15.52

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Herr Staatssekretär – manchmal sitzen Sie dort, manchmal da, gesehen habe ich Sie vorher nur im Kleinen Walsertal an der Seite des Bundeskanzlers ohne Babyelefant. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS. – Heiterkeit des Abg. Loacker.) Aber so lernen wir ihn kennen: Das ist Staatssekretär Brunner aus dem schönen Vorarlberg. – Es freut mich jedenfalls! (Abg. Wöginger: Da musst du einmal mit der Rendi hinfahren, da geht nie­mand raus! – Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vielleicht wäre es gescheiter gewesen, Herr Klubobmann, wenn der Herr Bundeskanzler ein Stück weiter gefahren wäre. Negativpropaganda funktioniert in der Schweiz angeb­lich nicht, in Deutschland angeblich nicht – wie es Peter Haubner behauptet hat. Ich weiß es nicht. (Abg. Haubner: ... Tatsachendarstellung!) Ich habe die Frage der Selbstbe­weihräucherung hier schon einmal mit unserem Herrn Bundeskanzler besprochen. Das macht wenig Sinn – vor allem dann nicht, wenn man eine so grottenschlechte Perfor­mance liefert. Das ist genauso unangenehm wie bei Schulkindern, die kommen und sagen: Ja, aber die anderen sind schlechter – was gar nicht stimmt, ja –, ich habe halt verschlafen, ich habe halt meine Hausübung nicht gemacht!

Schauen wir: Was ist gut und was ist schlecht gelaufen? – Fangen wir einmal bei den Dingen, die halbwegs gelaufen sind, an: Halbwegs gelaufen ist, dass wir, als die Pan­demie ausgebrochen ist – so wie viele andere Länder in der Europäischen Union –, nach ein paar Wochen Tiefschlaf rechtzeitig einen Lockdown zusammengebracht haben, so­dass die Kapazitäten unseres Gesundheitssystems nicht überschritten worden sind. Ich konzediere das, obwohl ich immer wieder vorgehalten habe: Hätten wir drei Wochen vorher – als der italienische Premier gewarnt hat, dass es in Europa ist – Containment­policy wie zum Beispiel in Singapur gemacht, hätten wir nicht 677 Tote, aber gut.

Die Dinge, die nicht funktioniert haben, kann niemand schönreden, lieber Peter Haubner. (Zwischenruf des Abg. Haubner.) Dieses Chaos, dieses Bouquet von angeblichen För­dermaßnahmen kann den gesetzlichen Anspruch nach dem Epidemiegesetz, was die richtige Maßnahme gewesen wäre, nicht ersetzen. (Abg. Steinacker: Er will’s einfach nicht verstehen! Epidemie oder Pandemie? Geh, du bist doch so ...!)

Noch einmal zur Erklärung, Frau Kollegin, falls Sie nicht verstanden haben, was ein ge­setzlicher Anspruch ist und was eine Bitte – bitte, ich hätte gerne Geld! –; ich erkläre sehr gern den Unterschied: Wenn jemand einen Schadenersatzanspruch hat, einen ge­setzlichen Anspruch, dann hat er einen Vermögensgegenstand – das wissen Sie doch ganz genau (Abg. Steinacker: ... Epidemie!) –, aber der Antrag, den er stellt, ist ein Al­mosen, eine Bitte, die vielleicht gewährt wird – da hat er kein Rechtsmittel (Abg. Meinl-Reisinger: ... kein Rechtsmittel, ja!) – oder nicht, weil zum Beispiel der Pass abgelaufen ist. Das haben wir erlebt. Das ist ein fundamentaler Unterschied, Frau Kollegin! Wenn man einen Vermögensgegenstand hat, dann hat man nicht verloren! (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Loacker: ... die Vorsitzende des Ausschusses ... ! – Abg. Rauch: Sie versteht von Wirtschaft nichts!) Den kann man bi­lanzieren, Frau Kollegin! Wenn es ein gesetzlicher Anspruch ist, kann man ihn zitieren, man kann ihn sogar an einen Dritten verkaufen. – Das ist ein Unterschied!

Diesen Kardinalfehler haben Sie mit dem § 4 Abs. 2 COVID-19-Maßnahmengesetz hier in diesem Nationalrat und im Bundesrat am Sonntag, den 15. März, begangen. Ab da ging es bergab. Sie haben sich ja selber nicht mehr ausgekannt; im Wochenrhythmus wurden neue Richtlinien ausgegeben. (Abg. Schmidhofer: ... die Grundlagen!)

