16.01

Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Kanzler! Hohes Haus! Herr Kanzler, wenn Sie die Frage stellen, wer von den Österreicherinnen und Österrei­chern jetzt gern in einem anderen Land wäre, dann ist die Antwort logisch: nahezu niemand. Sie müssen nur dazusagen, dass das nicht an Ihrer Politik liegt. Es liegt daran, dass wir in einem großartigen Land leben, in einem großartigen Land, das unsere Eltern, unsere Großeltern, unsere Urgroßeltern aufgebaut haben – und nicht Sie aus dem Jahr­gang 1986 (Beifall bei der FPÖ) –, in einem Land mit einer großartigen Bevölkerung.

Ich habe schon gesagt, dass diejenigen es aufgebaut haben, die Sie jetzt wegsperren. Das muss man auch einmal aussprechen. Sie schützen nämlich unsere Eltern und Groß­eltern und Urgroßeltern nicht, sondern Sie sperren sie weg. Das ist Ihre Politik zur Be­wältigung der Krise. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich darf Ihnen aber eine Gegenfrage stellen: Wann haben Sie sich dazu entschlossen, nicht der Bevölkerung zu helfen, sondern die Krise dazu zu missbrauchen, Politik zum Selbstzweck zu leben, Politik zum „Ernten der Früchte“, wie wir mittlerweile alle wissen? Wann war dieser Zeitpunkt? Wann war der Zeitpunkt, und wann haben Sie sich dazu entschlossen, statt Krisenmanagement zu leben, allein auf Krisen-PR zu setzen, wie Sie jetzt mit Ihrer Rede wieder gut bewiesen haben?

Gebraucht hätte die Bevölkerung nämlich etwas anderes. Sie hätte Ordnung und Klarheit statt Chaos gebraucht, Schutz und Hilfe, Schutz zum Beispiel durch die Schutzausrüs­tung, die Sie abgelehnt haben – das haben Sie in Ihrer Anfragebeantwortung vergessen dazuzusagen –, Schutzausrüstung, die bis heute zum Beispiel in den systemrelevanten Sparten nicht in ausreichendem Maße vorhanden ist. Jeder Österreicher schüttelt den Kopf, wenn er sieht, was bei der Post los ist. Na, warum ist es dort so? – Weil Sie dort nicht für ausreichenden Schutz sorgen.

Jeder Österreicher ärgert sich, dass Sie den Weg gehen, den ich vorhin schon angespro­chen habe, dass Sie unsere ältere Generation wegsperren, anstatt für Schutzausrüstung zu sorgen, damit Besuche unter menschenwürdigen Umständen möglich sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben aber nicht nur beim Schutz versagt, Sie versagen auch tagtäglich bei der Hilfe. „Koste es, was es wolle“ – diesen Spruch kennt jeder Österreicher und jede Österreiche­rin. Wir haben es schon von Kollegen Matznetter richtig gehört: Wann haben Sie sich eigentlich dazu entschlossen, dass nicht Sie helfen, sondern dass diese Rechnung à la „Koste es, was es wolle“ die Bevölkerung zahlen muss, dass es die UnternehmerInnen bezahlen müssen, dass sie sich selbst helfen müssen? Zu allem Überdruss helfen Sie nicht nur nicht, Sie torpedieren diese Selbsthilfe auch noch mit Ihren Maßnahmen und Ihren Verordnungen und dem Chaos beim Hochfahren. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Da wundert es mich nicht, sehr geehrte Damen und Herren, dass Sie bis heute so sehr an der Maskenpflicht festhalten. Sie tun das wahrscheinlich, damit die Bevölkerung nicht die beschämenden Gesichter sehen muss, die sich mittlerweile unter den Masken befin­den. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie schon nicht helfen wollen, dann hören Sie doch endlich auf, diese Selbsthilfe so mit Ihren Maßnahmen und Verordnungen zu torpedieren, die die Bevölkerung und die Wirtschaft auch beim Hochfahren mit voller Härte treffen, Maßnahmen und Ver­ordnungen, auf deren Grundlage Sie mit Strafen, mit voller Härte gegen die Bevölkerung vorgehen, Verordnungen – und das schlägt dem Fass den Boden aus –, die für Sie selbst anscheinend nicht gelten! Rund 40 000 Strafen wurden ausgestellt, unter ande­rem gegen 14-jährige Kinder in Höhe von 360 Euro, obwohl nur eine Obergrenze von 300 Euro möglich wäre, Ersatzfreiheitsstrafen für Kinder, obwohl das gar nicht vorgese­hen ist, Strafen gegen Bürger, die spazieren gehen. Sogar Warnschüsse wurden auf die Bevölkerung abgegeben, wie wir alle wissen.

Was aber tun Sie selbst? – Das lässt sich leicht an Ihrem Auftritt im Kleinwalsertal und auch am Lokalbesuch des Bundespräsidenten weit über die Sperrstunde hinaus festma­chen. Niemand in diesem Land versteht das mehr. Es ist einer Demokratie absolut un­würdig, wenn man für die Bevölkerung andere Maßstäbe ansetzt als für schwarz-grüne Politiker, als für den Kanzler und den Bundespräsidenten.

Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Hören Sie auf, die Bevölkerung wie Untertanen zwei­ter Klasse zu behandeln, während Sie die Maßnahmen und Ihre eigenen Verordnungen für sich selbst nicht als Maßstab heranziehen! Das ist in der Demokratie nicht vertretbar. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie auch nur einen einzigen Funken Anstand besitzen, dann gibt es einen Weg heraus, indem Sie eine ehrliche Selbstanzeige einbringen, eine Selbstanzeige zu den Vorfällen im Kleinwalsertal. Dasselbe gilt im Übrigen auch für den Herrn Bundespräsi­denten.

