09.42

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglie­der der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen vor den Bildschirmen! Wir stehen vor vier sehr intensiven Plenartagen, an denen wir uns vor allem mit dem Budget für das bereits weit fortgeschrittene Jahr 2020 beschäftigen werden. Das Jahr 2020 ist bisher ein sehr herausforderndes Jahr und es wird mit Sicher­heit weiterhin sehr herausfordernd bleiben: für die zahlreichen Menschen, die ihren Job verloren haben, für die zahlreichen Unternehmerinnen und Unternehmer, die in einer wirtschaftlich sehr prekären Situation sind, aber auch für die Eltern – insbesondere na­türlich die Frauen –, die in den letzten Wochen mit der großen Herausforderung von Homeschooling und Homeoffice konfrontiert waren.

Aber es wird bergauf gehen! (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Wir haben Locke­rungen, wir haben Hilfsfonds, und entgegen der Einzelbeispiele, die hier immer genannt werden, gibt es sehr viele Beispiele, wo das Geld sehr wohl ankommt, auch wenn man hie und da jedenfalls noch nachbessern wird müssen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Budget, das wir hier beschließen werden, ist das Ergebnis durchaus langer und zäher Verhandlungen, die im Herbst im Winterpalais begonnen haben und sich bis weit nach Weihnachten gezogen haben. Sie sind auch das Ergebnis deutlich kürzerer, aber nicht minder zäher Verhandlungen mit dem Finanzministerium im Februar. Zu diesen Zeitpunkten war noch nicht absehbar, dass Corona die Republik aufrütteln wird, dass uns Corona einen Strich durch die Rechnung machen wird.

Das Budget ist in Zahlen gegossene Politik – bis jetzt haben das schon drei von vier RednerInnen gesagt. Dieser Satz wird auch an diesem Tag weiter strapaziert werden. Während die Opposition hier lautstark von einem Fakebudget spricht, also von einem gefälschten Budget – und das ist schon eine recht starke Ansage, würde ich meinen, die ich ganz sicher nicht teile –, möchte ich mich hier heute auf die Politik konzentrieren, die hinter diesen Zahlen steht und die in diese Zahlen gegossen ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch wenn uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht hat und wir in vielen Bereichen logischerweise umdisponieren müssen, ist das Regierungsprogramm, das sich diese türkis-grüne Regierung ausgemacht hat, auf das wir uns geeinigt haben, alles andere als hinfällig. Es ist ein Regierungsprogramm, dem wir uns als grüne Fraktion verpflichtet haben und das wir der österreichischen Bevölkerung und natürlich insbe­sondere auch unseren WählerInnen schuldig sind.

Keine Frage, auch das ursprünglich geplante Budget hätte ohne Corona logischerweise noch nicht alle Maßnahmen umfasst, die das Regierungsprogramm vorsieht. Es war immer klar, dass es gewissermaßen eine Art Übergangsbudget sein wird. Dennoch haben wir aber viele Akzente gesetzt, mit denen wir die Politik, die wir in den nächsten Jahren für diese Republik machen wollen, unterstreichen. Darauf möchte ich mich heute konzentrieren.

Wir von den Regierungsfraktionen haben uns verpflichtet, im Bereich des Klimaschutzes maßgebliche Schritte zu setzen und die Katastrophe abzuwenden, die uns durch die ungebremste Erhitzung des Planeten weiterhin droht. Dadurch leisten wir einen ange­messenen Beitrag, um diese Katastrophe zu verhindern. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir verdoppeln die Mittel für die Fotovoltaik, wir verfünffachen die Mittel für den Raus-aus-dem-Öl-Bonus, wir erhöhen das Budget des Klima- und Energiefonds um 15 Mil­lionen Euro. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Coronabedingt steigen jetzt viele Leute aufs Fahrrad um. Das dafür zur Verfügung stehende Budget wird verzehnfacht. Wir haben insgesamt eine Steigerung von über 160 Millionen Euro im Bereich Umwelt, Klima und Energie vorzuweisen, über 200 Millionen Euro mehr für Mobilität, über 20 Millionen Euro mehr für Forschung in diesem Bereich.

