11.54

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen! Liebe Zu­seher! Fangen wir mit dem Positiven an: Ja, endlich passiert auch etwas im Tourismus und in der Gastronomie. Es war höchst an der Zeit, und wir NEOS begrüßen das natür­lich ganz ausdrücklich. Wir fordern es ja auch schon seit Wochen.

Natürlich bleibt aber immer wieder die Frage übrig – wie bis jetzt bei fast jedem Hilfs­paket –: Warum erst jetzt? Warum schon wieder so kompliziert? Kommt es denn auch wirklich an, wird es denn auch wirklich helfen? – Abgesehen vom Schneckentempo ist es halt auch da wieder so, dass wir in diesem Paket sehr viele inhaltliche Schwachpunkte sehen.

Was meine ich damit genau? – Es ist ja schon ein paar Mal angesprochen worden, dass diese geplanten Mehrwertsteuersenkungen in Brüssel erst abgesegnet werden müssen. Das ist noch nicht passiert, und es gibt sehr viele Expertinnen und Experten, die sagen, das könnte durchaus schwierig werden. Wir hoffen alle, dass es durchgeht, aber selbst wenn es durchgeht, geht es ja immer noch darum, dass dem Paket dann am 2. Juli im Bundesrat zugestimmt wird und das Gesetz rückwirkend in Kraft tritt.

Was heißt das? – Das heißt, es geht mit 1. Juli los. Wie gehe ich dann damit um? Wann stelle ich meine Kassen um? Ab dem 1. Juli, ab dem 2. Juli? Was ist mit einer Steuer zu tun, die rückwirkend zu Unrecht eingenommen wurde? – Es wurden ja offenbar nicht alle befreundeten Gastronomen vorinformiert, dass das kommt. Herr Matznetter hat ja schon ausgeführt, dass es da bereits ab 14. Juni in manchen befreundeten Gastronomiebetrie­ben durchaus schon eine Vorinformation gegeben hat. (Abg. Hanger: Geh, Frau Dop­pelbauer, das ist Ihrer nicht würdig! Normalerweise argumentieren Sie wesentlich se­riöser! – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Ich würde mir da ein bisschen mehr Klarheit für die Betriebe wünschen, denn die Be­triebe – das weißt du auch (in Richtung Abg. Hanger) – müssen jetzt sehr schnell umstel­len, und was ihnen fehlt, ist natürlich die Sicherheit. Sie wissen nicht, was hier genau kommt und wie das genau geht, und darum würde es uns doch eigentlich gehen.

Was auch passiert oder passieren kann – auch das ist schon ausgeführt worden –: Was ist, wenn die EU nicht zustimmt? Was ist, wenn die Kommission wirklich sagt: Nein, das geht sich so nicht aus!? – Ich höre es schon richtig, dann wird es wieder heißen: Oje, die böse EU hat da wieder etwas falsch gemacht!, und dann kann man wieder ein schönes EU-Bashing betreiben. Die Wahrheit ist natürlich, wie ganz oft: Man muss sich das na­türlich vorher ausmachen und muss vorher Klarheit schaffen. Das wurde aber leider ver­schlafen, das haben Sie verschlafen.

Man muss aber auch sagen, Gott sei Dank sind Sie bei einem Punkt aufgewacht. Dieser Punkt ist die Logis, denn dass im Tourismuspaket bis jetzt die Logis nicht drinnen war, dass also – bis vor ganz Kurzem, wir haben es ja gerade erst gehört, dass das jetzt auch drinnen ist – die Übernachtungen ausgenommen waren, war natürlich ein grober Mangel.

Meine Damen und Herren, wir hatten letzten Donnerstag – es ist nicht lange her – den Ausschuss zu diesem Thema, und ich habe den Herrn Bundesminister für Finanzen mehrmals gefragt: Warum ist die Logis ausgenommen? – Seine Antwort darauf war de facto – er hat es anders formuliert –: So halt. – (Erheitert:) Es gab also keine Begründung im Ausschuss. Dann habe ich ihn auch noch gefragt, ob durchgerechnet wurde, wie viel es kosten würde, wenn man die Logis noch mit einberechnen würde. Da war dann die Aussage: Das hat sich das Bundesministerium nie durchgerechnet. – Da frage ich mich natürlich schon: Man hat es nie durchgerechnet, heute kommt es doch, wissen Sie dann, was das budgetär heißt? – Es ist also ein bisschen verworren, obwohl ich gesamtheitlich natürlich sagen muss, ich finde es sehr gut, dass es letztendlich in dieses Paket noch aufgenommen wurde. Deswegen werden wir diesem Antrag heute ja auch gemeinsam zustimmen.

