19.12

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Präsi­dentin! Wir dürfen dem Rechnungshof und seinen Prüfern wirklich dafür dankbar sein, dass sie so stringent, so akkurat ihrer Aufgabe nachkommen und schonungslos aufzeigen und ans Tageslicht bringen, was nicht funktioniert und wo die Fehler liegen.

Im Bericht zeigt sich unter anderem, nämlich dort, wo es um das Abtesten der Lese­kompetenz von Erwachsenen geht – das ist also die Gruppe der 16- bis 65-Jährigen –, dass 17 Prozent über eine niedrige und 4,3 Prozent über eine sehr niedrige Lese­kom­petenz verfügen. Ich sage das deswegen in Prozent, weil es in absoluten Zahlen eigentlich schockierend ist: Das sind 970 000 Menschen in Österreich mit niedriger Lesekompetenz und 240 000 Menschen mit sehr niedriger Lesekompetenz.

Oder nehmen wir das Thema Bildungsstandardüberprüfungen – da geht es um die Standardprüfungen nach der 4. Schulstufe zum Abschluss der Volksschule. 13 Prozent dieser Kinder können die Standards nicht einmal teilweise erfüllen. In der 8. Schulstufe, also nach der 4. Klasse Hauptschule/neue Mittelschule/Gymnasium, beträgt dieser Anteil sogar schon 17 Prozent, und das steigt dann noch einmal.

Der Bericht definiert auch diese Risikogruppe in der neuen Mittelschule, und da liegt der Wert bei 24 Prozent. Das heißt, jeder vierte Schüler in der neuen Mittelschule ist diesbezüglich gefährdet, könnte Probleme beim Lesen haben – und das bedeutet natürlich auch Probleme in der Zukunft, im beruflichen Werdegang. Das ist er­schreckend, das ist bedenklich! Hier braucht es Unterstützung, hier braucht es Hilfe, hier braucht es Verbesserungen!

Der Rechnungshof gibt einige Empfehlungen dazu, unter anderem schreibt er: „Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung sollte den Grundsatzerlass Leseerziehung so umformulieren, dass er von allen Pädagoginnen und Pädagogen – egal welcher Fachrichtung – auf einfachem Weg in die Praxis umgesetzt werden kann.“

Ein Wahnsinn! So eine Empfehlung ist eine Ohrfeige für das Bildungsministerium. Im Bericht ist weiters auch die Rede von gekürzten Schulstunden, fehlenden Schul­biblio­theken oder Schulbibliotheken, die mit Büchern ausgestattet sind, in denen noch die alte Rechtschreibung verwendet wird.

In diesem Zusammenhang verstehe ich auch, wie es in den letzten Wochen zu Verordnungen kommen konnte, die am Ende des Tages stets mehr Fragen aufgeworfen haben, als sie Antworten gegeben haben. Da wäre zum Beispiel die Einführung der Sommerschule. Dazu wurde am 5. Juni angekündigt:

„Zielgruppen sind außerordentliche Schülerinnen und Schüler [...], die in Deutsch zwischen den Noten 4 und 5 stehen“ oder „die aufgrund der vergangenen Monate einen besonderen Aufholbedarf haben“. „Ausschlaggebend ist die ‚Empfehlung‘ des Klas­sen­lehrers beziehungsweise der Schulleitung.“

Dabei hat gerade in den letzten Wochen, wie wir wissen, nicht nur die Lesekompetenz gelitten, sondern es wurde grundsätzlich ein Bildungsmanko mehr oder weniger wieder hervorgerufen, nämlich dadurch, dass man die Schule im wahrsten Sinne des Wortes zugesperrt hat und von zu Hause aus unterrichtet hat.

Ich darf zur Beantwortung vieler Fragen, die sich hier gestellt haben – nämlich: wieso gibt es die Sommerschule nur für ausgewählte Schüler und Schülerinnen?, wieso gibt es nur einen Deutschschwerpunkt?, welche Lehramtsstudenten sollen da kostenlos mithelfen und arbeiten?, wer sind die ausgewählten guten Schüler, die sozusagen als Buddys dienen sollen? –, folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Som­mer­schule für alle Schülerinnen und Schüler ermöglichen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung werden aufgefordert, die geplante Sommerschule 2020 für alle Schü­lerinnen und Schüler auf freiwilliger Basis zugänglich zu machen, und dabei unter ande­rem sicherzustellen:

- ein breites Angebot, nicht nur Deutschförderung

- keine Kosten für die Schülerinnen und Schüler

- ausreichendes Lehrpersonal

- eine ordentliche Bezahlung von eingesetzten Lehramtsstudenten – zumindest in der gleichen Höhe wie außerordentliche Zivildiener“.

