12.11

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Innenminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Yildirim, Sie haben gesagt, im Gewaltschutz geht es um Leben und Tod. – Ja, das tut es! Während wir gestern hier debattiert haben, ist auf orf.at folgende Meldung online gegangen: „Mann soll 29-Jährige schwer verletzt haben“. Im Burgenland hat am vergangenen Wochenende ein Mann einer Frau sehr schwere Stich­verletzungen zugefügt, „die Polizei ermittelt wegen Mordversuchs“. Und erst am 28. Juni, also eine Woche davor, hat ein Mann in Tirol seine Frau getötet, und das war der elfte Frauenmord in Österreich in diesem Jahr.

Ich möchte gerne mit Ihnen gemeinsam einen Moment innehalten, um uns daran zu erinnern: Das sind nicht nur irgendwelche Zahlen, hinter jeder Zahl steht ein Mensch, eine Frau, eine Freundin, eine Partnerin, eine Schwester, eine Enkelin, eine Mutter, eine Tochter.

Jeder dieser Morde fußt auf einem Fundament, das auf Männergewalt, auf Misogynie, auf Sexismus und auf Frauenverachtung aufgebaut ist. Gegen dieses Fundament und gegen die dahinterstehenden Werte, Kolleginnen und Kollegen, müssen wir jenseits von Parteifarben gemeinsam kämpfen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Im Kampf gegen Gewalt an Frauen und Mädchen hat der Europarat ein Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt aus­gearbeitet, nach ihrem Unterzeichnungsort wird es Istanbulkonvention genannt. Sie alle wissen, Österreich hat diese Konvention 2013 ratifiziert. Sie ist vor zwei Jahren von einer unabhängigen ExpertInnengruppe, der sogenannten Grevio-Kommission, hinsichtlich des Umsetzungsstands geprüft worden, und die ExpertInnen haben einige Kritikpunkte herausgefiltert, die gleichsam auch die Versäumnisse der vergangenen Regierungen darstellen.

Was wir jetzt gemacht haben, ist, uns im Regierungsübereinkommen auf die bestmög­liche Umsetzung dieser Istanbulkonvention zu verständigen. Das bedeutet natürlich auch, dass wir Schritt für Schritt für Schritt all jene Kritikpunkte, die von der Grevio-Kom­mission zu Recht vorgebracht worden sind, abarbeiten wollen.

Was heißt das konkret? – Lassen Sie mich konkreter werden: Einiges haben wir schon geschafft. Von wegen Ankündigungspolitik, Kollegin Yildirim: Wir haben zum ersten Mal seit Langem mehr Geld im Frauen- und Gleichstellungsbereich zustande gebracht. Das bedeutet natürlich auch mehr Geld für den Gewaltschutz. Mehr Mittel für den Gewalt­schutz sind wichtig und ganz zentral. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Was haben wir außerdem geschafft? – Wir haben wichtige erste Schritte für ein Gesamt­paket zum Kampf gegen Hass im Netz gemacht. Während wir hier debattieren, läuft ge­rade eine Pressekonferenz der Ministerinnen, um da – wie Frau Ministerin Raab vorhin gesagt hat – die nächsten Schritte vorzustellen. Wir wissen, dass Hass im Netz, Hass und Gewalt im virtuellen Raum ein massives Problem ist. Das kritisieren die ExpertInnen schon seit Langem. Was tun wir? – Wir handeln! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Wir sind also mitten im Abarbeiten dieser Kritikpunkte, und deshalb haben wir im inhaltli­chen Zusammenhang mit Ihrem Antrag, Kollegin Yildirim, gemäß § 27 Abs. 3 einen ei­genen Antrag eingebracht. Ich möchte Sie alle, die Sie hier sitzen, bitten, diesen auch zu unterstützen. Was wollen wir mit diesem Antrag? – Eine Studie soll erheben, ob und warum es im Rahmen von Covid zu einem Anstieg bei Gewalt an Frauen gekommen ist. Auf Basis dieser Daten sollen dann weitere Maßnahmen im Gewaltschutz erarbeitet wer­den. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Warum beschränken wir uns da auf die Covid-Krise? – Ganz einfach: Wir wollen einen Zeitraum haben, der abgegrenzt ist, damit wir schneller Studienergebnisse haben, auf deren Basis wir weiterarbeiten können. Der Innenminister hat gesagt, dass die Studie bereits in Auftrag gegeben worden ist, und erste Ergebnisse sind für August zu erwarten.

Nicht zuletzt geht es auch um die Weiterentwicklung der multiinstitutionalen Hochrisiko­fallkonferenzen. Zentral ist mir dabei die Einbindung von Opferschutzeinrichtungen, ihre Expertise wollen wir nutzen, auf ihre Erfahrungen wollen wir aufbauen. Das ist zentral im Gewaltschutz. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich darf Sie abschließend nochmals um breite Unterstützung unseres Antrags bitten und komme zum Schluss: Ich möchte noch einmal auf etwas hinweisen, so wie ich es schon das letzte Mal getan habe: Gewalt gegen Frauen und Mädchen beginnt auch bei der sprachlichen und bildlichen Darstellung von Frauen. Sexistische Beschimpfungen durch hochrangige Landespolitiker, ein frauenverachtendes Banner in einem Fußballstadion und auch eine wirklich grindigste sexistische Karikatur einer Spitzenpolitikerin in einer Zeitung – Sexismus ist Sexismus und bleibt Sexismus! Dagegen müssen wir alle jenseits von allen Parteifarben hier gemeinsam vorgehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen so­wie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

12.16

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter. – Bitte.