10.00

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeord­neten! Werte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! Vor allem: Sehr geehrte Damen und Herren der Oppositionsfraktionen! Ich darf Ihnen tat­sächlich in einigen Kritikpunkten recht geben (Zwischenruf bei der SPÖ), in vielen Kritik­punkten muss ich Ihnen aber entschieden widersprechen.

Recht geben darf ich Ihnen, wenn es darum geht, dass wir uns in einer Situation der höchsten Unsicherheit befinden und in dieser Politik machen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Recht geben darf ich Ihnen, wenn Sie sagen, dass diese Krise wohl die größte und schwerste ist, die wir zu unser aller Lebzeiten erlebt haben. Recht geben darf ich Ihnen auch, dass es ständig Verbesserungspotenzial gibt.

Genau aus diesem Grund hat sich die Bundesregierung dafür entschieden, ein beispiel­loses Hilfspaket von 38 Milliarden Euro auf den Weg zu bringen, um einen Schutzschirm über der österreichischen Volkswirtschaft aufzuspannen, um all jenen zu helfen, die am meisten von dieser Krise betroffen sind – und diese Hilfe kommt an, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Ruf bei der SPÖ: Bei wem? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich darf Ihnen diesbezüglich ein paar Zahlen näherbringen (Zwischenruf der Abg. Grei­ner): Bis dato sind 250 000 Anträge auf Steuerstundungen und Steuerherabsetzungen im Finanzministerium eingegangen (Zwischenruf bei der SPÖ) und im Ausmaß von 6 Milliarden Euro unmittelbar bewilligt worden. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) Dieses Geld verbleibt als ein Mehr an Liquidität in den Unternehmen, um in dieser Zeit durchkommen zu können. (Abg. Belakowitsch: Die haben ja keine Einnahmen!) Bei den Garantien und Krediten sind bisher über 20 000 Anträge gestellt und bewilligt wor­den, insgesamt ist ein Volumen von 4 Milliarden Euro an Garantien seitens des Staates übernommen worden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was die Kurzarbeit betrifft – ursprünglich ja gemeinsam mit der Gewerkschaft mit einem maximalen Ausmaß von 400 Millionen Euro konzipiert (Abg. Belakowitsch: Das haben wir damals schon kritisiert!) –, sind mittlerweile Anträge im Ausmaß von über 10 Milliar­den Euro bewilligt worden. Natürlich kann die Kurzarbeit erst im Nachhinein abgerechnet werden – so ist sie auch konzipiert (Abg. Meinl-Reisinger: Falsch konzipiert!) –, wenn man weiß, wie viel tatsächlich gearbeitet worden ist. Das ist seit Anfang Mai möglich, und auch in diesem Bereich sind bisher über 40 000 Anträge abgerechnet worden, das Geld ist geflossen. Ich bitte Sie also, auch das zu berücksichtigen, wenn Sie schon sach­liche Kritik äußern wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Natürlich ist nicht alles perfekt. Es gibt keine Blaupause für eine Coronakrise, es gibt kein Handbuch dafür, deswegen arbeiten wir auch ständig an Verbesserungen. Wir ha­ben im Finanzministerium eine Hotline eingerichtet, bei der alleine mittlerweile 12 000 Bür­gerkontakte stattgefunden haben. Wir stehen nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern Rede und Antwort und helfen ihnen weiter (Abg. Schellhorn: Sapperlot!), sondern zie­hen auch für uns die Lehren daraus – wir sehen, wo wir nachbessern und besser werden müssen.

Wenn Sie sich aber die internationalen Zahlen und Vergleiche ansehen, die publiziert werden – egal ob sie von der Europäischen Kommission oder der OECD sind –, sehen Sie, dass Österreich offensichtlich besser als andere Länder durch die Krise kommt (Abg. Greiner: Welche Zahlen sind das?) –, egal ob das im Bereich der Gesundheit ist oder ob wir dank der entschiedenen Maßnahmen der Bundesregierung jetzt die Wirt­schaft schneller wieder hochfahren können, als das in anderen Ländern der Fall ist. Das sagen nicht nur wir, das sagt auch die Europäische Kommission.

Die Hilfsmaßnahmen, die in Österreich gesetzt worden sind, gehören teilweise zu den besten weltweit. Das Kurzarbeitsmodell ist das attraktivste und flexibelste, das es welt­weit gibt. (Abg. Schellhorn: Wer sagt das? – Abg. Belakowitsch: Wie kommen Sie darauf?)

