11.56

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrte Volksanwälte! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Mehr als 16 600 Personen haben sich 2019 an die Volks­an­waltschaft gewandt; insgesamt wurden rund 8 000 Prüfverfahren eingeleitet. Das unter­streicht die Wichtigkeit der Volksanwaltschaft.

Aktuell wird ein massiver Anstieg von Beschwerden gegen die Covid-Schutzmaß­nahmen der Bundesregierung nicht nur erwartet, sondern bereits verzeichnet. Unklare Verordnungen, die noch dazu schwammig bei diversen Pressekonferenzen kommuni­ziert worden sind, haben die Menschen zutiefst verunsichert. Die wenigsten wussten, was erlaubt ist und was nicht erlaubt ist. Der überwiegende Teil der Bevölkerung war der Meinung, dass Privatbesuche während des Shutdowns verboten waren. Dies wurde in unzähligen Pressekonferenzen von den Ministern der Regierung so kommuniziert.

Auch viele Polizistinnen und Polizisten waren aufgrund der unklaren Kommunikation und der unklaren Verordnungen der Meinung, dass private Besuche während des Lock­downs verboten waren. So verwundert es nicht, dass es zwei Höchststrafen von über 600 Euro aufgrund privater Besuche gegeben hat, eine in Niederösterreich und eine in Wien. Die beiden wurden übrigens von den Landesverwaltungsgerichten Niederöster­reich und Wien aufgehoben. Damit wurden alle Strafzahlungen, die im Zuge der Covid-Schutzmaßnahmen getätigt wurden, in diesen beiden Bundesländern aufgehoben und auch wieder zurückgezahlt.

Der Innenminister hat unsere Polizistinnen und Polizisten, bei denen ich mich an dieser Stelle für ihre großartige Arbeit während der Covid-Maßnahmen recht herzlich bedanken möchte, im Regen stehen lassen und oft in peinliche Situationen gebracht. (Beifall bei der SPÖ.)

Viele Menschen haben ihre Liebsten wochenlang nicht gesehen, und dann, nach Ostern, stellt der Gesundheitsminister plötzlich klar: Besuche im privaten Bereich waren doch nie verboten.

Die Rhetorik des Innenministers und die Rhetorik des Bundeskanzlers hat Menschen mit Sagern wie: „die Ruhe vor dem Sturm“, oder: „Bald wird jeder von uns jemanden kennen, der an Corona gestorben ist!“, verunsichert. Der Innenminister sprach von einem „Wel­lenbrecher“ im Zusammenhang mit Polizeieinsätzen. Solche Aussagen sind einfach verantwortungslos, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine Regierung soll den Menschen Hoffnung und Mut geben und sie nicht verunsichern und in Angst versetzen. (Abg. Leichtfried: So ist es!)

Ob die Volksanwaltschaft den erwarteten Andrang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln bewältigen kann, ist außerdem fraglich. Klar ist nur: Es braucht in Zukunft klare Vorgaben und Regeln und auch eine verständliche Kommunikation der Regeln – und: dass auf populistische Rhetorik verzichtet wird.

Wir fordern, dass die Prüfkompetenz der Volksanwaltschaft – meine Kollegin Diesner-Wais hat das schon angesprochen – modernisiert und analog der Prüfkompetenz des Rechnungshofes ausgeweitet wird. Bestes Beispiel dafür ist der Coronahärtefallfonds der Wirtschaftskammer. Da dieser nicht beim Finanzministerium, sondern bei der Wirt­schaftskammer angesiedelt ist, sagt der eine oder andere: Na ja, ob der überprüft wer­den kann, ist so eine Frage!

Die Volksanwälte aber, vor allem Volksanwalt Walter Rosenkranz, haben klargestellt, dass es sich um einen übertragenen Wirkungsbereich handelt und der Härtefallfonds natürlich überprüft werden kann und überprüft werden wird. Aufgrund der vielen Be­schwerden von Unternehmerinnen und Unternehmern, die zu wenig und zu spät Unter­stützung bekommen haben oder für die die Unterstützung zu bürokratisch war, wird es natürlich notwendig sein, sehr viele Dinge zu überprüfen.

Ende Mai hat der Bundeskanzler ausgeführt, dass eh jeder Unternehmer 80 Prozent seines Verdienstes bekommt, sofern er die Formulare richtig ausfüllt und auch seine Verdienste aus der Vergangenheit angibt. Solche Unterstellungen sind in Zeiten einer Krise mehr als überflüssig und verantwortungslos, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Es ist schon ein bisschen kurios, wenn ein sozialdemokratischer Gewerkschafter die Unternehmerinnen und Unternehmer vor den Aussagen des ÖVP-Bundeskanzlers schützen und verteidigen muss.

Wir stellen daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Modernisierung der Prüfkompetenz der Volksanwaltschaft“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit dem die Prüfkompetenz der Volksanwaltschaft auf jene Rechtsträger, die auch der Prüfkompetenz des Rechnungshofs unterliegen, ausgeweitet wird.“

*****

Zum Abschluss möchte ich mich noch im Namen der sozialdemokratischen Fraktion bei den Beschäftigten der Volksanwaltschaft und natürlich bei den Volksanwälten ganz persönlich für die hervorragende Arbeit bedanken. Wir freuen uns schon auf den Be­richt 2020 und schlagen der Regierung vor, die Verbesserungsvorschläge der Volks­anwälte aufzunehmen und umzusetzen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.02

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rudolf Silvan,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Modernisierung der Prüfkompetenz der Volksanwaltschaft

eingebracht in der Nationalratssitzung am 17. Juni 2020 im Zuge der Debatte zu TOP 1: 43. Bericht der Volksanwaltschaft (205 d.B.)

Die Beratung des gegenständlichen Berichts im Volksanwaltschaftsausschuss hat ein­drücklich die Bedeutung und die Leistungen der Volksanwaltschaft für die Bürgerinnen und Bürger, im Jahr 2019 wandten sich 16 600 Personen mit ihrem Anliegen an die Volksanwaltschaft, aufgezeigt. Für die Bürgerinnen und Bürger ist dies oft die letzte Chance, ihre Sorgen und ihren Kummer auszudrücken. Dabei wurde aber auch mehr­fach auf das Defizit bei der Gestaltung der Kompetenzen der Volksanwaltschaft aufmerk­sam gemacht

immer mehr staatliche Aufgaben werden in der Abwicklung Einrichtungen übertragen, bei welchen der Volksanwaltschaft keine Prüfkompetenz zukommt. Dieser Trend ver­stärkt sich auf allen staatlichen Ebenen. Es ist daher notwendig, auf diesen Trend zu reagieren und die Kompetenzen der Volksanwaltschaft auf diese Entwicklung hin anzu­passen. Daher sollte die Prüfzuständigkeit der Volksanwaltschaft analog zum Rech­nungs­hof auch auf ausgegliederte Rechtsträger erweitert werden. Dies hätte darüber hinaus den Vorteil, dass dadurch auch die Tätigkeiten des Nationalrates im Bereich der Kontrolle der Vollziehung weiter geschärft und die verfassungsrechtlichen Kompetenzen der Kontrollorgane vereinheitlicht werden. Eine diesbezügliche Änderung soll rasch vor­genommen werden, da die Corona Epidemie zu einem starken Ansteigen der Beschwer­den von Bürgerinnen und Bürgern führte.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit dem die Prüfkompetenz der Volksanwaltschaft auf jene Rechtsträger, die auch der Prüfkompetenz des Rechnungshofs unterliegen, ausgeweitet wird. "

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Ragger, Sie sind der nächste Redner. – Bitte.