13.34

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Noch kurz auf Kollegen Kickl eingehend – er hat vorhin davon gesprochen, dass es unbestritten ist, dass die Schutzmasken im Gesicht gesundheitsschädigend sind –: Kollege Kickl, ich empfehle die Lektüre beispielsweise von Faktencheckern wie correctiv.org oder Mimikama. Dort können Sie nachlesen, wie das wirklich ist. Es ist nämlich ein bisschen anders, als Sie das dargestellt haben. Das wäre vielleicht nicht schlecht. Sie wissen ja: mehr Fakten, weniger Trumpismus. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Nichtsdestotrotz: Kommen wir zum eigentlichen Thema, über das wir hier reden wollen! Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen allen gegangen ist, ich habe in den letzten Wochen ziem­lich viele E-Mails, Benachrichtigungen, Briefe et cetera von Menschen, die sich an uns gewandt haben, die eben ihre Meinung zu diesem Gesetzentwurf kundgetan haben, be­kommen. Es waren mehrere Tausend Stellungnahmen, die in diesen zwei Begutachtun­gen eingebracht wurden, und wir haben eigentlich schon den Anspruch, dass wir diese Tausenden Stellungnahmen ernst nehmen, und das haben wir auch getan.

Ich kann mich übrigens an Gesetzwerdungsvorgänge erinnern, beispielsweise beim UG 2002 – ich weiß nicht, ob Kollege Graf jetzt noch hier herinnen ist, er war damals dabei –, da sind Hunderte, ich glaube, Tausende negative Stellungnahmen von den da­mals Verantwortlichen einfach weggeschmissen worden. In diesem Fall ist das eben nicht passiert, sondern wir haben uns das sehr genau angeschaut und haben das Ganze sehr genau in den Gesetzwerdungsprozess mitaufgenommen.

Warum haben wir das gemacht? – Es ist heute schon einmal erwähnt worden: Es geht dabei um einen Balanceakt zwischen einerseits notwendigen Maßnahmen bei der Be­kämpfung einer Pandemie – auch wenn es manche hier herinnen gibt, die der Meinung sind, dass es keine Pandemie mehr gibt; aber es gibt sie, sie ist real, 200 000 Tote in den USA, 5 870 Tote in Schweden, über 30 Millionen Infizierte weltweit, ich glaube, das sind eindeutige Zahlen und Fakten – auf der einen Seite und der persönlichen Freiheit von jedem und jeder Einzelnen hier im Haus und draußen, also in der Bevölkerung auf der anderen Seite. Ich glaube, nein, ich bin mir sogar sicher, dass wir das im Großen und Ganzen ganz gut hingebracht haben.

Was haben wir gemacht oder was steht in diesem Gesetz wirklich drinnen? – Es ist ei­nerseits eine gesetzliche Grundlage für die viel zitierte Ampel. Wir haben eine Kompe­tenzverteilung zwischen Bund, Ländern und Bezirken gemacht; die Coronakommission wird verankert, damit verbunden eine evidenzbasierte Politik – das ist etwas, was man­che hier herinnen offensichtlich nicht ganz verstehen –; ein Lockdown ist nur noch zehn Tage lang möglich; weitreichende Maßnahmen wie ein Lockdown sind nur im Einverneh­men mit dem Hauptausschuss möglich; Maßnahmen sind nur dann möglich, wenn gelin­dere Mittel davor nicht ausgereicht haben; weiters, wie schon gesagt: die fünf Gründe, warum eben die Einhaltung einer Ausgangsbeschränkung nicht möglich ist – als Min­deststandards, bitte schön; in der Diskussion wird ja immer ganz gerne vergessen oder fallen gelassen, dass das ja die Mindeststandards sind. Das ist das Mindeste, was wir da drinnen festgeschrieben haben, darüber hinaus gibt es ja noch viel, viel mehr Mög­lichkeiten, eben auch Lockerungen zu machen.

Das Contacttracing ist wieder herausgefallen, weil wir auch gesehen haben: Okay, da haben wir definitiv ein datenschutzrechtliches Problem. Gut, das müssen wir halt heraus­nehmen. (Zwischenruf des Abg. Kucher.) Das Gesetz selbst ist zeitlich begrenzt. Ja, und die Gesundheitsbehörden werden oder können jetzt auch bei Präventionskonzepten deren Umsetzung vor Ort überprüfen beziehungsweise sich das anschauen. – Darum geht es, um nichts anderes geht es!

