10.01.38

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin gestern am Abend mit ein paar Favoritnerinnen und Favorit­nern zusammengesessen, und ich kann Ihnen sagen, die sind wirklich stinkert. Die sind stinkert über das, was im Bezirk abgeht; die sind stinkert, weil sie so wie auch wir nicht tolerieren wollen, dass Konflikte mit Gewalt auf der Straße ausgetragen werden; aber noch viel stinkerter sind sie, weil die Bundespolitik total versagt, weil die Sicherheitspoli­tik, die Innenpolitik total versagt, dieses Problem auch wirklich zu lösen, und weil – ganz im Gegenteil – ÖVP und FPÖ jetzt hergehen, sich da auf dem Rücken der Favoritnerin­nen und Favoritner ein Match liefern, um dieselbe WählerInnenschicht buhlen und ihnen dabei vollkommen egal ist, was vor Ort eigentlich wirklich passiert. Deswegen sind sie in der Tat stinkert, und ich kann sie verstehen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Ich kann sie verstehen – und auch mich regt das auf –, weil Leute ihr eigenes Unvermö­gen damit zudecken wollen, indem Sie jetzt schreien: Haltet den Dieb!, aber in Wirklich­keit selber nichts zusammenbringen. (Abg. Kickl: Sie haben uns diese ganze Suppe eingebrockt!) – Zu Ihnen komme ich noch! – Das ist keine Politik, die auch nur ansatz­weise glaubwürdig ist. Und wer wirklich glaubt – um an meinen Vorredner anzuschlie­ßen –, dass man organsierte und orchestrierte, aus dem Ausland ferngesteuerte Rechts­extremisten mit Sozialarbeit und Integrationsmaßnahmen auf Bezirksebene in den Griff kriegt, ist entweder blauäugig oder türkis gebrainwasht. – Nicht böse sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Was es im Gegenteil braucht, wäre zum Beispiel ein BVT, das in der Lage ist, vorher zu erkennen, was sich da zusammenbraut. (Ruf bei der SPÖ: Genau!) Das BVT hat die FPÖ aber ins internationale Abseits gebombt, und die ÖVP hat zugeschaut, weil ihr par­teipolitische Interessen wichtiger gewesen sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Was es braucht, ist ein effektiver Einsatz gegen Rechtsextremismus – es ist vollkommen wurscht, ob der hausgemacht oder importiert ist (Abg. Belakowitsch: Das ist nicht wurscht!) –, und gegen jede Bewegung, die antisemitisch, die fremdenfeindlich, die ras­sistisch oder auch frauenfeindlich ist, muss vorgegangen werden; und Frauenfeindlich­keit spielt in dieser Auseinandersetzung eine ganz, ganz große Rolle. Was es zum Bei­spiel endlich braucht, ist eine gescheit funktionierende Dokumentationsstelle.

Was es auch noch braucht – das ist ganz, ganz wichtig –, ist eine gut ausgestattete und auch personell dementsprechend besetzte Polizei. Ich möchte den Vergleich mit Linz strapazieren: Favoriten hat mehr EinwohnerInnen als Linz – 207 000 um genau zu sein ‑, aber Linz hat doppelt so viele Polizisten wie Favoriten. Wir haben 306 und fordern seit Jahren 500 Polizisten plus Polizeihunde, weil wir sie einfach brauchen. Man weiß es, und es passiert nichts, gar nichts. Seit Jahren werden wir hingehalten. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Was es braucht, ist zum Beispiel, dass das Bundesweite Netzwerk Extremismuspräven­tion und Deradikalisierung auch wirklich tagt. Da würden gute Maßnahmen, gute Ideen auf dem Tisch liegen, aber sie werden einfach nicht umgesetzt. Es passiert nichts. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Wenn zum Beispiel Herr Mahrer das Wort Bildung in den Mund nimmt und sagt, dass Bildung so wichtig ist – ja, ist sie! –, dann ziehe ich noch einmal den Vergleich zu Linz – wie gesagt, Favoriten hat mehr EinwohnerInnen als Linz –: Linz hat zwölf öffentliche AHS, wir haben drei. Linz hat neun berufsbildende mittlere und höhere Schulen, wir ha­ben vier. Sie hungern die Vorstadt aus und schreien dann: Um Himmels willen, was ist da los? – Geben Sie doch den jungen Menschen endlich Perspektiven und Möglichkei­ten, sich auch dementsprechend zu entfalten und ihren eigenen Lebensweg zu gehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Favoriten ist ein ganz wunderbarer Bezirk. Ich lebe dort seit vielen, vielen Jahrzehnten. Favoriten – und das muss man auch sagen – hat ausgesprochen relaxte, coole und tole­rante BezirksbürgerInnen. (Ruf bei der FPÖ: Nicht alle!) Wir waren historisch gesehen seit jeher ein Schmelztiegel. Victor Adler und die Ziegelböhmen sind nur ein Garant da­für. Favoriten ist eben größer als Linz und braucht auch einen dementsprechenden Back-up vom Bund. Es geht nicht, dass wir alle Probleme alleine stemmen, das schaffen wir einfach nicht. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Favoriten ist ein liebens- und le­benswerter Bezirk. Ich möchte auch ganz besonders Bezirksvorsteher Marcus Franz herausstreichen, der sich unglaublich bemüht, der ganz nahe bei den Menschen ist, der eine wunderbare Persönlichkeit ist und der die Probleme aller Favoritnerinnen und Favoritner ernst nimmt. Es wird aber nicht möglich sein, in einem Bezirk in Wien alle Probleme zu lösen, wenn der Bund auslässt.

Es braucht mehr Polizisten und keine Ponyhofexperimente, es braucht mehr Schulen, es braucht mehr an Finanzen, an Möglichkeiten. Ich würde wirklich darum ersuchen, dass man dieses Thema, meinen Heimatbezirk nicht dazu hernimmt, politisches Klein­geld zu wechseln (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. El-Nagashi), sondern wirklich endlich eine Sicherheitspolitik, eine Integrationspolitik und eine Innenpolitik macht, mit der man vor Ort in der Vorstadt etwas anfangen kann. – Danke sehr. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. El-Nagashi.)

10.06

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.