16.08

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte MinisterInnen! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte in meiner Rede zum Sozialbericht 2019 das Thema Armut in den Fokus stellen. Knapp 17 Prozent der in Österreich lebenden Menschen, das sind 1,5 Millionen Personen, sind laut Armutskonferenz in Österreich armuts- oder ausgrenzungsgefährdet, und die Mehr­heit davon sind Frauen. Armut in Österreich ist damit weiblich.

Wieso ist das so? – Das ist eine rhetorische Frage. Wir alle, die wir hier sitzen, kennen die Gründe, wieso das so ist. Auf mangelnde Lohntransparenz folgt der Lohnunter­schied, der sogenannte Genderpaygap, der führt direkt in den Genderpensiongap. Dazu kommt die eklatant ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern und auch ein Mangel an Kinderbetreuung. Teilzeitangestellte, Al­leinerziehende und auch allein lebende Frauen sind außerdem besonders armutsge­fährdet.

Erst in der Vorwoche hat die Statistik Austria aktuelle Zahlen präsentiert. Ich mag Ihnen diese gerne in Erinnerung rufen, sie sind sehr besorgniserregend in ihrer Ausdrucks­stärke und auch wert, gehört zu werden. Die erste Zahl: Das Bruttoeinkommen von Frau­en in Österreich liegt auch im Jahr 2020 noch immer 17 Prozent unter jenem von Män­nern. 17 Prozent! Die zweite Zahl: Frauen erhalten durchschnittlich um 42 Prozent weni­ger Pension als Männer. Das heißt in der Realität, eine Frau kriegt im Durchschnitt 951 Euro Pension, ein Mann hingegen 1 905 Euro. Lassen Sie diese Zahlen einmal ei­nen Moment auf sich wirken: 951, 1 905!

Ich frage Sie: Finden Sie das fair? Gibt es irgendjemanden hier im Saal, der das fair findet? – Nein, und das ist gut so. Dann besteht hier – das halte ich fest – Konsens darü­ber, dass wir das nicht fair finden und dass wir gemeinsam etwas gegen diese ge­schlechtsspezifische Diskriminierung tun müssen (Beifall bei den Grünen), nämlich alle, die wir hier sitzen, unabhängig von den Parteifarben, weil Altersarmut in Österreich nicht rot, nicht grün, nicht pink, nicht blau und nicht schwarz ist, sondern eine traurige und eine beschämende Realität, sehr geehrte Damen und Herren. Wir alle sind dafür gewählt worden, das zu ändern, und das müssen wir schleunigst tun.

Was können wir tun? Was müssen wir tun, um das zu ändern? Auch das – Sie werden es vielleicht schon ahnen – ist eine rhetorische Frage, weil wir genau wissen, was wir tun müssen. Wir kennen ja alle Hebel. Wir sagen uns das vor, jedes Jahr aufs Neue. Weil wir wissen, wo wir ansetzen müssen, sind wir auch mit dem Koalitionspartner in aktuellen Gesprächen bezüglich eines Maßnahmenpakets gegen Altersarmut von Frau­en, mit dem wir die ökonomische Unabhängigkeit von Frauen stärken und damit Frauen vor Armut im Alter schützen wollen.

Was sind die Eckpunkte in diesem Maßnahmenpaket, über das wir derzeit reden? – Ers­tens Lohntransparenz, zweitens zeitgemäße Eltern- und PartnerInnenteilzeitmodelle, drittens das Pensionssplitting und viertens vor allem auch der flächendeckende Ausbau von leistbarer Kinderbetreuung.

Wir Grüne freuen uns – selbstredend – natürlich sehr über den gestrigen Vorstoß der Sozialpartnerinnen und Sozialpartner und ihre Forderung nach einem flächendeckenden qualitätsvollen Ausbau der Kinderbetreuung. Das ist eine langjährige Forderung der Grünen, und je eher wir da Nägel mit Köpfen machen, desto besser. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Herr.)

Wieso ist uns das so wichtig? – Weil wir wissen, dass Kinderbetreuung eine entschei­dende Voraussetzung dafür ist, dass Frauen das Ausmaß ihrer Erwerbstätigkeit frei ent­scheiden können und nicht aus der Teilzeitfalle direkt in die Altersarmut rutschen. Des­wegen ist uns das wichtig. Deswegen sind wir wie gesagt mit dem Koalitionspartner in Gesprächen. Ich werde als Frauensprecherin meiner Fraktion auch mit allen Frauen­sprecherInnen hier im Nationalrat Gespräche suchen, weil das Thema so wichtig ist und wir alle an einem Strang ziehen müssen.

Ich habe nicht mehr viel Redezeit, aber ich möchte mit einer etwas persönlicheren Er­zählung abschließen, sehr geehrte Damen und Herren. Ich habe vor längerer Zeit mit meinem Neffen gesprochen; er ist 14 Jahre alt. Er hat mir ein Foto von seiner Klasse gezeigt und mich gefragt, ob es stimmt, dass die Mädchen in dieser Klasse später einmal weniger als die Buben verdienen werden. Wenn das nämlich tatsächlich so sei – das habe er in einer Zeitung gelesen –, dann sei das total unfair; das ist ein Zitat.

Er hat recht. Das ist total unfair. Es liegt an uns, das zu ändern. Machen wir es bitte! (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Herr.)

16.12

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.