11.48

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerin! Ge­schätzter Minister! Geschätzte Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wenn man als Kind in der Gastronomie aufwächst, dann kennt man auch die nicht so schönen Seiten davon: ein Job, der quasi nie endet, viele Arbeitsstunden bis in die Nacht hinein, begleitet von Dauerstress, egal ob in der Küche oder im Service, und der ständige Kontakt zu den Menschen mit dem Anspruch, immer freundlich sein zu müssen. Da haben wir noch nicht über das finanzielle Risiko gespro­chen, das man eingeht, wenn man ein Gasthaus, ein Restaurant, eine Bar oder einen Nachtclub eröffnet oder übernimmt.

Als Kind habe ich mir gedacht, dass man damit doch wenigstens viel verdienen muss. Als ich draufgekommen bin, dass dem nicht so ist, habe ich mich ernsthaft gefragt, wa­rum man sich so etwas antut. Warum macht man so etwas? Und diese Frage habe ich jetzt auch vielen Personen aus der Gastronomie gestellt. Warum tut man sich so etwas an?

Ist es die romantisierte Vorstellung vom eigenen Café oder ist es der Wunsch oder der Druck, den elterlichen Familienbetrieb, der über Generationen Bestand hat, nicht schlie­ßen zu müssen? – Die Antworten sind so vielfältig wie die Lokale selber, die Antworten haben aber immer auch eine Gemeinsamkeit, und zwar den Gestaltungswillen, dass man etwas erschaffen möchte. Dieser Gestaltungswille braucht vor allem eines, und das ist Mut. Hinter unseren Lokalen stehen Personen mit einer großen Portion Mut, mit viel Gestaltungswillen, mit viel Leidenschaft und Herzblut, Personen, die die Türen für uns öffnen, die aus einem Raum ein Zuhause auf Zeit für die Gäste – für uns – schaffen.

Der Schritt in die Selbstständigkeit ist kein einfacher. Es war vor der Coronakrise nicht einfach in der Gastronomie, und jetzt durch die Verschärfung aufgrund der Krise ist es das erst recht nicht. Es sind aber Menschen, die Träume haben, und an diesen Träumen können wir teilhaben. Damit dieser Traum kein finanzieller Albtraum wird, haben wir Maßnahmen geschaffen, und jetzt folgen weitere, wie die Umsatzsteuersenkung – aber nicht nur für das Gastgewerbe, sondern auch für den Bereich Kunst und Kultur. Wir dür­fen nämlich nicht vergessen, dass auch sie ein wichtiger Teil der touristischen Wert­schöpfung sind. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) Kunst und Kultur sind, abgese­hen davon, dass sie wie die Luft sind, die wir zum Atmen brauchen, auch der Grund, warum Leute zu uns nach Wien, nach Bregenz, nach Salzburg kommen, und da spreche ich nicht nur von der Hochkultur.

Weitere wichtige Maßnahmen werden abseits der Umsatzsteuersenkung folgen: die Er­weiterung beziehungsweise Verlängerung der Fixkostenzuschüsse, die gerade für die Nachtgastronomie wichtig ist, der Verlustrücktrag, mit dem heuer erlittene Verluste mit den Gewinnen von 2019 und 2018 gegengerechnet werden können, was somit zur finan­ziellen Entlastung führen wird, das automatisierte Kreditmoratorium mit der Stundung der Kreditrückzahlungen und die degressive Abschreibung, die vor allem die Steuerlast in der Anfangsphase einer Investition verringern wird.

Diese Maßnahmen sind wichtig, und es ist gut, dass wir sie getroffen haben, denn hätten wir das nicht getan, würden viele Lokale, viele Hotels zusperren und viele Arbeitsplätze wären langfristig dahin. Wir wissen, dass der Tourismus einer der größten Arbeitgeber ist, und darum ist es gut, dass wir diese Maßnahmen getroffen haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Nach der Krise werden wir uns darüber unterhalten müssen, wie wir den Tourismus ohne Abhängigkeit auf sichere Beine stellen können. Wir werden über die Stärkung der Ei­genkapitalquote sprechen müssen. Wir haben jetzt gesehen, wie fragil das ganze Gebil­de ist, und wir müssen schauen, dass wir Stabilität in den Tourismus bekommen, und zwar so, dass die Natur nicht darunter leidet, dass die Bevölkerung davon profitiert und wir eine Wertschöpfung erzielen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind immer noch mitten in der Coronakrise, auch wenn es sich jetzt anders anfühlt. Sie ist noch nicht vorbei. Wir erleben auch eine schwe­re Rezession, im Übrigen nicht wegen des Lockdowns, sondern wegen der weltweiten Pandemie. Darum ist es auch für die besonders schwer betroffenen Branchen gut, dass wir die Maßnahmen getroffen haben.

Ganz kurz noch, damit wir dieses Thema auch erledigt haben: Zum immer wieder ange­priesenen Gutschein der FPÖ muss man ganz klar sagen: Mit dem Gießkannenprinzip drüberzugehen, ist sozial einfach ungerecht (Zwischenruf des Abg. Keck), weil die Nied­rigverdienenden dafür immer mehr werden zahlen müssen. Warum beispielsweise eine Heidi Horten einen Urlaubsgutschein braucht, ist unverständlich! (Neuerlicher Zwischen­ruf des Abg. Keck.)

An dieser Stelle möchte ich noch festhalten, dass ich gerade jetzt froh über unser So­zialsystem, über unseren Sozialstaat bin, denn ohne ihn würden wir jetzt ganz anders da­stehen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Rendi-Wagner: Ohne die SPÖ ... So­zialstaat ...!)

11.54

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer. – Bitte.