Es geht da nicht um ein sogenanntes „Rollkommando“, wie das eben erst gesagt worden ist. Bitte, diesen Begriff lehne ich wirklich zutiefst ab, auch aufgrund der historischen Zusammenhänge. Es geht auch nicht darum, den Polizeistaat auszurufen, wie es am Montag im Gesundheitsausschuss vonseiten der FPÖ gekommen ist, sondern es geht einfach darum, eine vernünftige Gesetzgebung bei der Bekämpfung einer Pandemie zu machen.

Weil ich es jetzt gerade angesprochen habe: Wir hatten ja am Montag auch noch das Expertenhearing. Fünf Experten waren hier, fünf Experten, die durchaus auch unter­schiedlicher Meinung waren. Vier davon waren nicht unbedingt wirklich nur negativ, drei davon waren durchaus sehr, sehr positiv, und da haben wir dann auch noch entspre­chende Verbesserungsvorschläge aufgenommen, die ich jetzt in Form eines Antrages einbringen möchte.

Es ist ein Abänderungsantrag, der in der Zwischenzeit auch hier im Haus verteilt wor­den ist, es ist der Antrag, den auch Kollege Scherak soeben angesprochen hat, der ges­tern am Abend auch an die Fraktionen ergangen ist.

Im Großen und Ganzen geht es in diesem Antrag darum, dass wir noch neue Rege­lungen zur Verlängerung einführen – Kollege Scherak hat es schon ausgeführt –, noch neue Regelungen und Konkretisierungen für Veranstaltungen einführen, zusätzlich geht es um eine nochmalige Klarstellung bei den Ausnahmen betreffend Ausgangsbeschrän­kungen, dass das einfach wirklich noch klarer ist, ein paar redaktionelle Anpassungen und mehr Transparenz bei der bereits erwähnten Coronakommission. Das sind die Fak­ten, davon reden wir.

Ich möchte abschließend Kollegen Bürstmayr, der am Montag sozusagen als juristischer Vertreter unserer Fraktion im Gesundheitsausschuss auch dabei war, noch einmal zitie­ren, der gemeint hat: Dieses Gesetz ist so etwas wie eine Sprinkleranlage, die ich mir in mein Haus einbaue; ich bin froh, wenn ich sie nie nutzen muss. Ich wäre auch froh, wenn wir eben dieses Gesetz niemals nutzen müssten, aber es ist gut zu wissen, dass wir es haben, denn wenn es darauf ankommt, wenn es brennt, schützt mich dieses Gesetz. – Zitatende.

In diesem Sinne: Danke, ich hoffe auf breite Zustimmung; Danke an die SPÖ fürs kons­truktive Dabeisein, Danke auch an die NEOS, die – auch wenn sie heute wahrscheinlich dagegen sind – durchaus gute, konstruktive Vorschläge, von denen wir sehr, sehr viele berücksichtigt haben, gemacht haben! Vielleicht kommt ja die FPÖ irgendwann einmal drauf, was konstruktive Kooperation und Zusammenarbeit ist; heute offensichtlich nicht. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.40

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Philip Kucher

Kolleginnen und Kollegen,

zum Bericht des Gesundheitsausschusses (370 d. B.) über den Antrag 826/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950, das Tuberkulosegesetz und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden,

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

a) In Artikel 1 wird nach der Z 8 folgende Z 8a eingefügt:

„8a. Dem § 15 werden folgende Abs. 6 bis 8 angefügt:

,(6) Wird aufgrund des Abs. 1 eine Verordnung erlassen oder geändert und hat dies zur Folge, dass eine Veranstaltung nicht mehr bewilligt werden könnte, darf eine bereits er­teilte Bewilligung für die Dauer der Geltung dieser Rechtslage nicht ausgeübt werden. Die Verordnung hat Übergangsbestimmungen für bereits bewilligte Veranstaltungen zu enthalten. Diese können bei Gefahr in Verzug entfallen. In dieser Verordnung kann ab­weichend vom ersten Satz angeordnet werden, dass bestehende Bewilligungen unter Einhaltung der Anordnungen dieser Verordnung, die im Zeitpunkt der Erteilung der Be­willigung nicht gegolten haben und hinreichend bestimmt sind, ausgeübt werden dürfen. In einem solchen Fall gelten die Bewilligungen für die Dauer der Geltung der neuen Rechtslage als entsprechend der Verordnung geändert. § 68 Abs. 3 AVG bleibt unbe­rührt.