Im Volksmund würde man sagen: herunter vom hohen Ross! Dann verstehen Sie viel­leicht auch, wie es der Bevölkerung unter Ihren Verordnungen geht und wie es den 40 000 Menschen geht, die Sie auf Basis Ihrer Verordnungen gestraft haben.

Wenn dieser Schritt erledigt ist, dann befinden Sie sich wieder dort, wo die Politik hin­gehört, und zwar auf Augenhöhe mit der Bevölkerung, die unter Ihren Maßnahmen und unter Ihren Verordnungen jetzt so leidet.

Dann, sehr geehrter Herr Kanzler und sehr geehrte Damen und Herren der Regierung, folgt der zweite Schritt: Dann gestehen Sie sich ein, dass Ihre Politik zum „Ernten der Früchte“ der falsche Weg ist. Verabschieden Sie sich von Panikmache und Symbolpolitik und stampfen Sie die unnötigen Verordnungen ein, an die Sie sich selbst nicht halten!

Als dritten Schritt, sehr geehrte Damen und Herren, erlassen Sie dann eine Generalam­nestie für all jene, die gestraft wurden.

Dementsprechend darf ich auch den folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Amnestie für ‚Corona-Sünder‘“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert per Erlass sicher zu stellen, dass alle Verwaltungsstrafverfahren die auf Basis von Covid-19-Verordnun­gen und Gesetzen eingeleitet wurden, eingestellt werden. Bereits bezahlte Strafgelder sind rückzuerstatten.“

*****

Wenn Sie diesen Fehler dann auch wiedergutgemacht haben, dann sollten Sie das tun, was es seit März gebraucht hätte: Verabschieden Sie sich von der Politik zum „Ernten der Früchte“ und sorgen Sie für Schutz und Hilfe! Sorgen Sie für Schutzmaßnahmen gegen eine zweite Welle! Bekämpfen wir gemeinsam das Virus, allem voran mit qua­litativer Schutzausrüstung, mit ausreichend Testungen! Sorgen wir schlussendlich für eine echte unbürokratische Hilfe, um den Scherbenhaufen, den Sie angerichtet haben, wieder aufzuräumen!

Zu diesem Schulterschluss reiche ich Ihnen die Hand. Das ist ein Schulterschluss, der der österreichischen Bevölkerung wirklich hilft. (Beifall bei der FPÖ.)

16.08

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Schnedlitz

und weiterer Abgeordneter

betreffend Amnestie für „Corona-Sünder“

eingebracht in der 32. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 26. Mail 2020 im Zuge der Debatte über die dringliche Anfrage gem. § 93 Abs. 2 GOG-NR der Abgeordneten Jörg Leichtfried, Genossinnen und Genossen an den Bundeskanzler betreffend: "Es braucht echte Hilfe statt leerer Versprechen – das Versagen der Kurz-Regierung bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen und sozialen Krisen-Folgen"

Im März dieses Jahres, unmittelbar nach Ausbruch der Corona Krise, lege ein Land­tagsabgeordneter der FPÖ sein Mandat nieder. Der Grund war seine Teilnahme an einer sogenannten „Corona-Party“ und die öffentliche Empörung über sein Treffen mit einer Handvoll Tenniskumpels im Vereinslokal bei Pizza und Bier. Damals echauffierte sich vor allem der Innenminister über Personen, die partout nicht vor Treffen im privaten Rah­men absehen wollten. Wörtlich meinte er: „die Polizei ist hier konsequent im Einsatz und wird weiter auch vermehrt darauf achten, durch noch stärkere Präsenz, dass die An­ordnungen des Gesundheitsministeriums (...) auch tatsächlich eingehalten werden“.

Peinlich, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich in der vergangenen Wo­che geurteilt hat, dass solche „Corona-Partys“ überhaupt nie verboten gewesen waren. Im Juristendeutsch klingt das so: „Der Aufenthalt in der Wohnung eines befreundeten Ehepaares ist von den Bestimmungen der Verordnung des BM für Gesundheit nicht umfasst, da diese Wohnung kein „öffentlicher Ort“ ist. Der Aufenthalt in privaten Räumen unterlag zu keinem Zeitpunkt einem Verbot durch die gegenständliche Verordnung.“

Spannend ist in diesem Zusammenhang die Frage, welche Konsequenzen der Bundes­präsident auf Grund des von ihm eingestandenen Bruchs der Corona-Sperrstunde bei einem Wiener Nobel-Italiener ziehen wird. Orientiert er sich an der gelebten Praxis des Wirtschaftsministeriums, das vor einigen Wochen auch wegen solch einer Zusammen­kunft in die Schlagzeilen geraten war, gar keine.

Auch der Auftritt von Sebastian Kurz im Kleinwalsertal Mittwochabend passt ins Bild, zumal der Kanzler die eigenen Regeln gegen das Coronavirus wie Abstandhalten und Maskenpflicht nicht einhielt.

An diesen kleinen Beispielen wird deutlich, mit welch unterschiedlichem Maß gemessen wird. Was bei den Machthabern zu kleinen Fehlern heruntergespielt wird, führt beim Bürger zu Verwaltungsstrafverfahren.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert per Erlass sicher zu stellen, dass alle Verwaltungsstrafverfahren die auf Basis von Covid-19-Verordnun­gen und Gesetzen eingeleitet wurden, eingestellt werden. Bereits bezahlte Strafgelder sind rückzuerstatten.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Klubobfrau Maurer. – Bitte.