16.06

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzten Wochen und Monate in Zeiten von Covid haben Schule, Pädagogik, Didaktik wieder in den Fokus rücken lassen. Jede Familie, jedes Elternteil kann eine Geschichte erzählen: von unterschiedlichen Zugängen, unter­schiedlichen Konzepten von E-Learning. So mancher kann auch von den Schwierig­keiten damit und von den Herausforderungen erzählen. Einige waren versierter, andere haben noch Aufholbedarf.

Eines ist jedenfalls klar: Die Digitalisierung wird uns noch länger begleiten, sie wird aus der Schule nicht verschwinden – schauen wir nach Oberösterreich! –; ich bin aber auch zutiefst davon überzeugt, dass digitale Unterrichtskonzepte herkömmliches Unterrichten sehr gut verstärken und begleiten können, weil man mit digitalen Werkzeugen sehr indi­viduell auf das einzelne Kind eingehen kann.

Eine Frage stellt sich zusätzlich noch: Wie schaffen wir es, mit digitalen, aber auch mit traditionellen Methoden des Unterrichtens, junge Menschen zu selbstreflektierten, selbstständigen Menschen zu erziehen? Wie schaffen wir es, in ihnen die Kreativität und die Neugier zu wecken, sie beim Denken lernen zu unterstützen und anzuleiten? Dieses Denken lernen ist eine der ganz zentralen Kompetenzen neben Schreiben, Rechnen und Lesen. Denken zu lernen, Zusammenhänge zu erfassen, interdisziplinär zu arbeiten und Lösungen für Problemstellungen zu erarbeiten: Diese Fragen sind es, die wir an die pä­dagogischen Hochschulen richten müssen, denn es sind sie, die gemeinsam im Verbund mit den Universitäten unsere Pädagoginnen und Pädagogen aus- und weiterbilden.

Die Fragen sind viele, die Breite ist enorm. Wir brauchen dafür starke, eigenverantwortli­che pädagogische Hochschulen. Was mit Eigenverantwortung, mit Autonomie, gelingen kann – das darf ich als ehemalige Rektorin schon sagen – ist mit der Universitätsauto­nomie gelungen, nämlich die Universitäten durch die Eigenverantwortung massiv in der Qualität von Forschung und Lehre zu stärken, mit allen Konsequenzen für die Leistungen oder für das, was halt nicht geleistet wird, geradezustehen, und das wünsche ich mir auch für die pädagogischen Hochschulen.

Das vorliegende Gesetz stärkt unsere pädagogischen Hochschulen allerdings nicht, ganz im Gegenteil: Erste Schritte der Autonomie werden zurückgenommen, ganz augen­scheinlich wird das bei den Aufgaben des Hochschulrates. Ihm wird jegliche Beschluss­fassungskompetenz entzogen; Stellungnahmemöglichkeiten heißt es jetzt im neuen Vor­schlag. Er wäre aber ein Aufsichtsorgan gewesen, und alle zentralen Entscheidungen sind dem Hochschulrat entzogen. Alle zentralen Entscheidungen bis hin zur RektorIn­nenbestellung und -wiederbestellung und so weiter sind in den Händen des Ministers.

Wie das ausschaut und was das in letzter Konsequenz heißt, hat meine Vorrednerin Frau Künsberg Sarre schon ausgeführt. Einen Vorgeschmack können wir bekommen, wenn wir nach Oberösterreich schauen. Ein vom Ministerium bestelltes Onlinestudium ist dort vor Kurzem vorgestellt worden – vorbei an der Vizerektorin für Lehre, vorbei am Kollegium, am Hochschulrat, am Qualitätssicherungsrat und vor allem vorbei an den Be­dürfnissen der zukünftigen SchülerInnen und PädagogInnen.

Wenn wir eine Pädagogik wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, die die im Schulorgani­sationsgesetz beschriebenen Aufgaben der österreichischen Schule erfüllt und junge Menschen – ich zitiere – „zu selbständigem Urteil“ und „sozialem Verständnis“ befähigt, sie weiters befähigt, „am Wirtschafts- und Kulturleben Österreichs, Europas und der Welt Anteil zu nehmen und in Freiheits- und Friedensliebe an den gemeinsamen Aufgaben der Menschheit mitzuwirken“, wenn das das Ziel ist, dann müssen wir die pädagogischen Hochschulen stärken und auf wahre Autonomie setzen. Leistung resultiert nämlich aus Verantwortung und aus Motivation. (Beifall bei der SPÖ.)

Für mich als Ministerin wäre es undenkbar gewesen, Pädagogik zu bestellen. Mein An­spruch als Ministerin an die Verbünde in der PädagogInnenbildung Neu war es immer, von ihnen die Ideen zu bekommen, die besseren Konzepte für moderne, zukunftswei­sende Pädagogik, basierend auf Fakten, auf Forschungsergebnissen und auf interna­tionalen Best-Practice-Modellen. Sie zu Höchstleistungen durch Eigenverantwortung in Forschung und Lehre anzuspornen war mein Ziel, und nicht, sie an die Kandare zu neh­men und faktisch zu entmündigen. Das ist das, was jetzt passiert. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

16.11

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Faß­mann. – Bitte.