Ein anderer Punkt: Alma Zadić, unsere Justizministerin, hat erfolgreich dafür gekämpft, dass in diesem Budget deutlich mehr Mittel zur Verfügung stehen, damit die Justiz ihre chronische Unterfinanzierung überwinden kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.) 165 Millionen Euro mehr bedeuten auch 30 neue StaatsanwältInnen für die Bekämpfung von Cybercrime, Hass im Netz und Korruption (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), 100 neue Planstellen für Supportpersonal, das die Bearbeitung der Fälle in der Justiz deutlich beschleunigen wird, ebenso eine Aufstockung für die Justiz­wache oder der Datenschutzbehörde. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Ein anderer Bereich, der mir persönlich sehr wichtig ist und der uns jetzt auch corona­bedingt wieder stärker betrifft, ist Gewalt an Frauen. Wir erhöhen in einem ersten Schritt das Budget im Frauenbereich um 20 Prozent auf 12 Millionen Euro. (Abg. Heinisch-Hosek: 17 Millionen ...!) Das Geld soll insbesondere in den Gewaltschutz fließen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir beschließen dieser Tage dieses Budget inklusive der Überschreitungsermächtigun­gen, die notwendig sind, um die Coronakrise abzufedern. Das betrifft, wie schon gesagt, mehrere Milliarden Euro für die Kurzarbeit, es betrifft die Hilfsfonds, die Härtefallfonds, es betrifft auch Maßnahmen wie die Stundungen. Wir setzen aber neben dieser Direkt­hilfe auch Impulse, damit die Wirtschaft wieder in Gang kommen kann und tun genau das, Frau Rendi-Wagner, was Sie hier gefordert haben, zum Beispiel mit einem 1-Mil­liarde-Euro-Gemeindeinvestitionspaket, mit dem wir dafür sorgen, dass Projekte, die geplant waren (Zwischenruf bei der SPÖ), die aber aufgrund der Ertragsentfälle in den Gemeinden potenziell nicht mehr durchgeführt werden können – der Bau von Kindergär­ten, von Schulen, von Seniorentagesheimen –, trotzdem durchgeführt werden. Wir för­dern dabei 50 Prozent. Auch dieses Gemeindepaket trägt ganz klar eine grüne Hand­schrift. Wir treiben auch mit diesem Investitionspaket die Ökologisierung voran. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es werden Projekte im Bereich der erneuerbaren Energie und im Bereich der thermi­schen Sanierung gefördert. Neubauten haben den Klimaaktiv-Silberstandard zu erfüllen. All das sind wichtige Schritte bei der Bekämpfung der Klimakrise.

Wir haben außerdem 300 Millionen Euro frisches Geld für den Ausbau der Bahn, insbe­sondere der Nebenbahnen vorgesehen; da geht es darum, die regionale Wirtschaft an­zukurbeln. Wir haben 200 Millionen Euro für den Schutz und die Ökologisierung unserer Gewässer vorgesehen. Corona hat uns schwer getroffen, aber gemeinsam mit den zu­kunftsgerichteten Investitionen werden wir es auch schaffen, herauszukommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir wissen heute vor allem eines, nämlich dass wir nicht wissen, wie das Jahr 2020 wirtschaftspolitisch, arbeitsmarktpolitisch und auch gesundheitlich zu Ende gehen wird. (Abg. Vogl: ... 31. Dezember!) Das wissen wir nicht. Wir wissen aber, dass, auch wenn die Coronakrise überwunden ist, die nächsten Krisen vor der Tür stehen – eine Wirt­schaftskrise und die Klimakrise –, die zu bewältigen sind.

Wir werden aufgrund des heute beschlossenen Budgets flexibel genug sein, die notwen­digen Änderungen einzupreisen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Von einem gefälschten Budget zu sprechen halte ich für deutlich unangemessen. Falsche Zahlen – andere falsche Zahlen – einzufügen, dafür würden Sie uns, werte Frau Rendi-Wagner, garan­tiert genauso prügeln. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Dementsprechend hoffe ich sehr, dass die weitere Debatte an diesen folgenden Tagen sich doch den eigentlichen Inhalten dieses Budgets widmet und nicht nur dieser Metakritik. (Ruf bei der SPÖ: ... rich­tige Zahlen nehmen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

9.50

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Klubobfrau Meinl-Reisinger. – Bitte. (Zwischenrufe der Abgeordneten Matznetter und Vogl.)