14.59

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Man hört es vielleicht bei der Aufnahme nicht so klar, aber es wird sehr viel dazwischengerufen. Ich habe den Reden meiner Vorredner und Vorrednerinnen sehr aktiv zugehört, mir fehlt dabei ehrlicherweise die Substanz.

In der Dringlichen Anfrage der Freiheitlichen – das kann man mögen oder nicht – gibt es natürlich wieder eine Vermischung zwischen Migration, Integration und dem Staatshaus­halt, aber die Frage des Staatshaushalts steckt jedenfalls in der Anfrage drinnen.

Ich nehme in den Reden, die ich bis jetzt gehört habe, natürlich ausgenommen jener von meinem Kollegen Scherak, kein ernsthaftes Bemühen darum wahr, dass wir eine Ant­wort finden, wie wir Probleme, die in unserem Land zuhauf bestehen, wirklich lösen können. Es gab kaum Reden, in denen man sich ernsthaft gefragt hat, warum die Hilfe bei den Unternehmen und Unternehmern nicht ankommt. Welche Maßnahmen könnten wir jetzt treffen, um Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit wieder zu reduzieren? Wie schaut es mit der Zukunft der Familien aus, die zu wenig Geld haben, mit der Zukunft der Allein­erzieherInnen? Da gab es in den Reden fast keine Antworten, und ich frage mich – und das frage ich mich ernsthaft –: Wie können Sie das heute so ablaufen lassen, wie es abläuft? (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Wir Abgeordnete gehören im Moment zu einem sehr privilegierten Stand. Wir alle haben im Moment eine gesicherte Zukunft und können im Verhältnis zu anderen Menschen in unserem Land sorgenfrei unserer Arbeit nachgehen. Sorgenfrei der Arbeit nachzugehen impliziert aus meiner Sicht noch mehr als sonst die Verantwortung, dass wir Lösungen auf den Tisch legen. Diese Lösungen haben heute bisher gefehlt. (Beifall bei den NEOS.)

Ich habe mir angesehen, wie es uns derzeit mit den auch von Herrn Minister Blümel angekündigten Leistungen, den Coronahilfen in einem Umfang von 48 Milliarden Euro, die beschlossen worden sind, geht. Das Ergebnis ist sehr ernüchternd. Nach unseren Aufzeichnungen ist nicht einmal die Hälfte der beschlossenen Hilfen überhaupt geflos­sen, nämlich 20 Milliarden Euro, Herr Minister, und von denen betreffen 17 Milliarden Euro Stundungen und Garantien.

Das heißt, Unternehmen, die jetzt über keine Liquidität verfügten, konnten zwar ihre Steuerleistungen stunden lassen und auf Garantien zurückgreifen, das beinhaltet aber keine Antwort auf die Frage, wie sich ein Unternehmen, das jetzt Verluste einfährt, in Zukunft wieder aus dieser Krise herausinvestieren und -arbeiten soll. Das sind Schulden, die der Staat im Moment auf den Unternehmen abgeladen hat. Diese Schulden sind nicht alle deswegen entstanden, weil das Coronavirus über uns hereingebrochen ist, diese Schulden sind deswegen entstanden, weil es einen Lockdown gegeben hat, der maßgeblich von der Bundesregierung initiiert worden ist, und dies teilweise auch auf­grund von Informationen, die wir jetzt im Nachhinein als nicht mehr richtig empfinden. Vielfach sind sie auch dadurch entstanden, dass von Gesetzgeberseite zahlreiche Ein­schränkungen verordnet worden sind, während gleichzeitig das Epidemiegesetz in der Form abgeändert wurde, dass man als Unternehmer den dadurch erlittenen Schaden nicht mehr dem Staat gegenüber geltend machen kann.

Das sind Tatsachen, auf die Herr Minister Blümel derzeit nur so reagiert: Macht bitte Schulden, und wir kümmern uns darum, dass ihr sie später zurückzahlen könnt! – Zahlen müssen aber die Unternehmer, das tut nicht Minister Blümel, im Gegensatz dazu, wie er das hier darzustellen versucht.