Bezüglich der Kredite, die von Ihnen auch immer wieder kritisiert worden sind: Der öster­reichische Staat ist einer von nur vier in der gesamten Europäischen Union, die für bis zu 100 Prozent von Kreditsummen garantieren. Nur ein Beispiel, weil auch Deutschland genannt worden ist: In Deutschland gab es bisher 8 000 Anträge für diese Kredite, in Österreich knapp 7 000, wovon über 6 000 bereits bewilligt worden sind (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) – und das bei einem Faktor eins zu zehn zwischen Österreich und Deutschland. Auch das ist eine Wahrheit dieser Krise. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Fixkostenzuschuss hat letzte Woche gestartet, es gab bisher knapp 2 000 Anträge, das erste Geld wird Ende Mai, Anfang Juni fließen. Wir haben auch dabei aus der De­batte gelernt und das Auszahlen dieses Fixkostenzuschusses massiv vorgezogen: vom kommenden Jahr auf bereits Anfang Juni und Ende August.

Ich darf zum Budget und den von Ihnen kritisierten Themen kommen. Ich bin der Mei­nung, dass es sinnvoll ist, das Budget in dieser Form zu beschließen, weil viele gute, wichtige und richtige Maßnahmen darin enthalten sind, egal ob das mehr Geld für die Justiz ist (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch – Zwischenruf bei der SPÖ) – 30 Staats­anwälte mehr, über 100 Personen mehr beim Supportpersonal –, ein um 70 Prozent er­höhtes Budget in vielen Bereichen für Umwelt, Klima und Energie, mehr als 100 Mil­lionen Euro mehr für die Polizei oder ein Plus von 400 Millionen Euro im Wissenschafts- und Forschungsbereich. Das kann sich sehen lassen. Danke, dass wir dieses Budget diese Woche beschließen können, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Prognosen, was die Wachstumszahlen in Österreich betrifft, sind höchst unter­schiedlich, sie divergieren von minus 3,5 Prozent bis zu minus 9 Prozent. Auch die Wirt­schaftsforscher sagen, dass es erst im Herbst sinnvoll ist, einen Kassasturz zu machen und die Zahlen auf den Tisch zu legen, was es bisher gekostet hat und was es insgesamt vielleicht kosten kann. Spätestens im Herbst werden wir ja auch das Budget für 2021 diskutieren, und auch da wird dann diese Kostenwahrheit entstehen.

Betreffend die bisherigen Coronaausgaben arbeiten wir höchst transparent. Wir haben auch festgelegt, dass es eine Überschreitungsermächtigung von bis zu 28 Milliarden Euro im Budget geben soll, über die auch jedes Monat berichtet wird. Jedes Monat wird dem Parlament genau berichtet, was mit diesem Geld passiert ist. Eine eigene Unter­gruppe für Covid-Maßnahmen ist dafür eingerichtet worden, und auch was mit den Co­ronamaßnahmen genau passiert, kann nachverfolgt werden. Darüber hinaus werden wir natürlich auf die Kritik eingehen und den bisher konkret ausbezahlten Betrag im Budget abbilden.

Vierter Punkt: Die Meldung, die nach Brüssel gegangen ist – es ist ohnehin schon oft gesagt worden, auch gestern Früh im Ö1-„Morgenjournal“ von einer Wirtschaftsfor­scherin –, hat natürlich nichts mit dem Budget zu tun. Ein Budget hat 36 000 Konten, eine Budgetschätzung aus dem Finanzministerium dauert mehrere Wochen, wird zwei­mal im Jahr gemacht und beeinflusst 5 000 bis 6 000 Konten. Was nach Brüssel gemel­det wurde, ist eine Wifo-Schätzung mit volkswirtschaftlichen Gesamtzahlen und nichts anderes.

Zur Kritik von Kollegen Fuchs, die die Rechtmäßigkeit oder den Zweifel daran betrifft: Ich weiß nicht, mit wem Sie gesprochen haben, Herr Kollege Fuchs – ich schätze Ihre Meinung inhaltlich normalerweise sehr –, aber alle Verfassungsrechtler und Budgetex­perten, mit denen wir gesprochen haben, bestätigen uns die Rechtmäßigkeit dieser Vor­gangsweise, egal ob das Universitätsprofessor Dr. Heinrich aus Klagenfurt ist, Univer­sitätsprofessor Dr. Poier aus Graz oder Budgetexperte Manfred Lödl. Sie alle haben wir konkret befragt, nachdem diese Kritik aufgekommen war, und alle bestätigen uns eine korrekte Vorgangsweise. – Danke auch an diese Experten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Abschließend darf ich Ihnen nochmals recht geben: Wir stehen vor einer noch nie da­gewesenen Herausforderung. Ich möchte in dieser Situation explizit Danke für die letzten Wochen sagen, vor allem allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kabinetten, in den Ministerien, die Tag und Nacht daran arbeiten, dass es in den verschiedenen Kör­perschaften ständig zu Verbesserungen kommt, die mit uns gemeinsam gegen diese Krise kämpfen, und Danke an die Österreicherinnen und Österreicher für den starken Zusammenhalt in dieser Situation. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.09

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Obernoste­rer. – Bitte. (Abg. Wöginger: Jetzt is’ zsammgräumt in der Hüttn! – Abg. Matznetter: Aber nicht genug ...! – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)