10.23

Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nisterin! Kolleginnen und Kollegen! Ich kann an Kollegen Michi Bernhard anschließen, der schon ausgeführt hat, wie unsere grundsätzliche Haltung zu dem Pfandsystem ist und dass es vielleicht für die Aktuelle Stunde eine bessere Wahl des Themas gegeben hätte. Das hat nichts mit der Dringlichkeit des Themas zu tun, aber dass wir zurzeit viel­leicht ganz andere brennende Themen haben, hat unser Kollege ja schon ausgeführt.

Ich möchte ein bisschen grundsätzlicher anfangen und die Gelegenheit für einen Rück­blick auf das letzte Jahr und vor allem den Beginn dieser Gesetzgebungsperiode nutzen. Ich habe etwas noch sehr gut im Ohr, weil das für mich natürlich ein aufregender Moment war, nämlich meine erste Rede, und zwar zum Thema Klimaschutz und Umweltschutz: Ich habe in dieser Rede eindringlich darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass wir, die Verantwortungsträger unseres Landes, ein Bewusstsein für die Dramatik des Klimawan­dels und der Umweltzerstörung haben.

Ich habe damals am Beispiel des Worst-Case-Szenarios des internationalen Klimako­mitees aufgezeigt, wie ein Europa im Jahr 2070 aussehen wird, wenn wir jetzt nicht ra­dikal umlenken: Die Wasserversorgung in Italien, Spanien und Griechenland wird bis dahin zusammengebrochen sein. Die Landwirtschaft wird vor dem Kollaps stehen. Die Niederlande, Belgien, das Vereinigte Königreich und Norditalien werden ernsthafte Pro­bleme mit dem Meeresspiegel haben. In Österreich wird die Versteppung der Donau­ebene und des Burgenlands voll im Gange sein. Die Alpen werden bis dahin eis- und schneefrei sein. Außerdem wird für alte und schwache Menschen mittlerweile jeder Sommer lebensbedrohlich sein. – Das ist unsere Zukunft, die Zukunft der nächsten Ge­neration, um die es dabei geht. Es ist also notwendig, dass wir heute handeln, nicht morgen, nicht übermorgen, und dafür wird mehr notwendig sein als eine Aktuelle Stunde zur Wegwerfgesellschaft, liebe Grüne!

Ein Jahr nach Beginn der Legislaturperiode vermissen wir nämlich die großen Würfe, die großen Reformen und auch schon die Ansätze für überhaupt Großes. Ich sage Ihnen auch: Mir wurde von den Grünen bei anderen Themen immer signalisiert: Wir können nicht bei Moria mitgehen, wir können nicht für LGBT-Rechte stimmen, wir können in Menschenrechtsfragen nicht mit euch stimmen, wir können nicht für ein Verbot von Kü­kenschreddern stimmen, weil wir uns im Klimaschutz durchgesetzt haben. – Liebe Grü­ne! Eine Botschaft in diese Richtung: Dafür, dass in allen anderen Fragen alle Über­zeugungen über Bord geworfen wurden, passiert einfach viel zu wenig! (Beifall bei den NEOS.)

Vielleicht noch ein kurzer Sidestep zu einem aktuellen Thema, da die türkis-grüne Bun­desregierung ja schon mit 100 Geflüchteten aus Moria überfordert ist: Bis 2070 – wenn wir bei diesem Worst-Case-Szenario bleiben – rechnet die UNO mit Hunderten Millionen Klimaflüchtlingen. Diese werden sich dann nicht mehr auf Inseln wegsperren und fern­halten lassen, wie wir das jetzt tun. Führen Sie sich das, vielleicht auch die Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, vor Augen!

Mir ist klar – das habe ich eingangs gemeint –, dass wir in den vergangenen Monaten eine ganz andere große Krise durchlebt haben und noch durchleben. Wir dürfen aber nicht den Fehler machen, die eine Krise gegen die andere auszuspielen. Wir wissen nämlich, dass insbesondere die Klimakrise zu einer wahrscheinlich noch viel größeren Krise zu werden droht. Deswegen müssen wir heute handeln.

Ich wünsche Ihnen, Frau Bundesministerin – ich habe das auch im Ausschuss schon mehrfach gesagt –, viel Erfolg beim Kampf gegen die zahlreichen Widerstände, vor allem vonseiten des Koalitionspartners. Ich fordere Sie aber schon auf, dass von Ihrer Seite mehr kommt als PR- und Showmaßnahmen! Fahrradwege, Pfandsystem: All das ist gut, wir dürfen aber den Blick auf das große Ganze nicht verlieren.

Ich möchte auch betonen, dass Sie vor allem auch die Unterstützung der jungen Men­schen in Österreich haben. Sie werden die Zahlen aus der Studie kennen, die letzte Woche veröffentlicht wurden: 80 Prozent der Elf- bis 18‑Jährigen geben an, dass sie die Umwelt- und Klimazerstörung für das größte Problem halten. Womöglich haben Sie auch von den Berechnungen gehört, die besagen, dass wir 2050 möglicherweise mehr Plastik als Fische in den Weltmeeren haben werden, wenn wir so weitermachen. – Ich weiß, dass all das sehr dramatisch klingt, aber die Realität ist dramatisch, und deswegen müs­sen wir uns das vor Augen führen und deswegen müssen wir auch handeln.

Ich habe vor etwas weniger als einem Jahr bei meiner ersten Rede im Nationalrat aufge­zeigt, was das Klimakomitee sagt und was dieses Worst-Case-Szenario ist. Dabei lege ich immer auch einen Schwerpunkt auf die Generationengerechtigkeit und auf die Aus­wirkungen für die nächste Generation, weil wir es sind, die diese Auswirkungen spüren werden, und zwar mit voller Wucht, und weil wir die Rechnung werden begleichen müs­sen. Dabei wird egal sein, ob etwas den Blockierern zu schnell ging, ob es Sachzwänge gab oder ob das bei den Wählerinnen und Wählern im Bezirk gerade nicht so gut ankam. Die kommenden Generationen werden die Regierungen und vor allem diese Regierung daran messen, ob sie die großen, mutigen Reformen endlich gesetzt hat, um die kom­mende existenzbedrohende Katastrophe abzuwenden. (Beifall bei den NEOS.)

Vielleicht noch ein Letztes, um meine Rede nicht ganz so negativ abzuschließen, auch an die KollegInnen von den Grünen und Sie, Frau Ministerin: Es hat seit Jänner Schritte in die richtige Richtung gegeben. Ich glaube, das muss man auch anerkennen. So zählen die Regierungsvorlage heute und der Entwurf fürs EAG zu den guten Schritten, aber das Ruder ist noch lange nicht herumgerissen, weder bei den Emissionen noch beim Ener­gieverbrauch noch bei der Bodenversiegelung noch beim Biodiversitätsverlust oder in der Verkehrspolitik.

Daher mein Schlusssatz: 2050 oder 2070 wird es niemanden interessieren, dass es mit Türkis-Grün ein bisschen besser war als mit den Blauen. Es muss fundamental besser geworden sein, und das ist, glaube ich, der Auftrag an Sie. (Beifall bei den NEOS.)

10.28

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.