Vorhin hat man vom Fixkostenzuschuss gesprochen, das ist auch ganz spannend: Das große Paket, die Antwort für Unternehmen, mit dem man nicht Fremdkapital, also sozu­sagen künftige Schulden, zur Verfügung stellt, sondern mit dem man mittels eines direk­ten Zuschusses auch die Eigenkapitalbasis stärken kann, indem man direkt Geld an die Betroffenen vergibt, hat sich als kolossaler Bauchfleck herausgestellt, den es so kein zweites Mal geben sollte. Das haben Sie natürlich vergessen, zu erwähnen, Herr Minis­ter. Sie haben 8 Milliarden Euro bereitgestellt, davon sind bislang 1,5 Prozent, also 116 Mil­lionen Euro, ausgeschöpft worden. Warum ist das Fall? – Das ist so, weil Sie zugleich eine Bürokratie geschaffen haben, vor der jeder Unternehmer Angst hat. Die Leute ge­hen in unserem Land lieber pleite, als auf Ihre Hilfe zurückzugreifen – weil es hoffnungs­los ist. (Beifall bei den NEOS.)

Es ist aber nicht nur bürokratisch, sondern es ist auch unflexibel und schafft nicht die Möglichkeit für alle Branchen mit ihren oft sehr spezifischen Problemen, auf diese Hilfen zugreifen zu können, obwohl Sie als Minister selbst betonen, dass es eine größere Fle­xibilität braucht.

Ich habe – und das ist auch ganz wichtig – ehrlich gesagt den Eindruck, dass da wirklich viel Kalkül drinnen steckt, so wie das Kollege Scherak vorhin schon ausgeführt hat. Sie haben nämlich die Europäische Kommission als Sündenbock für Ihr eigenes Versagen, für Ihre eigene Unfähigkeit, einen Antrag korrekt auszufüllen, hergenommen. Und da habe ich einen auf die ÖVP gerichteten Verdacht – ich werde sonst nicht viel zur Wien­wahl sagen –, dass man sich dort in der Wahlkampfzentrale wirklich Gedanken gemacht hat: Was wäre denn die beste aller Möglichkeiten für unseren Gernot Blümel, damit er in Zukunft die Partei nicht mehr so schädigen kann? – Dort hat man sich gesagt: Es gibt eine Position in unserem Land, eine einzige, die für ihn optimal geeignet ist: nicht amts­führender Stadtrat in Wien. Damit ist alles gewährleistet: Er kriegt weiter sein Geld – das ist bei der ÖVP sehr wichtig –, er kann nichts kaputt machen, er braucht keinen Laptop, es ist egal, wie viele Nullen er in seiner Excel-Liste vergisst. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Dafür haben Sie ihn jetzt an die Spitze der Stadt-ÖVP gestellt, und das nur mit der einen Absicht: ihn wegzuloben. Dieses Anliegen unterstützen wir NEOS übrigens.

Ein letzter Punkt noch und dann höre ich auf: Es ist tatsächlich so – und das der Frei­heitlichen Partei gegenüber festzuhalten ist uns auch ganz wichtig –, dass wir vor der wirklich schwierigsten wirtschaftlichen Situation stehen, die das Land in den letzten De­kaden gesehen hat, mit der schwierigsten Arbeitsmarktsituation. So weit teilen wir Ihre Analyse. Die Antwort auf die Frage, wie wir unser Land wirtschaftlich wieder aufbauen können, ist mit allen Menschen in unserem Land, mit allen Unternehmerinnen und Un­ternehmern, egal wo sie geboren sind und welche Staatsbürgerschaft sie haben, mit allen Menschen, die in unserem Land erwerbstätig sind, zu erarbeiten. Wir werden alle brauchen, und genau das ist die Vision, die wir NEOS für die Zukunft haben. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

15.05

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Schnedlitz. – Bitte.