Ganz im Ernst aber: Was man schon wieder sieht, ist, dass da keine Praktiker am Werk sind. Man sieht ganz genau, da wird in letzter Sekunde wieder irgendetwas dazuge­schustert, und die Schwierigkeit ist natürlich schon – das hat ja vor allem auch der Fi­nanzminister in der Vergangenheit durchaus bewiesen –, dass da einiges an Praxis-Know-how fehlt, denn man muss die Dinge zu Ende denken, ansonsten kreiert man Chaos.

Was Hilfe auch bedeuten könnte – und da gab es ja wirklich verschiedene gute, alterna­tive Ansätze aus unterschiedlichen Richtungen –, wäre zum Beispiel die NEOS-Lösung. Wie Sie alle wissen, ist das ist die Freeze-Lösung. Die Freeze-Lösung bedeutet nichts anderes – mein Kollege Schellhorn hat es ja schon ausgeführt –, als Kreditraten, Zins­zahlungen, Steuern für alle Tourismusbetriebe inklusive der Reiseveranstalter mit Stich­tag 1. Juli für 365 Tage auszusetzen. Das wäre eine sehr klare und eine wirklich, wirklich wirksame Hilfe gewesen. Auch Direktzuschüsse müssen natürlich in diesem Haus weiter diskutiert werden, weil wir die auch brauchen.

Wenn wir schon über Dinge reden, die wir auch noch brauchen werden: Es gibt Sachen, über die wir in diesem Haus noch gar nicht reden, und das ist: Was passiert, wenn die gestundeten Steuern oder Mieten fällig sind oder die Kredite zurückbezahlt werden müs­sen? – Dann droht uns eine Megapleitewelle. Das ist nicht nur für die Gastronomie und für die Hotellerie ein Thema, das ist generell für alle Unternehmerinnen und Unternehmer ein Riesenthema und es hat Megaauswirkungen nicht nur auf die Volkswirtschaft, son­dern natürlich auch auf den sozialen Zusammenhalt.

Um das hintanzuhalten, braucht es noch viel mehr, und damit kommen wir zum Thema: Es braucht endlich strukturelle Reformen. Diese strukturellen Reformen – das wissen alle hier in diesem Haus, das wissen alle Wählerinnen und Wähler zu Hause – sind Din­ge, die wir einfach schon seit Jahrzehnten hinausschieben.

Was braucht es? – Es braucht eine deutliche Senkung der Steuern und Abgaben auf den Faktor Arbeit. Wir haben nach wie vor eine der höchsten Abgabenquoten in Europa. Es braucht eine echte Entbürokratisierung. Beginnen wir doch einfach einmal mit der Gewerbeordnung, da wäre es höchst an der Zeit!

Es braucht natürlich noch etwas – und das ist nicht leicht zu sagen –: Es wird wohl un­weigerlich sehr viele Coronainsolvenzen geben, das heißt, es braucht hier in Österreich endlich auch einen Wandel im Umgang mit Geschäftsleuten, deren Unternehmen diese Coronakrise nicht überleben werden, denn bis dato ist das Scheitern in Österreich, das wissen wir alle, bekanntermaßen praktisch verboten. Da ist es in Österreich anders als in den USA: Dort ist man kein Unternehmer, wenn man nicht dreimal irgendwo ge­scheitert ist. In Österreich kriegt man nicht einmal mehr irgendeinen Kredit. Auch das muss man sich anschauen.

Weiters muss man, und das sagen Sie auch selbst, den privaten Konsum ankurbeln, das ist ebenfalls ein ganz wichtiger Punkt. Auch da gibt es sehr viele Möglichkeiten, aber eine ganz wichtige ist, dass endlich die kalte Progression abgeschafft wird. Geschieht das nicht, meine Damen und Herren, dann wird es in den nächsten paar Jahren eine fürchterliche Rechnung geben. Diese wird auf uns zukommen, und wir wissen nicht, ob wir sie auch werden bezahlen können.

Da ich hier schon oft versucht habe, es in eigenen Worten darzulegen, borge ich mir heute einen Spruch von Winston Churchill aus: „Es ist sinnlos zu sagen: Wir tun unser Bestes. Es muss dir gelingen, das zu tun, was erforderlich ist.“ – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

12.01

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste hat sich Frau Bundesministerin Elisabeth Köstin­ger zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.