15.48

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Wir behandeln jetzt einen Dringlichen Antrag der FPÖ. Es ist inhaltlich genau der gleiche Antrag, den wir seit 3. April bereits fünf Mal eingebracht haben. Unser Antrag liegt im Sozialausschuss, er ist vertagt worden. Er ist vier Mal abgelehnt und einmal vertagt worden. Wir haben heute die Gelegenheit, das noch einmal zu dis­kutie­ren, und werden unserem Antrag, den ihr übernommen habt, heute auch zustim­men.

Interessanterweise gibt es einen ähnlichen Antrag der Grünen im Wiener Landtag, eingebracht am 26. Mai, der, wie wir es als SPÖ fordern, ebenfalls eine Erhöhung der Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld auf 70 Prozent beinhaltet und in dem die Frau Arbeitsministerin aufgefordert wird, in Gespräche einzutreten.

Jetzt sind sich eigentlich alle einig, auch die Ökonomen in diesem Land, sowohl die Experten des IHS als auch des Wifo: Eine befristete Erhöhung des Arbeitslosengeldes ist sinnvoll, weil sie Armut bekämpft und weil dadurch die Kaufkraft gestärkt wird. – Jetzt kommt überraschend dieser Vorschlag der Bundesregierung, die Grünen und die ÖVP sagen: einmalig 450 Euro. Ich kenne viele Menschen, die unverschuldet arbeitslos geworden sind und monatelang in Arbeitslosigkeit verbleiben müssen, die zu diesem Vorschlag der Bundesregierung für eine Einmalzahlung von 450 Euro völlig zu Recht sagen: Das ist einfach unwürdig und nichts anderes als eine Alibiaktion.

Es tut mir ein bisschen weh, weil ich dabei die soziale Handschrift der Grünen vermisse. Gerade ihr, die Grünen, wart immer diejenigen, die auf eine Erhöhung in wirtschaftlich guten Zeiten gedrängt haben. Jetzt diesen Antrag und die einmalige Zahlung von 450 Euro so mitzutragen ist einfach nicht menschenwürdig. Das hilft den Betroffenen nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Was wir brauchen, ist eine monatliche Erhöhung des Arbeitslosengeldes, damit wir die finanziellen Belastungen, die diese Menschen unverschuldet zu tragen haben, dem­entsprechend leichter abfedern können.

Es war vorgestern in der „ZIB 2“ ein bisschen befremdlich, als sich der Bundeskanzler im Interview bei Armin Wolf mit dem Thema Arbeitslosigkeit auseinandergesetzt und gesagt hat: Es „ist unser Ziel, dass wir die Menschen möglichst schnell wieder in Arbeit bringen und nicht zu viele Menschen zu lange in der Arbeitslosigkeit haben.“ Das ist unser aller Ziel.

Wenn aber hier die Zahlen auf den Tisch gelegt werden – wie von dir, August Wöginger – und gesagt wird, es gibt 480 000 Arbeit suchende Menschen, die nicht arbeitslos sein wollen wie es manche von euch behaupten sondern arbeiten wollen (Zwischenruf bei der ÖVP Zwischenruf des Abg. Leichtfried), und wenn es für diese 480 000 be­troffenen Menschen nur 57 000 offene Jobs gibt, dann ist klar: Viele, viele werden es nicht schaffen, in den nächsten Monaten einen Job zu bekommen. Viele, viele werden es nicht schaffen. Genau für diese Menschen, die es nicht schaffen, einen Job zu bekommen, braucht es diese monatliche Abfederung. Aus diesem Grund ist unser An­trag, der Antrag der SPÖ, der genau das fordert, der richtige, und ich appelliere an die ÖVP, noch einmal nachzudenken. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn ich von einigen Abgeordneten aus diesem Hohen Haus, aus den Regierungs­par­teien, aus dieser Hälfte (in Richtung ÖVP), in Ausschüssen höre, diese Arbeit suchenden Menschen seien Tachinierer und die wollen nicht, dann ist das auf das Schärfste zurückzuweisen. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Tanja Graf: Wer hat das gesagt? Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich glaube, niemand in diesem Land will arbeitslos sein und ein durchschnittliches Arbeitslosengeld von 900 Euro beziehen, im Wissen, dass diese Arbeitslosigkeit noch lange dauern wird. Was uns ein bisschen betrübt, ist, dass Sie offenbar nicht mit diesen betroffenen Menschen reden. (Abg. Haubner: Unwahrheit!) Reden Sie mit diesen Menschen, die jetzt arbeitslos geworden sind! Reden Sie darüber, wie es ihnen geht, wie sie ihre Rechnungen bezahlen!

Wenn wir dann parallel dazu feststellen müssen, dass gerade in einer Krise nicht für alle Betroffenen in diesem Land mit gleichem Maß gemessen wird, Sie Pensionen für die Bauern – denen wir das gönnen, aber bitte behandeln Sie auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gleich! erhöhen, wenn Sie gleichzeitig deutschen Aktionären be­treffend Lufthansa österreichische Steuermittel in der Höhe von 450 Millionen Euro zusagen und den Arbeitslosen in Österreich 450 Euro zusagen – 450 Euro pro betrof­fenem Arbeitslosen, 450 Millionen für die deutsche Lufthansa, da sind übrigens wieder sechs Nullen dazwischen –, dann passt das einfach nicht zusammen. Das passt nicht zusammen, da ist der Unterschied einfach zu groß, da messen Sie nicht mit gleichem Maß. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Arbeitsministerin, also unser Angebot, für Gespräche zur Verfügung zu stehen, steht immer. Du hast in deinem Redebeitrag gesagt, gemeinsam müssen wir das schaffen. Warum suchen wir nicht gemeinsam eine Lösung für jene Menschen, die jetzt unverschuldet arbeitslos geworden sind? Dieser Vorschlag mit 450 Euro ist unwürdig, ist eine Alibiaktion und kann aus keiner Sicht und von keinem aus unseren Reihen unterstützt werden. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

15.55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Koza. – Bitte.