12.57
Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es liegen zwei Anträge unserer Oppositionskollegen der SPÖ und der FPÖ vor. Obwohl sich die FPÖ zum Thema Pflege immer konstruktiv einbringt, können wir einer Bundespflegegenossenschaft leider nicht zustimmen.
Zum einen sind wir in Österreich, sodass eine Verstaatlichung von Leistungen in der Regel mehr Intransparenz und Ineffizienz bringt – und das zulasten der Bevölkerung. Zum anderen werden wir den Mangel an Pflegekräften und 24-Stunden-Betreuungskräften wohl kaum mit einer Bundespflegegenossenschaft beenden. Uns schwebt hier vielmehr eine Aufwertung des Pflegeberufs und eine Ermöglichung der Selbstständigkeit vor.
Der SPÖ-Antrag ist aus unserer Sicht interessanter. Zwar ist es noch immer kein konkretes Pflegekonzept, der SPÖ-Antrag zeigt aber auf, dass Pflege nicht nur für körperliche Unzulänglichkeiten relevant sein kann. So wird die sehr betreuungsintensive Demenz derzeit nicht in Pflegestufen berücksichtigt – zum Leidwesen der Betroffenen und Angehörigen. Obwohl wir seit zwei Jahren ein umfassendes Pflegekonzept fordern, werden wir diesem kleinen Teil einer Pflegereform zustimmen. Zum Leidwesen der Betroffenen lässt die Pflegereform des Gesundheitsministeriums durch die Coronakrise ja immer noch auf sich warten.
Ein besonderes Anliegen im Bereich der Pflege ist uns NEOS die selbstständige niedergelassene Pflege. Immer wieder wird vergessen, dass Therapeuten, Apotheker und die Pflege einen großen Teil der niedergelassenen Versorgung übernehmen. Die Pflege schaut bei der Vergütung aber fast komplett durch die Finger. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)
In Zeiten des Ärztemangels im niedergelassenen Bereich könnte man sehr viel über eine flächendeckende Pflege mit diplomierten Personal im niedergelassenen Bereich kompensieren. Was aber immer noch fehlt, ist ein Leistungsabrechnungskatalog der Pflege mit der Sozialversicherung. International spricht man von Practicenurses, deren primäre Aufgabe die Unterstützung der Allgemeinmedizin ist. Unterschiedliche Tätigkeitsbereiche werden der Primärversorgungspflege zugeordnet: Wundmanagement, Management von Patienten mit chronischen Erkrankungen, mit Diabetes mellitus, mit Asthma bronchiale, Inkontinenzmanagement, Management von Patienten mit rheumatoider Arthritis, Management von Patienten mit Parkinsonsyndrom, Risikofaktorenmanagement von Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen, HIV-/Aids-Management, Management von Patienten mit Hauterkrankungen und gastrointestinalen Beschwerden, mit malignen Erkrankungen und Strahlentherapie, Untersuchung und Beratung von Personen mit allgemeinen und akuten nicht kritischen Gesundheitsbeschwerden, PatientInnenerstkontakt und weiterführende Betreuung, Erstkontakt bei Personen mit dringlichem Konsultationswunsch, Alkoholberatung, HIV-Screening und Koloskopiescreening.
Es gibt international genügend Beispiele, wie die Pflege im niedergelassenen Bereich zum Wohle der betroffenen Patienten übernommen werden könnte, was dazu fehlt, ist der Abrechnungskatalog.
Ich bringe daher folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abrechnungskatalog für die Primärversorgungspflege mit der Sozialversicherung“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, anhand von internationalen best-practice-Beispielen den Tätigkeitsbereich der Primärversorgungspflege zu definieren, einen Abrechnungskatalog für die Primärversorgungspflege mit der Sozialversicherung voranzutreiben und dafür ist ein Finanzierungsmodell von Bund und Ländern zu hinterlegen.“
*****
Danke. (Beifall bei den NEOS.)
13.01
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Fiona Fiedler, Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Abrechnungskatalog für die Primärversorgungspflege mit der Sozialversicherung
eingebracht im Zuge der Debatte in der 45. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 647/A(E) der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pflegegeld-Einstufung von Demenzerkrankten (264 d.B.) - TOP 12
Mit der Etablierung der Primärversorgungszentren und -netzwerke (Gesundheitsreform 2013) wurde die Pflege in der niedergelassenen medizinischen Versorgung deutlich aufgewertet. Was jedoch immer noch fehlt ist ein Abrechnungskatalog mit der Krankenversicherung, wie es diesen in ärztlicher Versorgung bereits gibt. Durch den fehlenden Abrechnungskatalog wird nicht nur die Etablierung der Pflege in der Primärversorgung erheblich erschwert, sondern auch die Verbreitung der selbständigen, niedergelassenen Pflege. Gerade in Zeiten eines Mangels an niedergelassenen Ärzten macht es deshalb Sinn darüber nachzudenken, welche nicht klassisch pflegerischen Leistungen die niedergelassene Pflege im niedergelassenen Bereich übernehmen könnte. Die Meduni Graz hat sich diesbezüglich die Mühe gemacht, das Leistungsspektrum der Primärversorgungspflege im internationalen Umfeld zusammenzutragen. Der Umfang der durch Pflegekräfte übernommenen Tätigkeiten in der Primärversorgung ist dabei international sehr groß. Das Leistungsspektrum umfasst so einfache Leistungen bis hin zu umfassendem Management, inklusive Diagnostik, Therapie, Patientenschulungen und Beratungen. International spricht man hierbei von „Practice Nurses“, deren primäre Aufgabe in der Unterstützung des Allgemeinmediziners liegt, und andererseits die „Advanced Nurse Practitioners“, die auf der Grundlage einer vertieften Ausbildung einen erweiterten Kompetenzbereich haben. Diese sind mitunter auch in Hausarzt substituierender Position tätig.
Die Ergebnisse aus den Übersichtsarbeiten konnten insgesamt 17 unterschiedliche Tätigkeitsbereiche der Primärversorgungspflege zuordnen:
• Management von Patient_innen mit chronischen Erkrankungen
• Management von Patient_innen mit Diabetes mellitus
• Management von Patient_innen mit Asthma bronchiale
• Inkontinenzmanagement
• Management von Patient_innen mit rheumatoider Arthritis
• Management von Patient_innen mit Parkinson-Syndrom
• Risikofaktorenmanagement von Patient_innen mit kardiovaskulären Erkrankungen
• HIV-/AIDS-Management
• Wundmanagement
• Management von Patient_innen mit Hauterkrankungen
• Management von Patient_innen mit gastrointestinalen Beschwerden
• Management von Patient_innen mit malignen Erkrankungen und Strahlentherapie
• Untersuchung und Beratung von Personen mit allgemeinen und akuten, nicht-kritischen Gesundheitsbeschwerden
• Patient_innenerstkontakt und weiterführende Betreuung
• Erstkontakt bei Personen mit dringlichem Konsultationswunsch
• Alkoholberatung
• HIV-Screening
• Koloskopie-Screening
Quelle: https://pflegewissenschaft.medunigraz.at/forschung/pflegefachkraefte-in-der-hausarztpraxis/
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, anhand von internationalen best-practice-Beispielen den Tätigkeitsbereich der Primärversorgungspflege zu definieren, einen Abrechnungskatalog für die Primärversorgungspflege mit der Sozialversicherung voranzutreiben und dafür ist ein Finanzierungsmodell von Bund und Ländern zu hinterlegen."
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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordneter Christian Ries. – Bitte, Herr Abgeordneter.