss zweimal eine inten­sive, ins Detail gehende Debatte mit dem Leiter des Verfassungsdienstes hatten, in der wir Ihre Anregungen, auch und insbesondere diejenigen der SPÖ, aufgegriffen und mittels Abänderungsantrag noch Änderungen vorgenommen haben. Ich verstehe dieses Misstrauen ehrlich gesagt nicht ganz, da ich weiß, dass der Verfassungsdienst, insbesondere im Tagesordnungspunkt 3, auch Legist war und nicht nur Stellungnah­men abgegeben hat. Deshalb, denke ich, ist es höchst an der Zeit, diese Gesetze jetzt hier in diesem Haus zu beschließen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte noch auf einen Punkt eingehen, weil dieser heute einige Male genannt worden ist: die Verwaltungsverfahren. Herr Abgeordneter Angerer hat gesagt, es sei auch jetzt möglich, mündliche Verhandlungen durchzuführen. – Ich kann nur jeden bit­ten, auch die Bürgermeister sowie jeden, der ein Verwaltungsverfahren leiten oder darin Verantwortung übernehmen muss, sich die jetzige Gesetzeslage, die noch in Kraft ist, bis die Gesetze in Kraft treten, die Sie heute hoffentlich beschließen werden, anzuschauen. Darin steht nämlich, dass derartige Verhandlungen nur durchgeführt werden können, „soweit dies zur Aufrechterhaltung einer geordneten Verwaltungs­rechtspflege unbedingt erforderlich ist“. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Wurm: Ja, eh! Das ist eine Drohung! – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Da frage ich mich, wenn man sich den Schutz der Gesundheit vor Augen hält, ob etwa eine von Abgeordnetem und Klubobmann Wöginger genannte Baubewilligungsver­handlung unbedingt erforderlich ist. Genau das ist aber der Grund, warum in der neuen Gesetzesvorlage drinnen steht, dass es im Ermessen der Behörde liegen sollte, eine Verhandlung durchzuführen und ob Mund-Nasen-Schutz zu tragen und Abstand zu halten ist.

Das ist es, was wir jetzt an Gesetzen brauchen, damit wir Stück für Stück zu dieser neuen Normalität zurückkommen können. Darum geht es jetzt, denn die Funktions­fähigkeit des Rechtsstaates muss aufrechterhalten werden, und daher bitte ich Sie in diesem Sinne wirklich, diesen Gesetzespaketen auch heute breit zuzustimmen. – Vie­len Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Wurm.)

10.26

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Neumann-Hartberger. – Bitte.