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Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Frau Minis­terin! Herr Bundesminister! Ja, ich bin jetzt ehrlich gesagt ein bisschen fassungslos, ins­besondere was die Reden des Abgeordneten der ÖVP und der Klubobfrau der Grünen anbelangt. (Abg. Leichtfried: Zu Recht!)

Ja, es braucht Reformen. Wir sind die Ersten, die zu Diskussionen bereit sind und die auch gerne darüber diskutieren, wie wir das Bundesheer im 21. Jahrhundert ankommen lassen. Da gibt es ganz viele Maßnahmen, die man treffen kann, und da darf es bei den Diskussionen auch keine Tabus geben. Beginnt man aber eine Reform anzustoßen, dann ist das Allererste, was passieren muss, eine Risikoanalyse.

Kollege Hammer und auch die Frau Klubobfrau haben darüber gesprochen, was die möglichen Szenarien sind, was die Risiken sind, auf die wir uns vorbereiten müssen. Aber wissen Sie, wie Sie das gemacht haben? – Die Frau Klubobfrau hat es wortwörtlich so gesagt: Wir müssen schauen, was in den letzten 20 Jahren passiert ist! – Sie haben sich angeschaut, was in den letzten 20 Jahren passiert ist, und das ist Ihre Risikoana­lyse, anstatt zu schauen, was in den nächsten 20 Jahren passieren könnte. (Abg. Mau­rer: Nein! Seit 20 Jahren steht drinnen, dass das nicht mehr ...!) Risikoanalyse bedeutet, dass man sich anschaut, welche Möglichkeiten in Zukunft eintreten werden, und nichts anderes. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Frau Klubobfrau, genau das ist der Fehler: dass das nicht passiert ist. Es ist nicht passiert, im Ministerium ist es nicht passiert! Es wurde vom Herrn Generalstabschef in Auftrag gegeben, aber es ist bis heute nicht pas­siert – keine Risikoanalyse als Basis dieser Reform. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Maurer.)

Man stelle sich vor, mit derselben Herangehensweise, mit einer Vision: Was in den letz­ten 20 Jahren passiert ist, das passiert jetzt auch in den nächsten 20 Jahren!, wäre die Frau Bundesministerin vor einem Jahr Ministerin geworden und hätte eine Reform um­gesetzt! Was wäre passiert, wenn eine Pandemie gekommen wäre? – Sie ist gekom­men. Das Bundesheer wäre in dieser Situation handlungsunfähig gewesen, weil das Bundesheer alle Kompetenzen abgebaut hätte, die es dafür gebraucht hätte. Genau das ist es, was jetzt passiert. Genau das ist es, was die Bundesministerin jetzt vorhat, näm­lich nicht in die Zukunft zu blicken, sondern in die Vergangenheit und aus der Vergan­genheit irgendwelche Schlüsse zu ziehen, die mit der Zukunft nichts zu tun haben. (Bei­fall bei den NEOS sowie des Abg. Bösch.)

Es wäre ja sehr einfach, eine Reform durchzuziehen, weil vieles schon angesprochen ist. Man bräuchte diese Risikoanalyse. Das Zweite, was man bräuchte, ist eine Istzu­standsanalyse. Diese gibt es im Landesverteidigungsministerium, sie liegt dem Parla­ment nur nicht vor, weil es in dem Moment, ab dem man über die Zustände diskutieren will, von egal welchem Minister – ob das vorher Minister Kunasek war oder auch jetzt die Frau Ministerin –, heißt: Nein, reden wir lieber nicht darüber, denn die Zustände im Bundesheer sind so katastrophal, dass das die Politik nicht verantworten könnte! – Es wird nicht darüber gesprochen, und der Zustandsbericht betreffend das Bundesheer ist nach wie vor unter Verschluss und dem Parlament nicht zugänglich.

