11.28

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Mir geht es heute, wie wahrscheinlich vielen von uns, so, dass man kaum die richtigen Worte finden kann für das, was am Montag passiert ist. Die Ereignisse machen betroffen und machen ein wenig sprachlos. Unser tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen und Freunden der Opfer und unser Dank und der große Respekt allen Einsatzkräften vor Ort, allen voran den Polizistinnen und Polizisten, die durch ihren Einsatz Schlimmeres verhindert haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir können aber auch stolz sein, stolz auf das Zeichen der Zivilcourage, die es neben dem Einsatz der Sicherheitskräfte gegeben hat. Es wurde heute schon mehrfach erwähnt: Die Männer, die den angeschossenen Polizisten aus der Gefahrenzone ge­rettet haben, sind ein Beispiel für viele Zeichen des couragierten Verhaltens der Bevölkerung vor Ort. Das kann uns stolz machen, und das müssen wir auch sagen, und ich sage in diesem Zusammenhang jetzt auch einmal dazu, dass diese Männer, die den Polizisten gerettet haben, auch einen Migrationshintergrund haben. Bei den Tätern wird es ja immer ganz explizit erwähnt, aber auch die Retter hatten einen Migrations­hinter­grund. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Gleichzeitig ist es unsere Aufgabe hier im Parlament, alles zu tun und alle Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass so ein feiger und hinterhältiger terroristischer Angriff in Zukunft möglichst verhindert werden kann. Dazu wird es neben den aktuellen Ermittlungen aber auch Klarheit über die Vorgänge brauchen, die im Vorfeld des Anschlages passiert sind. In den letzten Tagen und Stunden sind ja immer mehr Details bekannt geworden; diese werden wir politisch ganz genau verfolgen müs­sen.

Selbstverständlich, Herr Innenminister, muss geklärt werden, wie es möglich war, dass eine Information von der Slowakei an unsere Behörden, dass dieser Attentäter Munition kaufen wollte, zwar übermittelt wurde, aber dann nichts getan wurde. Da gibt es eine politische Verantwortung, Herr Innenminister: Für diese politische Verantwortung müs­sen Sie hier im Haus geradestehen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Es ist ein denkbar schlechtes Krisenmanagement, wenn man als erste Reaktion die Verantwortung abschiebt. Das macht der Bundeskanzler leider so und das macht der Innenminister so: zuerst die Verantwortung in Richtung Justizministerium abschieben – das war der erste Schritt –, und jetzt das Abschieben der Verantwortung an einen Ihrer Amtsvorgänger. Sie wissen, dass wir nicht die größten Fans von Innenminister Kickl waren, aber dieses Abschieben der Verantwortung, das Sie hier machen, steht in keiner Relation; ich möchte es fast als tollkühn bezeichnen, dass sich die ÖVP hierherstellt und so tut, als ob sie im BVT keine Verantwortung hätte. Der BVT-Untersuchungsausschuss hat eines ganz, ganz klar gezeigt: wie die Zustände im BVT unter ÖVP-Innenministern jahrelang gewesen sind! (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Jetzt kann man natürlich darüber diskutieren, ob heute der richtige Zeitpunkt für einen Misstrauensantrag ist, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, ob das am dritten Tag der Staatstrauer der richtige Tag ist. Eines steht allerdings außer Streit: Inhaltlich stimmen Ihre Kritikpunkte (in Richtung FPÖ), auch wir sagen ganz klar, dass Sie Ihr Vertrauen verspielt haben, Herr Innenminister. Wir werden diesen Misstrauensantrag dementsprechend auch unterstützen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Weil heute so viel von Untersuchungskommissionen, unabhängigen Untersuchungs­kom­missionen geredet wurde: Wenn ein ÖVP-Minister eine unabhängige Untersuchungs­kommission gründet, wird man schon ein bisschen nervös. Ich habe ein bisschen Angst, dass dann jemand aus der ÖVP Niederösterreich den Vorsitz haben wird; dann wissen wir schon, wohin das Ganze führen wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Eines braucht es schon: Es braucht eine Reform des BVT. Wir sind auch bereit, diesen Reformprozess mitzumachen. Aber es gibt auch Folgendes zu berücksichtigen: Es ist immer die Frage, wie man Reformen angeht. Jetzt gibt es natürlich diese Reformkommission, die Sie eingesetzt haben, Herr Innenminister, aber seit vielen Wochen und Monaten fordert die Opposition, fordern wir, dass es auch eine klare Einbindung des Parlaments geben muss. Es kann eine BVT-Reform nur dann geben, wenn es auch eine entsprechende parlamentarische Kontrolle gibt; das ist der Schlüssel dafür, dass wir als Sozialdemokratie auch zustimmen werden. Nur mit einer klaren parlamentarischen, starken Kontrolle gibt es eine Reform des BVT. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Da der Herr Bundeskanzler wieder da ist und der Herr Vizekanzler auch wieder da ist – ich bin ja froh, dass man sich doch bequemt, die Debatte hier im Haus zu verfolgen –, sage ich Folgendes: Wenn ich Sie, Herr Vizekanzler Kogler – und ich habe ganz genau zugehört –, heute richtig verstanden habe, so haben Sie gesagt, wenn jemand Größe hat, dann agiert er nicht mit vorschnellen Schuldzuweisungen. (Abg. Kickl: ... verteidigt nicht einmal die eigene Justizministerin!) Herr Vizekanzler, damit haben Sie heute doch offenbar dem Herrn Innenminister und dem Herrn Bundeskanzler ganz eindeutig ausge­richtet, dass sie nicht die notwendige Größe haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Sie sehen also, es gibt an vielen Stellen Handlungsbedarf. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir das auch rasch angehen, Reformen rasch umsetzen, prüfen, wo es Schwachstellen gibt. Aber bei all diesen Bereichen, in denen es Handlungsbedarf gibt, muss eines immer im Vordergrund bleiben: Österreich ist ein starkes, demokratisches Land. Wir leisten entschlossen Widerstand gegen Gewalt und Terror und werden davon auch keinen Millimeter abweichen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

11.35

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hannes Amesbauer. – Bitte.