(7) Wird auf Grund des Abs. 1 eine Verordnung erlassen oder geändert und hat dies zur Folge, dass eine allfällige Bewilligung in einer für den Veranstalter günstigeren Weise erteilt werden könnte, so kann die Behörde einen neuen Antrag auf Bewilligung nicht wegen entschiedener Sache zurückweisen.

(8) Die Bewilligung einer Veranstaltung kann ab dem Zeitpunkt der Kundmachung einer Verordnung gemäß Abs. 1 erteilt werden, wenn der Zeitpunkt der Abhaltung der Veran­staltung nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung liegt. Die Bewilligung wird in diesem Fall mit Inkraftreten der Verordnung wirksam.‘“

b) In Artikel 1 Z 9 wird in § 25a Abs. 2 jeweils am Ende der Z 3 bis 5 ein Beistrich gesetzt.

c) In Artikel 1 Z 9 wird in § 25a Abs. 6 zweiter Satz der Ausdruck „gemäß Abs. 3 der“ durch den Ausdruck „der gemäß Abs. 3“ ersetzt.

d) In Artikel 1 Z 12 wird in § 50 Abs. 14 der Ausdruck „§ 15 Abs. 5“ durch den Ausdruck „§ 15 Abs. 5 bis 8“ ersetzt.

e) In Artikel 1 Z 12 wird in § 50 Abs. 16 nach der Wortfolge „für die Vollziehung gegeben sind“ ein Beistrich gesetzt.

f) In Artikel 1 Z 13 wird in § 51 Z 1 und 2 jeweils der Ausdruck „§ 5a Abs. 5a“ durch den Ausdruck „§ 5a Abs. 5“ ersetzt.

g) In Artikel 3 Z 3 erhält § 2 die Absatzbezeichnung „(1)“, folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) Die Empfehlungen der Corona-Kommission sind auf der Website des für das Ge­sundheitswesen zuständigen Bundesministers zu veröffentlichen. Darüber hinaus sollen auch die wesentlichen Begründungen dafür veröffentlicht werden.“

h) In Artikel 3 Z 7 wird in § 8 Abs. 5 und 6 jeweils nach dem Wort „Wochen“ ein Beistrich gesetzt.

i) In Artikel 3 Z 7 wird dem § 11 folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Verordnungen der Bundesregierung gemäß § 12 Abs. 1 bedürfen des Einverneh­mens mit dem Hauptausschuss des Nationalrates.“

j) In Artikel 3 Z 10 wird in der Novellierungsanordnung der Ausdruck „Abs. 3“ durch den Ausdruck „Abs. 2“ ersetzt.

Begründung

Zu a) und d) (Artikel 1 Z 8a und Z 12 (§ 15 Abs. 6 bis 8 und § 50 Abs. 13 des Epi­demiegesetzes 1950)):

Die vorgeschlagenen Abs. 6 bis 8 enthalten Anordnungen für den Fall, dass sich die rechtlichen (durch Verordnung geregelten) Voraussetzungen für die Bewilligung von Veranstaltungen ändern.

Nach allgemeiner Dogmatik zu den Rechtswirkungen von individuellen Rechtsakten ist davon auszugehen, dass Änderungen der Rechtslage – auch ohne ausdrückliche Rege­lung, wie dies bislang der Fall ist – dazu führen können, dass von bereits erteilten Bewilli­gungen kein Gebrauch gemacht werden darf (dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Veranstaltung mit einer bestimmten Personenzahl bewilligt wurde, in der Zwischenzeit aber die zulässige Personenzahl herabgesetzt wird).

