15.03

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Über 135 000 Menschen haben dieses Volksbegehren zu Asyl unterzeichnet und damit eine parlamentarische Debatte und Auseinandersetzung zu dem Thema Asyl, Asylwesen und Asylsystem angeregt. Ich kann das nur begrüßen und mich bei all den Menschen bedanken, die jede Gelegenheit suchen und wahrnehmen, um da die Veränderungen voranzutreiben, die es braucht – und das sind systemische Veränderungen. Es gibt sehr viele Baustellen im Asylbereich, und es ist eine Debatte, die wir führen müssen, eine Diskussion, die wir führen müssen, und ein System, das wir verändern müssen.

Es gibt etliche Baustellen in diesem Bereich. Ich hatte auch die Gelegenheit, einige Male mit dem Initiator des Volksbegehrens über die Anliegen zu sprechen, das letzte Mal anlässlich des internationalen Weltflüchtlingstags bei einer Kundgebung der Plattform für eine menschliche Asylpolitik. Bei dieser Kundgebung ging es um zwei dieser Bau­stellen im Asylbereich, die auch auf europäischer Ebene angegangen werden müssen.

Das eine Thema waren Abschiebungen nach Afghanistan. Afghanistan ist kein sicheres Land. Abschiebungen nach Afghanistan sind lebensbedrohlich und lebensgefährdend. Auch wenn sie jetzt zum Teil covidbedingt nicht stattfinden, ist es trotzdem Praxis, dass Menschen in Schubhaft genommen werden, in der Schubhaft zermürbt werden, dort mo­natelang leiden, bevor sie dann auf diese Art und Weise zu einer irgendwie mehr oder weniger – unter Anführungszeichen, oder wie auch immer es sonst noch genannt wer­den müsste – „freiwilligen“ Ausreise gebracht werden, so wie es vor Kurzem mit Najib nach fünf Monaten in der Schubhaft passiert ist. Afghanistan und Abschiebungen nach Afghanistan sind ein Thema, das angegangen werden muss.

Ein anderes Thema ist die Situation an der EU-Außengrenze zwischen Kroatien und Bosnien und Herzegowina. Wir hatten dieses Thema mehrmals in Ausschüssen, wir hat­ten es auch hier in der Plenardebatte. Tausende Menschen leben an dieser Grenze unter menschenunwürdigen Bedingungen. Es ist eine Situation, die viel zu wenig Aufmerk­samkeit findet, obwohl medial darüber berichtet wurde, obwohl etliche Fälle von Gewalt, von Polizeigewalt, von Grenzgewalt dokumentiert sind und diese auch schon an Regie­rungsmitglieder übergeben wurden.

Das sind nur zwei Beispiele, das sind zwei der Baustellen im Bereich Asyl, und Reformen des Asylsystems müssen eine entsprechende Lösung mit sich bringen.

Zwei Schlagwörter aus diesem Volksbegehren möchte ich in diesem Zusammenhang aufgreifen. Das eine ist Solidarität, das andere ist Gerechtigkeit, darüber wird hier ge­sprochen. Wir brauchen ein System, das solidarisch und gerecht ist. Unser Zugang da­zu – das möchte ich auch noch einmal ausführen – ist jener, Menschen zu schützen, Geflüchtete zu schützen und die Fluchtursachen zu bekämpfen. Das bedeutet, Hilfe vor Ort zu leisten, es bedeutet, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit, für die Kon­fliktprävention und auch für den Klimaschutz zu erhöhen. Es bedeutet auch eine kon­sequente und engagierte Friedenspolitik, es bedeutet aber auch, als Schutz vor den Schlepperbanden legale und sichere Fluchtwege nach Europa zu schaffen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Es bedeutet auch schnelle, faire und unabhängige Asylverfahren, und es bedeutet eine inklusive Integrationspolitik, das heißt ab Tag eins. Und es bedeutet auch eine Reform der Migrationspolitik und der Migrationsstrategie.

Das sind unsere Zugänge, und ich freue mich, dass die Debatte durch dieses Volksbe­gehren aufgegriffen worden ist. Ich freue mich, dass wir diese Auseinandersetzung füh­ren, denn wir müssen in diese Konfrontation einsteigen und wir brauchen eine solidari­sche Lösung, die tatsächlich solidarisch mit den Menschen ist, die davon betroffen sind.

Diese Solidarität kann nicht nur von Einzelpersonen oder Initiativen gelebt werden, wie zum Beispiel der Pfarre Linz/St. Markus oder Linz/St. Magdalena oder den Steyler Mis­sionaren mit Pater Franz Helm oder der Österreichischen Bischofskonferenz oder der Katholischen Frauenbewegung oder Menschen wie Ernst Schmiederer, Doro Blancke, Ronny Kokert. Wir müssen das System verändern und ein System schaffen, das solida­risch ist, und ich möchte es auch – und ich sage das nicht leichtfertig – mit den Worten von Papst Franziskus sagen: „Fratelli tutti“. Wir müssen es schaffen, in den Mitmenschen Brüder und Schwestern zu sehen und zu verstehen, dass wir alle Geschwister sind.

In diesem Sinne: Führen wir diese Debatte, führen wir diese Auseinandersetzung und verändern wir dieses System! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

15.08

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Krisper. – Bitte.