16.54

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sie haben gesagt, Sie haben versprochen: „Koste es, was es wolle“. Das war das Versprechen, und für einige wenige hat es ja vielleicht sogar gegolten. Für die Vorstände bei der AUA, für die Vorstände bei KTM, bei der Strabag, bei so vielen Unternehmen, ja, für die hat es wirklich „Koste es, was es wolle“ geheißen. Es war egal, ob das Unternehmen gerade aufgrund von Corona in einer tiefen Krise steckt, egal, ob das Unternehmen gerade österreichisches Steuergeld in großem Aus­maß in Anspruch nimmt, weil man sonst nicht durch die Krise kommt, egal, die Manager­boni werden halten! Das haben wir erlebt.

Im Übrigen galt das genauso für die Aktionäre und Aktionärinnen ganz vieler Unter­nehmen, deren Gewinnausschüttungen ebenfalls gesichert waren: „Koste es, was es wolle“! Egal, ob die Unternehmen gerade zig Arbeitsplätze abbauen, die Regierung hat sichergestellt, die Gewinnausschüttungen der Unternehmen werden weiterhin ausge­zahlt.

Wir haben schon zu Beginn der Krise gesagt: Niemand darf sich auf Kosten der Krise bereichern! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage es weiterhin, denn bei dieser schamlosen Klientelpolitik wollen wir nicht zuschauen, und deswegen bringen wir einen Antrag ein. Es kann nicht sein, dass man als Unternehmen Steuergeld, Zehntausende Euro an Steuergeld, in Anspruch nimmt und gleichzeitig Gewinne in Millionenhöhe – das sei auch dazugesagt – ausschüttet.

Warum ist das so wichtig? – Nehmen wir zwei weitere Beispiele, sie waren ebenfalls in dieser Woche in der Zeitung: MAN, es gehört zu VW, oder Agrana, die Zuckerfabrik – auch diese haben die Dividenden an die Aktionäre und Aktionärinnen ausgeschüttet. Dafür hat es noch gereicht. Jetzt wollen die beiden allerdings zusammen 2 450 Be­schäftigte raushauen. Für die hat es nicht mehr gereicht.

Was wir da sehen, ist, dass „Koste es, was es wolle“ vielleicht für Ihre Freunde gegolten hat, Herr Bundeskanzler, aber sicher nicht für die arbeitenden Menschen, die tagtäglich aufstehen und zur Arbeit gehen, die nichts für diese Krise können, die jetzt aber drauf­zahlen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was sagen Sie eigentlich den 360 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der ATB, die tatsächlich vor der Tür gestanden sind und sich fragen, was jetzt mit ihnen passieren soll. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten sind älter als 50 Jahre, haben ihr Leben lang in diesem Betrieb gearbeitet. Was sagen Sie denen? Sie haben ihnen ja vier Wochen nicht zurückgeschrieben, aber was sagen Sie, wenn sie fragen, wo die Hilfe bleibt, die Sie versprochen haben? Was sagen Sie den 150 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in Leopoldsdorf, wo jetzt eine Zuckerfabrik zugesperrt werden soll?– Da brauchen wir nicht ernsthaft über Klimaschutz zu reden, wenn wir jetzt eine Zuckerfabrik zudrehen, wenn wir Zucker, den wir selbst in Österreich herstellen könnten, in Zukunft aus Brasilien importieren müssen. Kommt der Wiener Zucker in den Supermärkten dann aus Brasilien? Ist das sinnvolle Umweltpolitik? (Beifall bei der SPÖ.)

Nein, wir können dabei nicht mehr zuschauen. Sie können all das nicht dem freien Markt überlassen. Der freie Markt regelt das nicht, der kann das gar nicht.

„Koste es, was es wolle“, haben Sie versprochen. Jetzt setzen wir es um! Es ist jetzt die Zeit, für Arbeitsplätze zu kämpfen, sonst sind sie weg. Es ist jetzt die Zeit, Hand in Hand mit den Beschäftigten zu stehen, denn andernfalls wird es ihnen schlecht ergehen. Und es ist auch jetzt die Zeit, neue Industrien hochzuziehen, neue Arbeitsplätze zu schaffen, sodass wir wirklich sagen können, es bleibt niemand zurück.

