8.55

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Geschätzte Österreicherinnen und Österrei­cher! Die Bewilligung und die Kontrolle des Staatshaushalts gehören in Demokratien zu den zentralen, wichtigsten und auch zu den ältesten Rechten der Parlamente. Umso beschämender ist es, dass dieses Hohe Haus heuer bereits zum zweiten Mal nicht in der Lage ist, ein korrektes Budget ordnungsgemäß zu beschließen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Sowohl beim Budget 2020 als auch beim Budget 2021 wurden von den Regierungsfrak­tionen grobe Fehler gemacht. Am 29.5. haben 97 schwarz-grüne Nationalratsabgeord­nete bewusst ein falsches Budget beschlossen. Es war ein Budget, welches vor der Co­ronakrise erstellt wurde, obwohl wir bereits mitten in dieser Krise waren. Darüber hinaus musste das Hohe Haus die dritte Lesung um einen Tag verschieben, weil der Herr Fi­nanzminister sechs Nullen im Budget vergessen hatte.

Vergangenen Donnerstag wollten wir das Budget 2021 beschließen. Aufgrund eines schweren Formalfehlers der ÖVP konnten wir das Bundesfinanzrahmengesetz 2021 bis 2024 jedoch nicht beschließen, es fehlte nämlich eine Unterschrift auf einem Abände­rungsantrag. In diesem Zusammenhang möchte ich zwei Zitate aus der Rede des ÖVP-Abgeordneten Karlheinz Kopf bei der Budgetgeneraldebatte am 17.11.2020 bringen.

Das erste Zitat: „Herrn Kollegen Fuchs ist dann keine inhaltliche Kritik an dieser Maßnah­me mehr eingefallen, also hat er sich auf das Formale verlegt“. (Abg. Hanger: Stimmt ja!) Das zweite Zitat von Kollegen Kopf: „Wir kümmern uns um diese Sorgen, um die wahren Sorgen dieser Unternehmerinnen und Unternehmer [...], und nicht um Formalfra­gen oder Strukturfragen“. (Abg. Hanger: Stimmt auch!) – Wir kümmern uns nicht um Formalfragen  Kollege Hanger, Sie haben das bejaht  das ist korrekt, und das ist ge­nau der Grund, warum wir alle heute hier eine Ehrenrunde drehen müssen. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) Wenn die ÖVP die Einstellung hat, dass Formalfragen und Strukturfragen nicht relevant sind, dann wundert es mich nicht, dass die Coronahilfsmaß­nahmen ein Meisterstück an Bürokratie sind. (Beifall bei FPÖ und NEOS.)

Wir müssen uns hier alle bewusst sein, dass der Finanzminister wiederum ein Budget vorlegt, welches nur den Lockdown light berücksichtigt, nicht aber den zweiten harten Lockdown. Dieses Budget ist also bereits vor der Beschlussfassung Makulatur und ver­letzt einen wichtigen verfassungsrechtlichen Grundsatz, nämlich den Grundsatz der Budgetwahrheit. 97 schwarz-grüne Nationalratsabgeordnete werden also heute bewusst wieder ein falsches Budget beschließen.

Warum diese Eile? Wir hätten uns die Zeit bis zur nächsten Plenarsitzung am 10.12. nehmen können. Dann hätte der Finanzminister mehr als genug Zeit gehabt, das Budget zu überarbeiten und ein ordentliches Budget vorzulegen. Der Finanzminister findet es aber heuer bereits zum zweiten Mal nicht der Mühe wert, ein Budget unter Berück­sichtigung sämtlicher aktueller Entwicklungen vorzulegen – zum Schaden der Republik Österreich. (Abg. Wurm: Peinlich!) In diesem Zusammenhang möchte ich noch kurz auf einen Gesetzentwurf eingehen, der wirklich skandalös ist – wir haben ihn vorgestern im Finanzausschuss diskutiert –, und zwar das „Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden“.

Grundsätzlich ist das eine gute Idee. Es gibt auch einen entsprechenden Entschlie­ßungsantrag des Nationalrates vom 22. April 2020, aber – erster Kritikpunkt – das The­ma steuerliches Wohlverhalten wurde damit im Vergleich zum Entschließungsantrag massiv entschärft.

Der zweite Punkt ist wirklich skandalös: die Inkrafttretensbestimmung. „Dieses Bundes­gesetz tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft und“ – jetzt kommt es! – „ist auf Förderungen an­zuwenden, deren Rechtsgrundlage erstmals nach dem 31. Dezember 2020 in Kraft ge­treten ist.“ Was heißt das? – Das heißt nichts anderes, als dass Förderungen an Unter­nehmer, die sich nicht steuerehrlich verhalten, nicht rückgängig gemacht und zurückge­fordert werden, wenn die Förderung auf einer Rechtsgrundlage basiert, die bereits im Jahr 2020 beschlossen wurde. Das heißt, es wird ein Auge zugedrückt. Wenn die Rechtsgrundlage im Jahr 2020 verwirklicht wurde, darf man steuerunehrlich sein.

Auf meine Frage im Finanzausschuss, warum wir dieses Gesetz nicht rückwirkend mit 1.1.2020 in Kraft treten lassen, hat der Obmann des Finanzausschusses, Karlheinz Kopf, gemeint, es gehe da um rechtsstaatliche Grundsätze, um den Vertrauensschutz. Das heißt, die steuerunehrlichen Unternehmen Österreichs dürfen sich dank ÖVP darauf ver­lassen, dass sie, wenn sie 2020 unehrlich waren und Förderungen in Anspruch genom­men haben, diese nicht zurückzahlen müssen. Eine Absicherung in den Richtlinien ist uns zu wenig. Wir brauchen da eine entsprechende gesetzliche Bestimmung. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Doppelbauer.)

9.02

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schwarz. – Bitte.