*****

(Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Zum Abschluss noch: Kollege Hoyos-Trauttmansdorff hat die Digitalisierung ange­sprochen, die heute von Minister Faßmann großartig verkündet wurde, mit: Wir digita­lisieren die Schule.

Der Kollege hat es richtig gesagt: Es geht um die Show, es geht um die schwarz-grüne Show. Wir haben es heute erfahren: Die Kinder, unsere Schüler werden mit Hardware, mit Laptops, mit PCs ausgestattet. – Ja, das ist die Hardware, aber kein Mensch spricht von der Software, und wenn ich Software sage, meine ich jetzt nicht die Programme, sondern dann meine ich das Wissen, das in den Lehrern und in den Schülern drinnen ist, das man braucht, um so etwas umzusetzen!

Wer wird denn da unterrichten? Wer werden die Lehrer sein? Wie werden diese Lehrer ausgebildet werden? Wie wird unterrichtet? Was sind die Bildungsziele? Was soll erreicht werden? Was soll vermittelt werden? Wie sehen die Lehrpläne tatsächlich aus? Das sind Ankündigungen über Ankündigungen, aber keine Antworten und viel mehr Fragen als vorher. Es geht tatsächlich um die schwarz-grüne Show. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Hoyos-Trauttmansdorff und Künsberg Sarre.)

19.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Brückl, MA

und weiterer Abgeordneter

betreffend Sommerschule für alle Schülerinnen und Schüler ermöglichen

eingebracht in der 36. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 17. Juni 2020 im Zuge der Debatte zu TOP 13, Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Leseförderung an Schulen – Reihe BUND 2020/3 (III-91/214 d.B.)

„Laut der sogenannten PIAAC–Studie 2012, die Kompetenzen von Erwachsenen testet, verfügten 17 % der 16– bis 65–Jährigen in Österreich (rd. 970.000 Personen) über eine niedrige Lesekompetenz, 4,3 % (rd. 240.000 Personen) über eine sehr niedrige Lese­kompetenz. Schlechte Lesekompetenz kann mit Benachteiligungen im Alltag und Beruf verbunden sein.“, ist im Rechnungshofbericht betreffend Leseförderung an Schulen nachzulesen.

Durch den von der Bundesregierung verursachten defacto Unterrichtsausfall von meh­reren Wochen leidet nicht nur die ohnehin schon schlechte Lesekompetenz, sondern es entsteht ein generelles Bildungsmanko. Ein teilweiser Ausgleich wäre durch eine Sommerschule für alle Schülerinnen und Schüler – auf freiwilliger Basis – möglich.

Seitens der Bundesregierung ist allerdings für den Sommer 2020 nur für einen kleinen Teil der Schülerinnen und Schüler eine solche Sommerschule vorgesehen.

Angekündigt wurde am 5. Juni unter anderem:

In den kommenden Tagen soll per Elternbrief an Volksschulen sowie Sekundarstufe eins (v.a. Neue Mittelschule und AHS-Unterstufe) über das Angebot informiert werden. Ziel­gruppe sind außerordentliche Schüler bzw. Schüler, die in Deutsch zwischen vier und fünf stehen oder die aufgrund der vergangenen Monate einen besonderen Aufholbedarf haben. Ausschlaggebend ist die "Empfehlung" des Klassenlehrers bzw. der Schul­leitung. Faßmann schätzte die potenzielle Zahl der in Frage kommenden Schüler auf 40.000 bis 42.000.

Wieso diese „Sommerschule“ nur für ausgewählte Schülerinnen und Schüler zur Verfügung steht, wieso es nur einen Deutschschwerpunkt geben soll, ob die Zielgruppe überhaupt gewillt ist daran teilzunehmen, welche Lehramtsstudenten als kostenlose Arbeitskraft zur Verfügung stehen, wer die ausgewählten guten Schüler als "Buddies" sein werden, wer die Lehrer sind, die als Mentoren und Begleiter der Studenten fun­gieren sollen und vielen andere Fragen bleiben offen. Damit wird heuer auf Grund der Versäumnisse des Bildungsministeriums die grundsätzlich begrüßenswerte Sommer­schule zur Farce werden.

Noch ist Zeit für eine Kurskorrektur!

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung werden aufgefordert, die geplante Sommerschule 2020 für alle Schü­lerinnen und Schüler auf freiwilliger Basis zugänglich zu machen, und dabei unter an­derem sicherzustellen:

-           ein breites Angebot, nicht nur Deutschförderung

-           keine Kosten für die Schülerinnen und Schüler

-           ausreichendes Lehrpersonal

-           eine ordentliche Bezahlung von eingesetzten Lehramtsstudenten – zumindest in der gleichen Höhe wie außerordentliche Zivildiener“

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag.a Sibylle Hamann. – Bitte, Frau Abgeord­nete.