Um diese Rechtswirkungen der Änderung der Rechtslage zu vermeiden, soll angeordnet werden, dass die spätere Verordnung vorsehen kann, dass eine automatische Beendi­gung der Bewilligung nicht eintreten soll, sondern dass diese Bewilligung „ruht“. Durch die Anordnung dieses Ruhens kann auch berücksichtigt werden, dass sich die Rechtsla­ge mehrfach ändert; wird auf Grund der Änderung der Rechtslage eine Veranstaltung unzulässig und ändert sich die Rechtslage abermals, sodass die Veranstaltung wieder zulässig wird, so kann die Veranstaltung dann auch abgehalten werden.

In der Verordnung wäre zu regeln, welche der „neuen“ Regeln auch für bereits erteilte Bewilligungen gelten sollen (so könnte etwa vorgesehen werden, dass eine Veranstal­tung, die für 1 200 Personen bewilligt wurde, als für 1 000 Personen bewilligt gilt, wenn generell nur noch Veranstaltungen mit bis zu 1 000 Personen zulässig sind). Dadurch soll vermieden werden, dass Veranstalter, die bereits über eine Bewilligung verfügen, einen neuerlichen Antrag auf Erteilung der Bewilligung stellen müssen. Dies dient nicht nur der Verfahrensökonomie, sondern stellt auch die Abhaltung von Veranstaltungen (wenn auch unter den geänderten Rahmenbedingungen) sicher.

Aus Gründen der Rechtssicherheit sind – außer bei Gefahr in Verzug – in einer Verord­nung gemäß Abs. 6 erster Satz Übergangsbestimmungen für bereits bewilligte Veran­staltungen vorzusehen. In Bewilligungsbescheiden von Veranstaltungen sollten grund­sätzlich Hinweise aufgenommen werden, dass es in Folge einer Änderung der Rechtsla­ge zu einer Abänderung der Bescheide kommen kann.

Der vorgeschlagene Abs. 7 enthält eine Regelung für den Fall, dass die Voraussetzun­gen für Veranstaltungen „gelockert“ werden. Der Veranstalter hat demnach die Möglich­keit, einen neuen Antrag auf Bewilligung zu stellen, braucht von dieser Möglichkeit je­doch keinen Gebrauch zu machen. Eine „automatische“ Anpassung der Bewilligung kann jedoch nicht erfolgen, da im Fall der bewilligungspflichtigen Veranstaltungen häufig auch ein auf die konkrete Veranstaltung bezogenes Präventionskonzept zu erstellen sein wird, das – etwa bei Erhöhung der zulässigen Personenzahl – erst angepasst wer­den muss.

Der vorgeschlagene Abs. 8 trifft eine ausdrückliche Vorkehrung für den Fall, dass eine Veranstaltung noch vor dem Inkrafttreten der geänderten Voraussetzungen bewilligt werden soll. Voraussetzung ist, dass die Verordnung bereits kundgemacht ist.

Zu b) und c) sowie e) bis g) (Artikel 1 Z 9, 12 und 13 sowie Artikel 3 Z 7 (§ 25a Abs. 2 und 6, § 50 Abs. 15, § 51 des Epidemiegesetzes 1950, § 8 Abs. 5 und 6 des COVID-19-Maßnahmengesetzes)):

Redaktionelle Anpassungen.

Zu g) (Artikel 3 Z 3 (§ 2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes)):

Aus Gründen der Transparenz sollen die Empfehlungen der Corona-Kommission veröf­fentlicht werden. Dies gilt auch für wesentliche Begründungen für die Empfehlungen.

Zu i) (Artikel 3 Z 7 (§ 11 Abs. 4 des COVID-19-Maßnahmengesetzes)):

Es soll auch eine Verordnung der Bundesregierung, mit der ein anderer Zeitpunkt des Außerkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestimmt wird, des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrates bedürfen.

Ergänzend zur Begründung des Gesetzesantrags wird zu § 5 Abs. 2 Z 3 und § 8 des COVID-19-Maßnahmengesetzes ergänzend festgehalten:

Zu § 5 Abs. 2 Z 3:

Unter diesen Ausnahmetatbestand fallen auch Kontakte mit nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Lebenspartnern sowie einzelnen engesten Angehörigen bzw. einzel­nen wichtigen Bezugspersonen.

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Dr. Dagmar Belakowitsch. – Bitte schön, Frau Abgeord­nete.