17.18

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundesminister! Das Problem, das gerade angesprochen wurde, gibt es, das ist richtig. Ja, es sind ganz, ganz niedrige Pensionen, die in der Landwirtschaft ausgezahlt werden, aber die Frage, die fehlt und gestellt werden muss, ist: Warum ist das so? – Das liegt an der verfehlten Landwirtschaftspolitik der letzten 20, 30 Jahre. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) Ja.

Deswegen bin ich – ganz im Ernst – auch wirklich dankbar, dass es heute diesen Antrag vom Kollegen von der FPÖ gibt, weil es natürlich darum geht, dass wir uns endlich einmal Gedanken darüber machen müssen, wie es in die Zukunft geht, Gedanken über die Vi­sion der Landwirtschaft: Wohin geht es in den nächsten 20, 30 Jahren? Deshalb fordern wir auch schon seit Langem eine vorausschauende Landwirtschaftspolitik.

Was im Augenblick nämlich passiert, ist eine Abfolge von Ereignissen. Es passiert etwas, und dann gibt es eine politische Reaktion: Schädlingskrise – politische Reaktion; Ex­tremwetterereignisse – Reaktion; Wirtschaftskrise – Reaktion. Der Waldfonds ist ein per­fektes Beispiel: Was am Dienstag hier beschlossen wurde, ist eine Reaktion auf die Krise, es hat nichts mit einer strategischen Ausrichtung der Landwirtschaftspolitik zu tun. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Wöginger: Vor dem Käfer haben wir es auch nicht gebraucht! Das ist ja eine Hausverstandssache!) – Ich könnte jetzt darauf antworten, aber das wäre eine längere Antwort, und so viel Redezeit habe ich leider nicht, Kollege Wöginger.

Aber ganz im Ernst: Was fatal ist, was wirklich fatal ist, ist, dass die Landwirtschaft ein­fach keine Strategie erkennen lässt, und da liegt das Problem einfach in der Politik; denn worum geht es hier? – Es geht hier um viel, viel mehr als um eine volkswirtschaftliche Berechnung in der Landwirtschaftspolitik. Die Landwirtschaft und auch die Forstwirt­schaft sind Schlüsselsektoren, das haben wir ja durchaus auch jetzt in der Krise ge­sehen, und das steht ja eigentlich auch in Ihrem Regierungsprogramm – ich zitiere –: „Übergeordnetes Ziel ist dabei die Versorgung mit hochwertigen Lebensmitteln, der Erhalt einer multifunktionalen, nachhaltigen, wettbewerbsfähigen und flächendeckenden Land- und Forstwirtschaft sowie ein hoher Selbstversorgungsgrad.“

Ja, das stimmt, aber was man sich natürlich schon anschauen muss, ist, dass das im internationalen Wettbewerbsumfeld einfach nicht von selber geht. Wir können und wol­len in Österreich ja dem Druck nicht dahin gehend nachgeben, dass es dann nur mehr die ganz großen Betriebe, die hoch spezialisierten Betriebe gibt – und ganz im Ernst: Selbst wenn die Betriebe in Österreich groß und hoch spezialisiert sind, haben sie ja trotzdem international keine Chance. Um das zu erkennen, braucht man sich gar nicht so weit entfernt umzusehen, man braucht sich nur in Osteuropa umzusehen – oder auch in Kanada, in Brasilien, je nachdem.

Dann kommen auch noch ganz viele neue Herausforderungen auf die Landwirtschaft zu. Da geht es um Tierwohl, um Artenschutz, um Biodiversität, und wir erwarten natürlich von unseren Landwirtinnen und Landwirten, dass das alles auch umgesetzt wird. Wir haben ja Gott sei Dank recht gute Standards in Österreich, aber die Einhaltung dieser Standards kostet eben auch Geld, und das ist der Punkt, an dem man dann darüber nachdenken muss: Wenn hier höhere Standards verlangt werden, dann ist das natürlich im internationalen Wettbewerb ein Nachteil, und dieser Nachteil muss abgegolten wer­den, in diesem Fall eben von der Gesellschaft. Diese muss bereit sein, diese Leistungen auch fair abzugelten.

Dafür würde es eben einen stringenten Plan und klare Antworten brauchen. Wovon sol­len denn die Bauern in zehn Jahren, in 20 Jahren, in 30 Jahren leben, Frau Bundesmi­nister? Welche wirtschaftliche, welche gesellschaftliche, welche ökologische Rolle sollen denn die Bauern spielen? Wie erhalten wir denn unsere natürlichen Ressourcen? Wie gehen wir mit der Digitalisierung, mit der Automatisierung, mit der CO2-Bepreisung, mit der Klimakrise um? Das sind die ganz, ganz großen Fragen, auf die wir keine Antworten haben und auf die vor allem auch die Landwirtschaftspolitik keine Antworten gibt – und da hilft auch die größte Förderkanne nichts, wie wir ja beim Waldfonds gesehen haben.

Und ganz im Ernst: Dazu gehört einfach auch eine sehr aktive Rolle auf EU-Ebene. Da aber haben Sie sich – das ist wirklich interessant – auf einen Status quo zurückgezogen. Die Farm-to-Fork-Strategie wäre eine Riesenchance für die österreichische Landwirt­schaft, das ist wirklich der größte Wandel der europäischen Landwirtschaftspolitik seit ihrem Bestehen. Es ist ein Hinarbeiten von Masse auf Qualität, auf mehr Ökologisie­rung – das steht da drinnen –, und das wäre doch eigentlich perfekt für unsere kleinstruk­turierte österreichische Landwirtschaft.

Was aber machen Sie, Frau Minister? – Sie stellen sich hin, und anstatt mit der österrei­chischen Landwirtschaft da wirklich als Vorbild voranzugehen und auf die Kollegen in der Europäischen Union einzuwirken, legen Sie eine kleinmütige Abwehrhaltung an den Tag. Sie lamentieren, wie mühsam das mit der Ökologie, mit den Förderungen und mit dem Umbauen dann sei, und vertreten die Ansicht, das gehe alles nicht. Da könnten Sie sich aber einsetzen und da müssten Sie sich aus meiner Sicht auch einsetzen! (Beifall bei den NEOS.)

Ja, wir können natürlich so weitermachen: Krise – Gießkanne – Problem – Förderung – Krise – Gießkanne – EU – böse. Irgendwann werden Sie dann aber realisieren, dass die Krisen immer schlimmer werden (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt!) und dass Sie immer noch keine Antwort auf die großen Fragen haben. Deswegen sollten Sie anfangen, hier eine Strategie zu entwickeln. Wir sind gerne dabei. Ich glaube, alle wären gerne dabei, aber es braucht einen Plan für die Zukunft, Frau Bundesminister. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

17.24

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köchl. – Bitte.