Was mich so ärgert, ist, dass Sie dann gesagt haben, wir sind gegen die Wirtschaftskam­mer. – Nein! Mir tun die Damen und Herren, die dann vorne standen, leid (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, mir auch!), denn die haben erklären müssen, warum die Homepage wie­der gesperrt ist. Die Leute haben geglaubt, die Mitarbeiter der Wirtschaftskammer sind zu blöd, ihre Arbeit zu machen. – Nein! Weil die Regierungsvorlage jede Woche geän­dert wurde, haben die umprogrammieren müssen, die FAQ neu schreiben müssen. Bei denen möchte ich mich entschuldigen – aber für diese Regierung, denn sie verwalten nur für die Regierung! (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wie kommen die dazu?! Warum haben Sie denen aufgebürdet, eine neue Förderbank aufzustellen? Sie müssen sich beschimpfen lassen, weil sie nicht funktioniert. Wie kom­men die dazu?! Wieso hat das nicht die Finanzverwaltung gemacht? Haben Sie sich die Daten einmal angeschaut, die man für den Härtefallfonds angeben muss? –90 Prozent, nein fast alles an Daten ist in der EDV der Finanzverwaltung bereits enthalten! (Abg. Rauch: So ist es!) Die hätte man gar nicht bearbeiten müssen, die hätte man nur mit­einander verknüpfen müssen. – Das hätten Sie machen müssen (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ), dann hätte es wie in Deutschland auch anders funktioniert! (Abg. Meinl-Reisinger: Dann hätten wir uns auch die ...regelung gespart, Frau Minister!)

Ich finde es auch nicht redlich, Frau Bundesministerin, dass Sie jetzt mit den OECD-Prognosezahlen kommen, denn Sie wissen ganz genau: Das ist eine Mischung der ös­terreichischen Prognosezahlen, und da hat die OeNB unter einem gewissen Holzmann – falls jemand noch nicht weiß, wer das ist (Abg. Schellhorn: Ha!) – noch bis vor kurzer Zeit mit einer Rezession von 3,5 Prozent gerechnet, das wurde da mitgerechnet. Jetzt hat selbst die OeNB auf 7,2 Prozent Rezession revidieren müssen, daher wird die OECD, wenn sie die Zahlen einspeist, auf Zahlen wie bei der Slowakei kommen.

Reden Sie über das, was man wirklich messen kann: Das sind die (Abg. Meinl-Reisin­ger: Arbeitslosen!) Arbeitslosen, Frau Ministerin! Gestern saß Ihre Kollegin Aschbacher kalkweiß wie ein abgeschalteter Automat da und hat, während ihr Didi Keck Schicksale vorgehalten hat, nicht mehr gesprochen, nicht reagiert. Man hat sich gefragt: Geht es ihr noch gut? (Abg. Steinacker: Geh bitte! – Abg. Belakowitsch: Stimmt aber!) Und dann fragst du dich, wie die Performance ist?! (Abg. Schmidhofer: Dafür bist du hochrot!) – Ihr seid in einer Situation, dass die fähigsten Minister bei den Grünen sind! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Meinl-Reisinger. – Heiterkeit der Abg. Belakowitsch. – Abg. Loacker: Es hält sich ganz gut die Waage!) Das ist doch die Wahrheit!

In der ÖVP gäbe es genug Leute, die es machen können – ich komme jetzt nicht mit Gabriel Obernosterer daher –, aber ein Budget zusammenbringen könnten andere wirk­lich. (Heiterkeit des Abg. Loacker.) Da habt ihr wirklich genug, die euch nahestehen. Ich weiß nicht, wie die Regierungsmannschaft zusammengestellt wurde (Beifall der Abge­ordneten Loacker und Meinl-Reisinger), aber Performance war nicht im Vordergrund. (Abg. Meinl-Reisinger: Loyalität!)

Jetzt noch einmal zu dem Antrag: Ich meine, Entschuldigung, die NEOS fordern eine neue Stelle. – Na, was sollen sie sonst fordern?! Es funktioniert ja nicht! (Beifall bei Ab­geordneten der SPÖ sowie der Abgeordneten Loacker und Meinl-Reisinger.) Es be­ginnt ja schon beim Ministeriengesetz: Keiner weiß, wer zuständig ist – die eine ist für Zivildienst, Tourismus und Sonstiges zuständig, die Nächste für etwas anderes. Wahr­scheinlich wissen sie selber nicht mehr, wer wofür zuständig ist. (Abg. Steinacker: Geh bitte! – Abg. Schmidhofer: Das ist in der SPÖ so!) Die brauchen wirklich eine Koordinie­rungsstelle, daher werden wir das unterstützen.

Im Übrigen: Bitte macht es ab jetzt besser und nehmt uns nicht die Zeit mit Selbstbe­weihräucherung! Einfach sein lassen und die Arbeit tun! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS. – Ruf bei der ÖVP: Die SPÖ ist Gott sei Dank für nichts zuständig! – Abg. Leichtfried: Das nenne ich eine Rede!)

15.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.