18.06

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren zu Hause! Bei seinem Auftritt vorgestern in der „ZIB 2“ hat der Nationalratspräsident nicht nur rechtlich völlig falsch argumentiert, um seinen Verbleib als Vorsitzender im Ibiza-Untersuchungsausschuss zu rechtfertigen, er hat uns als Opposition auch Mobbing vorgeworfen und uns unterstellt, wir würden mit Unwahrheiten arbeiten – ein unfassbarer Vorwurf, vor allem wenn er aus dem Munde des Nationalratspräsidenten kommt. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wolfgang Sobotka hat allerdings auch versucht, das Instrument des Untersuchungsaus­schusses an sich zu diskreditieren, indem er meinte, er sei so teuer. Bei allen anderen Sätzen war die Intention klar: Der Untersuchungsausschuss soll zur Farce gemacht wer­den. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ja, Demokratie kostet, Kontrolle kostet, das ist mir jeden Tag im Untersuchungsaus­schuss schmerzhaft bewusst – aber wissen Sie, wann, liebe ÖVP? – Wenn wir keine Akten geliefert bekommen, weil es keinen Laptop gibt, keinen Kalender gibt, keine Han­dys, von denen nicht regelmäßig die Kommunikation gelöscht wird; wenn sich Auskunfts­personen wie der Finanzminister an nichts erinnern, was in den letzten drei Jahren ge­schehen ist und von Relevanz wäre, und wir ihm, eben weil wir keine Dokumente haben, mit dem Erinnerungsvermögen auch nicht auf die Sprünge helfen können; wenn ein Kanzler auf irgendetwas antwortet, aber nicht oder erst viel später auf die Frage, die eigentlich gestellt wurde, und er dadurch dem Untersuchungsausschuss wichtige Zeit stiehlt; wenn ein ÖVP-Fraktionsführer ohne jeden Grund lähmende Geschäftsordnungs­debatten vom Zaun bricht, wenn wir am Wort sind und es heikel wird; wenn dann noch der Vorsitzende, der ja angeblich so unbefangen über der Sache schwebt, zum Beispiel ganz eindeutig Partei ergreift, wenn er meint, das Alois-Mock-Institut sei ja gar keine Vorfeldorganisation der ÖVP. (Ruf bei der ÖVP: Ist es ja auch nicht!)

Die Menschen, die diesen Untersuchungsausschuss zahlen, sollen sich selbst ein Bild davon machen können, dann könnte jeder sehen, dass ein Untersuchungsausschuss nicht nur teuer ist, sondern wertvoll – sehr wertvoll. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Die ÖVP will das nicht, nur die ÖVP will das nicht. Spannend ist: Ihr war es bei den Verhandlungen zum Minderheitsrecht, Untersuchungsausschüsse einzuberufen, beson­ders wichtig, dass es nur Medienöffentlichkeit gibt. Warum war das der ÖVP so wich­tig? – Damit sie genau dieses Spiel spielen kann, das sie jetzt abzieht, damit sie Aufklä­rung im Untersuchungsausschuss verhindern und diesen schlechtmachen kann und da­mit sie Konsequenzen verhindern kann, denn öffentliche Untersuchungsausschüsse hät­ten Konsequenzen.

Das Verhalten der ÖVP-Fraktion, des ÖVP-Vorsitzenden, der ÖVP-Regierungsmitglie­der als Auskunftspersonen (Zwischenruf des Abg. Haubner) würde sich, so glaube ich, bei Öffentlichkeit schlagartig verbessern, davon bin ich überzeugt (Zwischenruf des Abg. Gerstl), denn das Schauspiel wäre ihnen dann doch zu peinlich, wenn das ganze Land stundenlang zuschauen kann. (Ruf bei der ÖVP: ... wäre echt wichtig!) Es könnte dann aber natürlich gefährlich eindrücklich werden, wenn das erlebt wird. Die Öffentlichkeit könnte sich so empören, dass Druck entsteht und Konsequenzen gefordert werden.

Das alles will die ÖVP nicht. Sie will lieber den Untersuchungsausschuss als Ganzen und kritische Mitglieder im Besonderen diskreditieren und von ihrem Auftrag abhalten, der nicht darin besteht, irgendjemanden zu diskreditieren. Es ist aber auch nicht unser Auftrag, der ÖVP gefällig zu sein. (Rufe bei der ÖVP: Das ist ein Blödsinn! Die NEOS haben immer recht!) Unser Auftrag ist, sachlich, unbeeindruckt und unbehindert ganz genau hinzuschauen und die Frage zu klären, ob man sich in der Regierung Kurz I Pos­ten oder gar Gesetze kaufen konnte und wer dieses System betrieben hat. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Um diesen Auftrag effizient erfüllen zu können, fordern wir hiermit die Öffentlichmachung der Ton- und Bildaufnahmen von Befragungen in Untersuchungsausschüssen, begin­nend mit der Befragung von ehemaligen und aktiven Regierungsmitgliedern. Ich bin sehr gespannt auf Ihre Argumente im Ausschuss, liebe ÖVP. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

18.11

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Stocker. – Bitte. (Abg. Brandstätter: Der hat ein Buch mit! Das ist sehr gut!)