Die dritte Sache, die man hernehmen müsste, ist dieser Bericht Ihres Vorgängers – Sie kennen ihn alle, auch Sie, Frau Bundesministerin, kennen ihn (den Bericht mit dem Titel „UNSER HEER 2030“ in die Höhe haltend) –, in dem genau angeführt ist, welche Maß­nahmen einzuleiten sind, was wie viel kostet, wie man damit umgehen müsste und wie man daraus das Bundesheer weiterentwickeln könnte. Die Regierung hat sich aber et­was anderes überlegt und gesagt: Na, da machen wir jetzt einmal eine Nebelgranate, jetzt ist Sebastian Kurz im Untersuchungsausschuss geladen und deswegen brauchen wir ein Ablenkungsmanöver! – Man ist mit einem unausgegorenen Papierl auf der Basis der „VISION LANDESVERTEIDIGUNG 2020“, die ich Ihnen schon einmal gezeigt habe und in der nichts steht, die wie ein besserer Schüleraufsatz geschrieben ist, hinausge­gangen und hat gesagt: Nebelgranate, bumm, sprengen wir das Bundesheer!

Das Einzige, was die Frau Bundesministerin und die ÖVP nicht bedacht haben, ist, dass Nebelgranaten zum Sprengen nicht geeignet sind. Ich kann Ihnen eines garantieren: Die Leute, die Sie in der nächsten Zeit kennenlernen werden, sind diejenigen, denen das österreichische Bundesheer und eine Weiterentwicklung des österreichischen Bundes­heers am Herzen liegt; sie wissen, dass man nicht mit Nebelgranaten sprengt, sondern dass man beim Sprengen eine echte Granate werfen müsste, und dafür fehlt der Bun­desregierung leider, oder Gott sei Dank, muss man ehrlich sagen, der Mumm. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Ries.)

Ich möchte noch ganz kurz auf die Performance der letzten Wochen eingehen: Sie ha­ben selber angesprochen, dass das nicht unbedingt positiv war und dass es, glaube ich, für Irritation gesorgt hat. Was meiner Meinung nach noch viel mehr für Irritation gesorgt hat, ist, wie Sie die Fragen, sowohl im Ö1-„Mittagsjournal“ am Samstag als auch in der „ZIB 2“, beantwortet haben. Auf die Frage, wie Sie denn das alles, nämlich Ihre Refor­men, die Abschaffung der militärischen Landesverteidigung – und nichts anderes wurde in diesem ersten Gespräch gesagt; da sind Sie dann zurückgerudert –, verfassungstech­nisch sehen, haben Sie gesagt: Na ja, ich arbeite nur das Regierungsprogramm ab! – Ich kann Ihnen eines sagen, Frau Ministerin: Die Verfassung steht über Ihrem Regie­rungsprogramm, und das ist wichtig und das müssen Sie auch als Ministerin beachten. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Um zum Schluss zu kommen: Wir sind jederzeit gerne bereit, eine Reform des österrei­chischen Bundesheers anzugehen, eine nachhaltige Reform, bei der wir wirklich die Risi­koanalyse als Basis nehmen und darüber diskutieren, wie die Risikowahrscheinlichkei­ten in der Zukunft sind und wie wir uns dahin gehend bestmöglich aufstellen können. Das machen Sie leider nicht. Das interessiert Sie auch nicht, denn die Show interessiert Sie mehr. Es interessiert Sie die Show, die Sie rund um die Landesverteidigung machen, und nicht das, was nachhaltig zu einer Veränderung führen würde.

Die ÖVP war einmal eine Sicherheitspartei. Ich kann mich noch erinnern, dass Sie das selber in den Neunzigerjahren in Wahlkämpfen teilweise sogar auch plakatiert haben. Diese ÖVP, die wir jetzt haben, diese türkise ÖVP, ist ganz, ganz weit davon entfernt, eine Sicherheitspartei zu sein. Das Einzige, was Sie sind, ist eine Unsicherheitspartei mit einer Unsicherheitsministerin. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der FPÖ so­wie der Abg. Yılmaz.)

10.06

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ofenauer. – Bitte.