Wir haben mit den Beschäftigten heute draußen vor der Tür gesprochen. Sie wünschen sich nicht noch eine weitere Pressekonferenz, sie wünschen sich Arbeitsplätze. Wir haben ein Paket vorgelegt, mit dem wir in den nächsten zehn Jahren 250 000 Ar­beits­plätze schaffen könnten. Setzen wir es doch bitte einfach um! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gerechtigkeit für ArbeitnehmerInnen und SteuerzahlerInnen – keine Managerboni, keine Gewinn­aus­schüttungen und keine Steuertricks für Unternehmen, die staatlichen Hilfen benötigen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, umgehend eine Regierungsvorlage vorzulegen mit der klar geregelt ist, dass Unter­nehmen staatliche Hilfsinstrumente wie zB. Covid-19-Fonds, Kurzarbeit, Verlustrück­rechnungen, Haftungen und so weiter, nur dann in Anspruch nehmen können, wenn sie für jene Jahre, in denen die Hilfsmaßnahmen in Anspruch genommen werden,

a) das Gewinn(Dividenden)ausschüttungsverbot für die betroffenen Jahre einhalten,

b) anleitende Angestellte und das Top-Management des Unternehmens (Konzerns) keine Bonuszahlungen vornehmen und

c) bisher keine Steuervermeidungsmodelle, die die Steuerleistung in Österreich redu­zierten, angewendet haben.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.59

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Mag. Jörg Leichtfried, Julia Herr, Genossinnen und Genossen

betreffend Gerechtigkeit für ArbeitnehmerInnen und SteuerzahlerInnen – keine Mana­gerboni, keine Gewinnausschüttungen und keine Steuertricks für Unternehmen, die staatlichen Hilfen benötigen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag der Abgeordneten Dr.in Pamela Rendi- Wagner, MSc betreffend „Rund 1 Million Menschen sind arbeitslos oder in Kurzarbeit. Österreich braucht jetzt Schutz vor der 2. Kündigungswelle. Lassen Sie die Menschen nicht im Stich, Herr Bundeskanzler!“

Begründung

Die im Rahmen der aktuellen Krise getroffenen staatlichen Maßnahmen verfolgen das Ziel, Unternehmen und deren MitarbeiterInnen trotz der notwendigen massiven Ein­schnitte im wirtschaftlichen Erwerbsleben zu halten. Für Unternehmen werden zahl­reiche Maßnahmen getroffen, um sie mit Liquidität zu versorgen und den Fortbestand zu sichern bzw. Insolvenzen zu vermeiden. Für ArbeitnehmerInnen werden vor allem einkommensabsichernde und arbeitsplatzerhaltende Maßnahmen gesetzt. So wird bei­spielsweise im Rahmen von Kurzarbeitsmodellen, aber auch für den Krisenbe­wälti­gungsfonds oder den Härtefallfonds staatliches Geld zur Verfügung gestellt, welches aus Steuermitteln der Allgemeinheit finanziert wird. Begleitend werden Milliarden Steuer­rückzahlungen an Unternehmen durch Herabsetzung der Vorauszahlungen, Verlust­rückträge und Steuerstundungen im Jahr 2020 den Staatshaushalt massiv belasten.

Es ist weder gesellschaftspolitisch noch budgetpolitisch gerecht, wenn Unternehmen zwar staatliche Unterstützungsleistungen aus den eingerichteten Fonds oder durch die Inanspruchnahme von Kurzarbeitsmodellen finanziert durch alle SteuerzahlerInnen in Anspruch nehmen, gleichzeitig aber gedenken, Gewinnausschüttungen bzw. Dividen­den­zahlungen zu Gunsten ihrer Anteilseigner vorzunehmen.

Aus diesem Grund ist eine Ausschüttungssperre für Gewinnanteile (Dividenden) not­wendig. Solange ein Unternehmen budgetfinanzierte staatliche Unterstützungen zur Be­wältigung der Corona-Krise in Anspruch nimmt, sollen keine Gewinnausschüttungen an die Anteilseigner vorgenommen werden dürfen. Davon betroffen sind vor allem Unter­nehmen, die Maßnahmen nach den auf Grund der Covid-19-Legistik errichteten Fonds aber auch Arbeitsmarktmaßnahmen (Kurzarbeit) in Anspruch nehmen. Die Aus­schüt­tungssperre gilt für Gewinnausschüttungszahlungen, die in den Zeitraum der Inanspruch­nahme der Covid-19-Maßnahmen fallen, betrifft daher auch z.B. Ausschüttungen, die Unternehmensgewinne der Vorjahre betreffen. Auch das Instrument des Verlustrück­trages von 2020 auf 2019 und 2018 gilt als solches Instrument und muss als Voraus­setzung eine Ausschüttungssperre vorsehen.

