15.45

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her! Sie haben Glück, dass hier so viel Zurückhaltung herrscht. Würde man alles, was hier gesagt wurde, tatsächlich berichtigen, bräuchte man nämlich bis zum Abend. Wir wollen uns aber mit dem Thema beschäftigen.

Der Herr Bundeskanzler hat einmal gezeigt, was in ihm steckt. Das ist für die zukünftige Berufsentwicklung von Herrn Kurz interessant. Vielleicht können Sie bei den christlichen Predigern in der Stadthalle anheuern, Sie reden wie ein junger Kaplan. Sie müssen nur eines sehen: Selbstbeweihräucherung reicht nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen den Fakten ins Auge sehen, ein Teil davon wurde Ihnen bereits gesagt. Jetzt kommen wir zu Ihren Anfragebeantwortungen – Sie haben die Fragen nämlich nicht beantwortet (Ruf bei der SPÖ: Genau!), zum Beispiel die Frage, ob für Sie im kleinen Grenzverkehr dieselben Regeln betreffend Quarantäne gelten wie in Kärnten oder in der Steiermark. Haben Sie danach die 14 Tage Quarantäne eingehalten? Ich habe keine Antwort darauf gehört. – Nein! Da gilt der alte römische Spruch: Quod licet Iovi, non licet bovi. Nur: Unsere Österreicherinnen und Österreicher sind keine Ochsen – das sage ich Ihnen, Herr Bundeskanzler –, und sie verdienen es, dass alle gleich behandelt werden und dass nicht für wenige etwas Besseres gilt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten von FPÖ und NEOS.)

Ich sage Ihnen auch, an wem Sie sich ein Beispiel nehmen können: am Herrn Bundes­präsidenten Alexander Van der Bellen; der konnte sich nämlich entschuldigen. Das habe ich von Ihnen nach den Vorkommnissen im Kleinwalsertal nicht gehört. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Der Bürgermeister von Wien hat in der Annagasse auch keine Beflaggung angeordnet.

All das sind Beispiele dafür, wie man es nicht macht, und kein Anlass, sich hierher zu stellen und zu sagen: Mit welchem Land wollen Sie tauschen? – Ich sage es Ihnen gerne. Bleiben wir einmal bei den Toten: 641 Coronatote. Sagen Sie den betroffenen Familien einmal: Mit welchem Land hätten Sie denn getauscht? Vielleicht mit Singapur mit nur 21 Toten, vielleicht mit Taiwan mit nur zehn Toten? Die haben nämlich ab Ende Dezember Containment gemacht. Oder mit Korea, die zuvor die zweithöchste Infektions­zahl hatten und es geschafft haben, es einzudämmen? – Ich halte nichts davon – ernst­haft –, sich hinzustellen und zu sagen, wie toll wir sind. Reden wir über die Probleme, die wir haben! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS. – Zwi­schenruf der Abg. Gabriela Schwarz.)

Nein, nein, nein, Frau Kollegin! Sie sagen uns dann: Sagen Sie uns die Namen derer, die Probleme haben! – Lesen Sie das „Profil“, die aktuelle Ausgabe vom 24. Mai! Dort wird über Jutta Pregenzer vom Pregenzer Fashion Store, hier ganz in der Nähe, ge­schrieben und gesagt, wie viel sie gekriegt hat: 81,75 Euro! Eine Schande sind solche Beträge! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.)

Reden wir über diese Probleme, reden wir darüber, warum das zu wenig ist! Sie, Herr Bundeskanzler, fragen: Mit welchem Land wollen Sie tauschen? – Warum sind Sie in Vorarlberg bei den Fahnenmasten im Kleinwalsertal steckengeblieben? Wären Sie ein bissel weitergefahren und hätten Sie jene Unternehmerinnen und Unternehmer gefragt, die einen Betrieb über der Grenze in der Schweiz haben! Sie hätten sich von denen zeigen lassen können: In 24 Stunden das Geld am Konto! – Mit denen hätten unsere tauschen wollen.

Zu der von Ihnen viel gelobten Kurzarbeit und Ihren Aussagen darüber, wie viel der Ga­belstaplerfahrer bekommen hat: Der hat das Geld von seinem Arbeitgeber bekommen. Der wiederum hat jedoch noch keinen Schilling und keinen Euro gesehen, weil erst 71 Millionen von den 12 Milliarden Euro ausbezahlt worden sind. So schaut es aus!

Zu Ihrem „Koste es, was es wolle“: Ja, das hat er gesagt. Er hat aber nicht dazugesagt, wem. Es sind Zigtausende, die mit ihrer wirtschaftlichen Existenz den Preis dafür zahlen, denn die kostet es, was es wolle, nicht die Allgemeinheit, die zahlungspflichtig war.

Die tatsächliche Berichtigung hat gestimmt. Wir haben den Antrag gestellt, nämlich im Zusammenhang mit § 4 Abs. 2 COVID-19-Maßnahmengesetz – am 14. März, Herr Klubobmann –, dass alle Betriebe mit bis zu 25 Mitarbeitern volle Entschädigung für den Verdienstentgang erhalten.

Was haben Sie mit ihnen gemacht? – Sie haben sie zu Bittstellern gemacht! Sie haben sie sogar im Namen verhöhnt! Die, die einen Antrag stellen, weil ihr Betrieb zum Schutz der Allgemeinheit geschlossen wurde, bekommen nicht den Umsatz ersetzt, nein, sie dürfen sich anstellen und werden zum Härtefall im Fonds. Wie kann man Menschen, die etwas unternehmen und ein Teil unserer Wirtschaft sind, zu Bittstellern und Almosen­empfängern degradieren?! Das ist ein Sündenfall, den werden wir Ihnen nicht durchge­hen lassen! (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Stellen Sie das wieder her, geben Sie denen die Entschädigung! Die Betriebe wurden zum Schutz der Allgemeinheit gesperrt, nicht im Interesse der Unternehmerinnen und Unternehmer, sondern im Interesse der Allgemeinheit.

Seit 100 Jahren gelten Regelungen bezüglich Verdienstentgang. Seit 70 Jahren galt § 32 Epidemiegesetz. 70 Jahre österreichisches Gesetz: volle Vergütung bei Verdienst­entgang, voller Schadenersatz, gesetzlicher Anspruch! – Sie haben das weggenommen beziehungsweise wegzunehmen versucht.

Ich habe einen Musterantrag ins Netz gestellt und ich darf mich an dieser Stelle an jene Händlerinnen und Händler wenden, die seit Dienstag nach Ostern aufsperren dürfen: Heute läuft die Sechswochenfrist aus. Stellen Sie noch den Antrag! Vielleicht hat sie es auch schlampig gemacht, die Regierung, und dann kriegen Sie Ihre vollen Umsätze. – Ich würde es diesen Unternehmerinnen und Unternehmern sehr, sehr, sehr wünschen. – Danke. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

15.51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Klubobmann August Wö­ginger. – Bitte.