12.06

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Heute ist ein be­sonderer Tag – das möchte ich schon erwähnen. Viele Tausende junge Menschen in Österreich haben gerade Matura, ihnen möchte ich sagen: Ich und wir alle gemeinsam, glaube ich, halten euch die Daumen, dass unter diesen speziellen Bedingungen die Ma­tura gut hinhaut. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Abg. Hofer.)

Wenn wir schon von der Matura reden: Ich glaube, ich kann davon ausgehen, dass die meisten, die da hingehen, gut vorbereitet sind und das gut machen werden. Ich habe in einer Zeitung gelesen: Aufgrund des neuen Systems gibt es jetzt einige, die ihre Matu­raarbeit schon nach einer halben Stunde wieder abgeben, weil sie das Zeugnis für das ganze Jahr vor Schlimmerem bewahrt – ich weiß nicht, ob das Sinn der Sache ist, Herr Unterrichtsminister, aber es ist halt so –; aber sie unterscheidet etwas von Ihnen, Herr Finanzminister.

Der Herr Finanzminister – den Sie zu meiner Linken sehen – nimmt gerade bei den ÖVP Open in Candy Crush teil und hat jetzt nicht unbedingt Zeit, dem Redner zuzuhören – aber das ist eh nichts Neues. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Der Unterschied zwi­schen den Schülerinnen und Schülern und Ihnen, Herr Finanzminister, mit Ihrem Budget ist folgender: Sie sind erstens schlecht vorbereitet, Sie haben schlechte Vorarbeiten geleistet – und ob Sie jetzt da sitzen bleiben oder nach einer halben Stunde aufge­standen wären, dieses Budget bekommt sowieso ein Nicht genügend, sehr geehrter Herr Finanzminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Wie gut ein Budget ist, ist eigentlich ganz einfach zu erschließen: Ein gutes Budget sorgt dafür, dass die Menschen gesund aus der Krise kommen. Es sorgt dafür, dass die Menschen nicht arbeitslos werden, dass sie keine Existenzängste haben. Es sorgt dafür, dass Künstlerinnen und Künstler nicht vor dem Nichts stehen. Es sorgt dafür, dass unser Sozialstaat erhalten bleibt. Wenn ich mir aber dieses Budget so anschaue – das, was man hier überhaupt davon zu sehen kriegt –, muss ich sagen: Es ist nichts davon drin­nen, und das ist wahrscheinlich der Grund, warum Sie sich nicht trauen, ein Budget, das irgendetwas aussagt, vorzulegen.

Es geht nicht darum, dass man es nicht kann; man kann selbstverständlich. Sie zeigen immer mit dem Finger nach Deutschland und meinen, die machen etwas schlechter. – Ein Budget bringen sie zustande. Da sieht man halt, wo die Profis und wo die Laien­darsteller sind, Herr Bundesfinanzminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Ausreden aber, die Sie da verwenden – bei denen Sie so halbherzig von Ihren Kollegen im Abgeordnetenhaus unterstützt werden (Abg. Gabriela Schwarz: Halbher­zig?!), die eh wissen, dass das alles nicht so ist, wie Sie sagen, und sich halt auch be­mühen, das zu verschleiern –, sind ja nicht nur ein Problem für uns und dieses Hohe Haus. Es ist ungehörig, dass kein Budget vorgelegt wird. Es ist ungehörig, dass Sie sich weigern, konkrete Zahlen bekannt zu geben. Es ist ungehörig, dass Sie alle zu täuschen versuchen. Was aber noch schlimmer ist, ist, dass Sie wissen (Zwischenruf der Abg. Maurer), dass das, was Sie tun, bei den Menschen nicht ankommt.

Auch deshalb haben Sie Scheu, Zahlen zu nennen, Herr Bundesfinanzminister! Sie wis­sen, dass von den Milliarden, die Sie per Pressekonferenz versprochen haben, nichts – überhaupt nichts! – bei den Menschen, die es brauchen, ankommt. Herr Klubobmann Wöginger sagt: Die Menschen müssen uns dankbar sein und Fahnen aufhängen! – Die Menschen ärgern sich inzwischen! Die Menschen ärgern sich, dass sie im Kreis ge­schickt werden, fleißige, brave Unternehmer werden beispielsweise eine weitere Woche im Kreis herumgeschickt, weil sie vergessen haben, ihr Geburtsdatum anzugeben. Das ist das Problem bei diesen Hilfen! Die, die sie brauchen, bekommen sie nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Da gibt es wiederum einen Unterschied zu unserem nördlichen Nachbarn, und dieser ist sehr aussagekräftig: In Deutschland bekommt in der Regel jeder 48 Stunden nach der Antragstellung die Hilfe, die er braucht. In Österreich dauert es schon einmal 48 Stun­den, bis man überhaupt diesen Antrag ausfüllen kann, weil er so kompliziert ist und von der Wirtschaftskammer nicht akzeptiert wird (Beifall bei der SPÖ), und das sind Dinge, mit denen Sie unser Land ruinieren. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Kös­tinger.) – Ja, Frau Köstinger passt es nicht, die keppelt schon herein. Damit ruinieren Sie unser Land. (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.)

Es gibt aber wie immer eine Ausnahme: Bei einem geht es besonders flott, und zwar beim Herrn Bundeskanzler. Während alle anderen um ihre Existenz bangen, während alle anderen anscheinend Monate brauchen, um irgendein Geld zu bekommen (Zwi­schenruf des Abg. Obernosterer), macht diese Regierung eiskalt eine Budgetänderung im Bereich der Repräsentationsausgaben – 2019 beim Bundeskanzler: 270 000 Euro, 2020: 1 200 000 Euro. – Das kann man sich wirklich sparen, und das ist etwas, das nie­mand versteht, geschätzte Damen und Herren! Das ist ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Leichtfried – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: ... der Obernosterer ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

12.12

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Hauser. – Bitte.