Verbot bzw. Rückzahlung der Gehaltsboni von leitenden Angestellten und Topmanage­ment: Die Ausschüttungssperre verhindert eine unnötige Reduktion des Eigenkapitals, das für Unternehmen gerade in der Krise ein wichtiger Sicherheitspuffer ist. In der Gehaltspolitik ist es üblich geworden, Top-Managern, zusätzlich zu ihrem Gehalt, auch noch mit der Begründung von besonderen Leistungen, hohe Gehaltsboni auszuzahlen. Die Beurteilung, inwieweit die jährlich wiederholt erbrachten „außergewöhnlichen Leis­tung“ von ohnehin schon bestens bezahlten Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführen, übermäßige variable Bonuszahlungen rechtfertigen, ist eine Frage an die Organe der Gesellschaft. Die Frage ob sie das auf Kosten aller anderen Steuerzahler gerade in Zeiten der Krise dürfen, ist klar mit „Nein“ zu beantworten. Wer als Manager eines Unter­nehmens oder eines Konzerns in der Krise für diese staatlichen Hilfsinstrumente beantragt, also zB. Kurzarbeit, Haftungen und Garantien oder steuerliche Verlust­rück­träge, muss seinen Gehaltsbonus für diese Jahre an die Gesellschaft zurückzahlen. Dabei steht die Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung öffentlicher Gelder im Vordergrund. Wenn das Unternehmen bzw. der Konzernverbund in der Krise keine Bonis auszahlen muss, wird auch weniger Staatshilfe in Anspruch genommen werden müssen. Damit können die ohnedies schon knappen öffentlichen Finanzmittel effizienter zum Wohle mehrerer Wirtschaftsbeteiligter eingesetzt werden.

In den Fällen des Gewinnausschüttungsverbotes und des Verbotes von Bonus­zah­lungen soll auch vermieden werden, dass durch zeitliche Verschiebungen in die Jahre nach 2020, unterbliebene Auszahlungen nachgeholt werden. Weiters gelten diese Vor­aus­setzungen auch für die Holding-Gesellschaften, soweit diese nicht selbst, aber deren Tochter-/Enkelunternehmen staatliche Hilfe benötigen.

Keine Staatshilfe für Firmen, die Geld in Steueroasen verstecken: Unternehmen, die in den vergangenen Jahren viel Geld an Berater gezahlt haben, damit ihre Firmen so umstrukturiert werden, dass sie die Gewinne aus Österreich hinaus in die Steuersümpfe der EU oder außerhalb der EU verschieben konnten, um in Österreich keine Unterneh­mensteuern zahlen müssen, sollen von der nationalen Staatshilfe im Zusammenhang mit der Covid-19-Krise ausgeschlossen werden. Das beinhalten beispielsweise sowohl die Steuervermeidungsmodelle über Lizenzen und Zinsen, als auch Geschäfts­konstruk­tionen, in denen die Sitzverlagerung dazu führt, dass die Wertschöpfung zwar in Öster­reich stattfindet, die Gewinne aber in einen niedrig oder gar nicht besteuernden Steuer­sumpf verschoben werden. Wendet ein Konzern steuerrechtliche Umgehungskonstruk­tionen an, um für einzelne Unternehmen in Österreich die Steuerzahlung zu vermindern, soll es für kein Unternehmen dieses Konzerns (Konsolidierungskreises) staatliche Hilfs­maßnahmen geben dürfen.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, umgehend eine Regierungsvorlage vorzulegen mit der klar geregelt ist, dass Unter­nehmen staatliche Hilfsinstrumente wie zB. Covid-19-Fonds, Kurzarbeit, Verlustrück­rech­nungen, Haftungen und so weiter, nur dann in Anspruch nehmen können, wenn sie für jene Jahre, in denen die Hilfsmaßnahmen in Anspruch genommen werden,

a) das Gewinn(Dividenden)ausschüttungsverbot für die betroffenen Jahre einhalten,

b) anleitende Angestellte und das Top-Management des Unternehmens (Konzerns) keine Bonuszahlungen vornehmen und

c) bisher keine Steuervermeidungsmodelle, die die Steuerleistung in Österreich redu­zierten, angewendet haben.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kaufmann. – Bitte.