16.02

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Ministerin, ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört. Es war ein schönes Bekenntnis, es waren schöne Ankündigungen, es gibt wieder einmal eine Taskforce, die alles richten soll. Eigentlich könnte man glauben – auch wenn ich die Ausführungen der Frau Kollegin Kaufmann mitnehme –, alles ist in Ordnung, alles fein, alles kein Problem. (Abg. Matznetter: Wie bei Ischgl!)

Kollege Zorba hat ein bisschen anders geklungen – das rechne ich ihm auch hoch an –, und ein bisschen anders klingen auch die zahlreichen Expertinnen, Experten, ob es Hoch­schulprofessoren sind, ob es die OECD ist, ob es Wirtschaftsforscher sind, die uns in Bezug auf das Thema Jugendarbeitslosigkeit und davor, was da auf uns zukommt, ein­dringlich warnen.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache, und ich wiederhole sie nochmals: Die Johannes-Kepler-Universität geht davon aus, dass die Zahl der Neet, also jener Jugendlichen, die nicht in Ausbildung, in der Schule, in Arbeit oder Schulung sind, aufgrund der Corona­krise in diesem Jahr auf 93 000 steigen wird. Wir wissen von Experten auch – und diese Zahl ist heute auch schon sehr oft genannt worden –, dass im Herbst wahrscheinlich 8 000 Lehrstellen fehlen werden. Das Problem – das ich vernommen habe, als ich Ihnen zugehört und Ihren Ausführungen gelauscht habe – ist nicht das fehlende Wissen darum, es fehlt das Wollen, die Situation zu erkennen, ihr ins Auge zu sehen und wirklich ganz konkret und schnell zu handeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt noch ein Problem: Es ist das fehlende Gefühl dafür, was es für einen Jugend­lichen heißt, wenn man im Moment keine Perspektive hat, wenn einem kein Betrieb eine Lehrstelle anbietet, wenn keine Lehrerin, kein Lehrer sagt: Hey, du hast Talent, geh weiter in die Schule, ich motiviere dich dazu, du hast das Potenzial!, wenn sich nach der Schule kein Arbeitsplatz findet, wenn man gerade gekündigt wurde – so wie 20 700 junge Menschen in der Coronazeit – und wenn vielleicht kein Elternhaus da ist, das die Möglichkeit hat, einem finanziell unter die Arme zu greifen.

Der Ökonom Markus Marterbauer hat es gut ausgeführt und auf den Punkt gebracht: Die Jugendarbeitslosigkeit könnte eigentlich null sein, weil es für Jugendliche immer die Alternative Ausbildung gibt. Mir ist schon klar, Jobs werden nicht so einfach geschaffen, Konjunkturpakete müssen wirken, und selbst dann ist es nicht sicher, dass die Unter­nehmen, die Betriebe neue Arbeitsplätze rasch entstehen lassen können; aber die Bun­desregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann im Zusammenhang mit dem Thema Bildung handeln, kann beispielsweise Ausbildungsplätze, Plätze an Schulen, Plätze an Fachhochschulen schaffen. Es geht lediglich um die Finanzierung und die Logistik dahinter, das auch entsprechend aufzustellen.

Die Jugendarbeitslosigkeit hat sich in den letzten Wochen verdoppelt. Ich bin daher hergegangen und habe die Pressekonferenzen – die Festspiele der Bundesregierung – der letzten Wochen und Monate gegoogelt und geschaut, wie oft ich Herrn Faßmann im Kontext Jugend, duale Ausbildung, Lehre finde. – Nicht sehr häufig. Er hat sich ein einziges Mal zum Thema Lehre mit Matura geäußert, das war vor Coronazeiten, aber in Coronazeiten habe ich kein einziges Wort von ihm gehört, außer damals, als er die Berufsschüler, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, in ihre Betriebe geschickt hat, damit sie dort arbeiten können. – Das war es. Es gab keine Idee, keine Vision des Bil­dungsministers, um da Alternativen zu schaffen.

Ich frage ihn hier: Wo ist die Möglichkeit, ein weiteres Jahr die polytechnische Schule zu besuchen, um das aufzuholen, was während des Homeschoolings verpasst wurde? Das wäre nämlich eine Möglichkeit. Wo sind die Maßnahmen, um Schulabbrüchen entgegenzuwirken? Wo sind die Coachingmaßnahmen, die Unterstützungsmaßnahmen in der Schule? Der junge Mensch soll ja gar nicht erst aus dem Schulsystem rausfallen. Wo sind diese Maßnahmen? Wo ist die Ausweitung der Plätze an Fachhochschulen, um junge Menschen, die maturiert haben, zu motivieren, weiter in Bildung zu investieren und sich in eine Fachhochschul- oder Universitätskarriere zu begeben? Wo ist das Bekennt­nis zur Aufstockung bei der überbetrieblichen Ausbildung? Wo ist auch das Bekenntnis zur Erweiterung des Angebots der Produktionsschulen? Waren Sie schon einmal in einer Produktionsschule? Das ist eine ganz wichtige niederschwellige Maßnahme, um junge Menschen in Ausbildung zu halten. Wo ist die Aufstockung bei Lehrstellen in staatlichen Institutionen und Betrieben? – Das ist leicht zu schaffen, das wurde uns heute schon mehrfach demonstriert.

Wo ist das Interesse, liebe Regierungsmitglieder – nämlich das ehrliche Interesse! –, diesen jungen Menschen Zuversicht zu geben, die Zuversicht, dass es einen Platz für sie gibt, dass sie wertvoller Teil dieser Gesellschaft sind, dass sie keine Angst haben müssen, dass man sie zurücklassen wird? (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt viele Möglichkeiten da etwas zu tun. Ich wiederhole: Das Problem ist nicht das Wissen um Maßnahmen, sondern das Problem sind das Wollen und das Tun-Wollen. Ein gleiches Muster hatten wir gestern im Zusammenhang mit der Bildungsmilliarde, auch da gab es keine Einsicht. Liebe Regierungsmitglieder, das ist zukunftsvergessen, denn es ist das Teuerste, was wir tun können: nichts tun, nicht investieren und nicht auf unsere jungen Menschen setzen!

Geben Sie sich also einen Ruck! Die jungen Menschen gehören mit allem, was es dazu braucht, rasch in den Mittelpunkt gestellt und deren Belange nicht in eine Taskforce, die uns irgendwann vielleicht irgendetwas präsentieren wird, abgeschoben. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

16.08

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Zarits. – Bitte.