16.26

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Na ja, dass sich die Kollegen von den Regierungsparteien hier herausstellen und die Situation total beschönigen und einfach sehr positiv darstellen, das sind wir eh gewohnt, aber, Frau Kollegin Niss, aus Ihrem eigenen Betrieb ist eine etwas andere Stimmungs­lage zu vernehmen, wenn man genau hinhört. Darum bin ich schon überrascht, dass Sie alles paletti finden (Abg. Haubner: Das haben wir nicht gesagt! Aufpassen!), oder, Frau Bundesminister, wie Sie es auch gesagt haben, dass ohnedies alles in Ordnung ist. Ich sage von dieser Stelle aus: Es liegt in Wirklichkeit im Argen, nichts ist paletti, meine sehr geschätzten Damen und Herren, und wir erleben eine total dramatische Situation! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir hören, dass nach der Kurzarbeit sehr viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mehr mitgenommen werden. Das hören wir jetzt schon. Das heißt, wir haben in der zweiten Jahreshälfte eine Situation zu erwarten, die wirklich fatal sein wird, und wir se­hen, dass vielen Betrieben die Luft ausgeht, weil eben die Maßnahmen, die Sie, Frau Bundesministerin, setzen und die die Regierung setzt, bei den Firmen und bei den Be­trieben einfach nicht ankommen. Und da hören wir heute, dass alles klar ist und alles eitel Wonne ist?!

Ich glaube, es wäre total wichtig, dass Sie einmal mit den Betroffenen reden. Ich bin ein bisschen überrascht, denn es gibt ja wahrscheinlich ein Wirtshaus, in das Sie gehen, Sie haben wahrscheinlich auch einen Friseur, bei dem Sie ab und zu sind. Reden Sie einmal mit diesen Leuten, denen steht das Wasser bis zum Hals! Mein Friseur erzählt mir: 14 000 Euro Fixkosten und zweieinhalb Monate keine Einnahmen. Das ist eine Katastro­phe für die Betriebe, liebe Kolleginnen und Kollegen! Doch das wird jetzt sozusagen vom Tisch gewischt, weil das alles in Wirklichkeit nicht stimme. Da geht etwas ab, das ist abenteuerlich.

Und der Förderdschungel, der besteht, ist in Wirklichkeit ein Wahnsinn. Ich habe ja den Eindruck, ihr macht das mit Absicht, damit die Menschen oder die Betriebe nicht zu ihrem Geld kommen, denn so etwas kann man doch nicht machen! Der Kollege vorhin hat die Förderungen, die da angesprochen sind, gerade aufgezählt. Kein Hund kennt sich mehr aus, meine sehr geschätzten Damen und Herren, es ist in Wirklichkeit eine Katastrophe! (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei den NEOS.)

Jawohl, und das stimmt: Das Einzige, was wirklich funktioniert, ist die Kurzarbeit. Und wisst ihr, warum die funktioniert? – Weil die nicht die Regierung gemacht hat, sondern die haben die Sozialpartner gemacht, meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Was mich fürchterlich stört – und wir sehen das jetzt schon wieder –: das alte Lied der Regierung. Jetzt fangen Sie wieder an, mit der Angst zu spielen, mit der Angst der Men­schen zu spielen. Ich wundere mich, warum da die Grünen mitgehen, denn das, was da passiert, ist wirklich verantwortungslos. So höre ich etwa bei einer Pressekonferenz: Boah, jetzt kommt die zweite Welle, aufpassen! Und: Flüchtlinge, Flüchtlingsrouten – mein Gott, vielleicht haben die sogar auch einen Virus mit! – Andeutungen in diese Rich­tung zu machen, meine Damen und Herren, das ist unverantwortlich! Wir brauchen drin­gendst den Konsum, diesen kann man aber mit Angst nicht ankurbeln. Die Unternehmen saufen uns ab, und wenn wir nicht in eine andere Richtung, in Richtung Zuversicht, in Richtung Sicherheit gehen, dann haben wir wirklich ein riesiges Problem. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Klientelpolitik versteht die ÖVP natürlich ganz besonders. Ich will da jetzt nicht mehr ganz in die Breite gehen, aber was da alles an Maßnahmen für die Bauern passiert – dass die sich jetzt auf die Schenkel klopfen und applaudieren, ist völlig klar. Wenn aber eine Sozialversicherung, die unter Wasser steht, noch eine Pensionserhöhung ausbezahlt, übrigens rückwirkend und alle Jahre nachhaltig – ohne jetzt irgendjemandem neidig zu sein –, und auf der anderen Seite die Beiträge gesenkt werden, dann, Kolleginnen und Kollegen, geht sich das hinten und vorne nicht aus. (Abg. Haubner: Da redet der Richtige!) Ich sage das deshalb, weil: Wisst ihr, wer das zahlt? – Das zahlen die Kolleginnen und Kollegen, die jetzt in Kurzar­beit sind und nur 80 Prozent verdienen. Die werden das in Zukunft zu zahlen haben, meine Damen und Herren, weil Sie sich das Geld dann wieder irgendwo holen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Lasst mich zum Schluss kommen: Also auf der einen Seite das Füllhorn für die Bauern, auf der anderen Seite werden viele Unternehmen um ihre Existenz gebracht. Ich habe heute auch geglaubt, ich träume, als ich die APA-Aussendung, dass Novomatic – da, Herr Präsident, kennen Sie sich eh ganz besonders gut aus – Dividenden auszahlt, gele­sen habe. Novomatic hat Kurzarbeit, 1 500 Menschen in Kurzarbeit bedeuten hochge­rechnet ungefähr zwischen 15 und 20 Millionen Euro Staatszuschuss – und jetzt zahlt sich der Herr Graf 50 Millionen Euro aus! Nicht deppert, aber ein Wahnsinn, Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Meinl-Reisinger: Aber vielleicht sind es wieder Geschenke!) Und die Regierung hat versprochen, sie werde dagegen angehen, und die Grünen haben gesagt, das werde es in Zukunft nicht geben! (Beifall bei der SPÖ.)

Einen darf man nie vergessen: Herrn Pierer aus dem Innviertel, von KTM; der versteht das auch super. Dividende auszahlen? – Nein, mache ich eh nicht! Und? – Über Sonder­konstruktionen hat er sich 27 Millionen Euro genommen! Zufällig ist der Betrieb auch in Kurzarbeit. Er hat es überhaupt gscheiter gemacht, denn hochgerechnet auf die Kolle­ginnen und Kollegen, die dort in Kurzarbeit sind, machen die Kosten ungefähr denselben Betrag aus. Er wird ungefähr 27 Millionen Euro für die Kurzarbeit beantragen und gleich­zeitig 27 Millionen Euro Dividende ausschütten.

Ich meine, meine sehr geschätzten Damen und Herren, das ist einfach unmöglich, was hier abgeht. Wir sind ganz selten mit unseren NEOS einer Meinung (Abg. Meinl-Rei­singer: Wir sind nicht eure NEOS!), aber da habt ihr - - (Zwischenrufe bei ÖVP und NEOS.) – Ja, ja, wir sind ganz selten mit den NEOS einer Meinung, aber da habt ihr völlig recht: Wir brauchen eine Art Zentralstelle, wir brauchen ein gemeinsames Vor­gehen.

Frau Ministerin, Sie und Ihre Regierung, Sie können das nicht, und bevor da größerer Schaden entsteht, ist, glaube ich, die Einrichtung einer zentralen Koordinationsstelle von großer Wichtigkeit. – Danke. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

16.32

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belako­witsch. – Bitte.