11.46

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­ter Köstinger! Frau Bundesminister Schramböck! Herr Bundesminister für Finanzen! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Da Kollege Brandstätter noch nicht geredet hat, machen wir einen etwas genaueren zeit­geschichtlichen Exkurs, damit die Millennials auch mitmachen können.

Wer erinnert sich noch an den berühmten Hary Raithofer? (Einige Abgeordnete heben die Hand.) – Ja, das sind einige. Er war vor 25 Jahren, Mitte der Neunzigerjahre, Redak­teur und Moderator beim ORF-Sender Hitradio Ö3. Seine erste Sendung war „Der Plei­ten-, Pech- und Pannendienst“, eine sehr erfolgreiche Sendung, bei der Menschen, de­nen ein Malheur passiert ist, anrufen konnten und Hilfe bekommen haben. Ö3 bringt das noch als Sondersendung einmal im Jahr zu Weihnachten, nur: Angesichts unserer Bun­desregierung können wir mit dem Pleiten-, Pech- und Pannendienst nicht bis Weihnach­ten warten, nein, wir müssen diesen Teil der Sendung hier machen, und daher können wir diese beliebte Serie heute fortsetzen.

Wie immer nach dem Intro gibt es einmal einen kurzen Rückblick, was bisher geschah. Das begann schon Mitte März, am 14., 15. März, als man just jenes Gesetz, das die zum Überleben unserer Betriebe notwendige Sicherheit gewährleistet hätte, das Epidemie­gesetz, hinsichtlich der Verdienstentgangsentschädigung außer Kraft gesetzt hat, weil es angeblich so alt war. Es folgte dann kontinuierlich eine Reihe von Pleiten, Pech und den Pannendienst erfordernden Dingen.

Ich darf erinnern: Kollege Krainer hat festgestellt, dass die Ermächtigung betreffend 38 Milliarden Euro in der Vorlage von Finanzminister Blümel für ein Konto gilt, das im gesamten Ziegel des österreichischen Bundesbudgets gar nicht existiert. Es war auch Kollege Krainer, der dem Herrn Finanzminister geholfen hat, in letzter Sekunde, nach der zweiten Lesung, gemäß § 74 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Irrtum zu beheben, weil dieser sonst statt 102 Milliarden Euro plötzlich nur 102 000 Euro Budget für die Maß­nahmen für heuer festgesetzt hätte.

Und es ging ja weiter: Martin Ho, ein Freund des Herrn Bundeskanzlers, verrechnet in seinem Lokal, kam man drauf, die 5 Prozent, wie man auf den Belegen sieht, bereits seit Mitte Juni.

Das war die letzte Folge der Serie, und heute setzen wir sie fort: Jetzt stellen Einperso­nenunternehmerinnen und -unternehmer Anträge beim Härtefallfonds zwei. Und was be­kommt jemand von dort zur Antwort? – Das Vergleichseinkommen, mit dem nämlich be­rechnet wird, wie hoch der Entfall war, wird von der Wirtschaftskammer Wien mit einer Umsatzrentabilität von 477,68 Prozent vorgerechnet. Alle, die einmal Betriebswirtschafts­lehre gelernt haben, Umsatzrentabilität und so weiter, werden sich denken: Diese Dame muss super sein! (Abg. Vogl: Die Wirtschaft läuft!) Bei einem ihrer Kollegen, der den Antrag am 28.5. gestellt hat, geht es noch weiter: Bei ihm beträgt die Umsatzrentabilität 550,98 Prozent. – Ein Wahnsinn, was die schaffen! Das muss man sich vorstellen, meine Damen und Herren: Das heißt, es wird ihnen vorgerechnet, dass sie bei einem Umsatz von zum Beispiel 20 000 Euro einen Gewinn vom Fünffachen – von 100 000 Eu­ro – machen. – Das kommt ja schon den Rechenleistungen unseres Finanzministers na­he! Das sind tolle Unternehmer. Blöderweise kriegen sie aber mit dieser Berechnung statt der ihnen zustehenden Förderung nur 500 Euro.

Algebra ist etwas Schwieriges, Herr Mag. Blümel, doch auch wenn man ein Studium an der Philosophischen Fakultät abgeschlossen hat – was wir beide übrigens teilen –, ist es nicht notwendig, dass man falsch rechnet. (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.) Ich darf auch in diesem Fall helfen: Die Antragsteller haben sich natürlich beschwert, und daraufhin schreibt die Wirtschaftskammer Wien, man müsse den Fehler, die Ursa­che, warum das Komma verrutscht sei, erst finden. Leider sei das aber kein Einzelfall, schreibt die Wirtschaftskammer von der E-Mail-Adresse haertefall-fonds@wkw.at; auf weitere Vorlage dieses Punktes, heißt es, man müsse sich mit dem Finanzamt in Verbin­dung setzen. – Offensichtlich ist also die Wirtschaftskammer der Meinung, dass das Nicht-rechnen-Können in Ihren Zuständigkeitsbereich hineinfällt, Herr Mag. Blümel – wieder geht es um das Nicht-rechnen-Können.

Meine Bitte ist – und ich stelle dazu heute eine parlamentarische Anfrage –: Stellen Sie fest, wie viele Tausende da zum x-ten Mal wegen Nicht-rechnen-Könnens Ihrerseits und seitens Ihrer Behörde um ihren Anspruch aus den Härtefallfonds zwei umgefallen sind! Es ist wirklich nicht notwendig, dass wir die Serie „Pleiten-, Pech- und Pannendienst“ fortsetzen. Machen Sie anständige Arbeit, dann würden solche Sachen nicht passieren! (Beifall bei der SPÖ.)

11.52

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alexander Melchior. – Bitte.