10.59

Mitglied des Europäischen Parlaments Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es geht hier diesmal um alles: Es geht in dieser Diskussion um das Wiederaufbaupaket. Es geht nicht nur darum, ob und wie gut Europa aus der Krise kommt. Es geht darum, ob wir überhaupt gemeinsam aus dieser Krise kommen werden, ob am Ende noch alle dabei sein werden, dass wir niemanden am Weg aus der Krise heraus verlieren. Es geht darum, ob Europa danach überhaupt noch eine Rolle spielen wird oder ob die Weltpolitik nach dieser Krise von jemand anderem gemacht werden wird und wir nur noch ein Beiwagerl sein werden. (Beifall bei den NEOS.)

Das EU-Parlament ist diesbezüglich als Erstes in die Vorlage gegangen, dann sind Deutschland und Frankreich mit einem Vorschlag für die KollegInnen im Rat vor­geprescht. Die Diskussionsgrundlage der EU-Kommission liegt jetzt am Tisch. Es ist ein Wiederaufbaupaket, das garantieren soll, dass die europäische Wirtschaft nicht nur überlebensfähig durch die Krise kommt, sondern auch danach widerstandsfähig und zukunftsfähig sein wird – nachhaltig! Es geht darum, wie meine Vorrednerin gesagt hat, ob eine Zukunft für unsere Union überhaupt möglich sein wird. Dass sich das offizielle Österreich, vertreten durch die schwarz-grüne Bundesregierung, da mit dieser Schall­platte mit den gleichen vier Sätzen, die immer wieder gespielt wird, gegen diesen Vorschlag aufstellt, ist für diesen Diskurs wirklich beschämend, finde ich. (Beifall bei den NEOS.) Es ist beschämend, es ist ein Risiko für diesen Kontinent. Es ist ein Risiko, dass das offizielle Österreich da für uns eingeht. Es ist das Risiko, dass diese Hilfe nicht zustande kommen könnte oder nicht ausreichend sein wird. Es ist das Risiko, dass diese Zukunft für die nächste Generation in der Europäischen Union nicht da sein wird, nicht möglich sein wird.

Diese Position dieser geizigen vier – wie man darauf übrigens stolz sein kann, ist mir überhaupt nicht verständlich, das ist ein Verein der Zukunftsverweigerer, in dem sich jetzt auch Österreich befindet und darauf auch noch stolz ist – ist die simple Message: Das wollen wir einfach nicht!, ohne auf Details einzugehen oder eine eigene Vorstellung zu liefern, was man denn stattdessen machen würde. Es ist die totale Weigerung, sich mit der Größenordnung des Problems auseinanderzusetzen. Es ist die intellektuelle Weigerung, sich damit auseinanderzusetzen, welche Maßnahmen wirklich notwendig sind. Schlussendlich ist es – mit der Zusatzkommunikation, die von diversen Ministerin­nen und Ministern kommt, die auch vom Bundeskanzler kommt – die Unfähigkeit, die Wirtschaftshilfe in Österreich im Moment auf gute Beine zu stellen – die Schuld daran wird der EU in die Schuhe geschoben. (Beifall bei den NEOS.)

Wir können keine Hilfen auszahlen: Die EU ist schuld! Irgendwelche Regeln stehen uns im Weg: Die EU ist schuld! Wenn man da genau hinschaut und auch betrachtet, wer denn letztendlich Schuld daran ist, dass die Hilfe nicht bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt, dann muss man bei sich selbst hinschauen.

Die Europäische Union will einen Plan aufsetzen, der garantiert, dass die nächste Generation in der Union eine Zukunft hat, eine Zukunft im gemeinsamen Europa. (Abg. Kassegger: Die haben nur die Schulden zurückzuzahlen die nächsten 40 Jahre! Das ist der Plan, und das ist kein guter Plan!) Ein Großteil dieses Wohlstands, den wir auch in Österreich haben, auch dieser Grundlage, worüber jetzt viele hier sagen: Wir sind jetzt vielleicht vergleichsweise gut bis hierher gekommen, weil wir früher auch ab und zu ein wenig besser gehaushaltet haben als andere!, kommt auch daher, dass wir in unserer Wirtschaft so eng mit unseren Nachbarländern vernetzt sind. Der Erfolg in Europa kommt von der Gemeinsamkeit. Der Erfolg in Europa kommt von der Zusammenarbeit – und wir sind drauf und dran, das alles zu riskieren. Wir riskieren die Grundlage, auf der unser Wohlstand aufbaut. Wir riskieren mit dieser destruktiven Haltung, die wir da an den Tag legen, alles.

Dabei wäre es so wichtig, dass wir stattdessen endlich anfangen, über die Details zu reden: Wie sollen diese Recovery- und Resilienceplans, auf denen das Ganze basiert, denn genau ausschauen? Wie schaut die Kontrolle aus? Aber dadurch, dass diese geizigen vier genau diese Debatte verhindern, kommen wir erst gar nicht dazu, über das zu sprechen. Diese Solidarität, um die es jetzt hier geht, dass man bereit ist, in die Vorlage zu gehen, bereit ist, in die Zukunft zu investieren, auch bereit ist, zugunsten eines anderen, eines nachhaltigeren, eines digitaleren Europas der Zukunft finanzielle Solidarität zu leisten und füreinander da zu sein, ist meiner Meinung nach nicht nur eine moralische Verantwortung, sondern es ist auch eine Verantwortung gegenüber der österreichischen Wirtschaft, es ist eine Verantwortung gegenüber den österreichischen Bürgerinnen und Bürgern, die nur in einem gemeinsamen, starken Europa eine Zukunft haben werden. Alles andere ist Zukunftsvergessenheit, es ist beschämend, es ist ein Risiko für unsere Kinder, es ist ein Risiko für unsere Zukunft. Wir sollten uns für ein starkes Europa einsetzen, denn das ist alles, was wir haben. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.04

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte.