9.49

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident, ich glaube, ich darf dann zweimal sprechen, denn ich stehe gerade zweimal auf der Liste und damit am Display.

Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte auch noch einmal ein bisschen auf das Budget eingehen. Wir haben in der letzten Woche drei Tage lang das Budget diskutiert. Noch einmal: Ich bin auch der Meinung meiner Kolleginnen und Kollegen von der Oppo­sition, dass der harte Lockdown, der in dieses Budget 2021 nicht eingepreist ist, natürlich hätte eingepreist werden sollen. Ich sage es noch einmal: Sie sind damit der erste Fi­nanzminister der Zweiten Republik, der es geschafft hat, innerhalb eines Jahres zweimal ein Budget vorzulegen, bei dem nur eines ganz gewiss ist, nämlich dass es total falsch ist. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ. – Abg. Hanger: ... das können Sie nicht verstehen!)

Leider ist der Grund dafür, dass wir uns heute treffen und das noch einmal diskutieren, allerdings nicht, dass das Verständnis sickern würde, sondern dass den Parlaments­klubs ein Formalfehler unterlaufen ist. Ganz im Ernst: Fehler können passieren. Das ist so, das ist menschlich, vor allem in stressigen Zeiten. Es zeigt sich aber auch, welche Auswirkungen solche Fehler haben können. Deswegen ist es umso wichtiger, dass in diesen Zeiten ganz besonders sorgfältig gearbeitet wird, denn die Menschen müssen darauf vertrauen können, dass das, was hier in diesem Parlament beschlossen wird, auch hält. Deswegen bin ich eigentlich sehr froh darüber, dass wir heute hier sind, denn der Fehler wurde erkannt, er wurde zugegeben und er wird heute eben auch saniert – das finde ich gut.

Als Budgetsprecherin geht es mir jetzt aber weniger um die formalen Fehler, sondern es geht mir mehr um die inhaltlichen Fehler, die wir in diesem Budget 2021 finden. Die Bundesregierung nimmt ja sehr viel Geld in die Hand – und das ist gut. Wir finden es absolut richtig, dass man momentan versucht, sich aus der Krise herauszuwirtschaften. Es ist aber umso wichtiger, dass ordentlich gearbeitet wird. Was meine ich damit? – Dass Programme und auch Förderungen, die ausgezahlt werden, ordentlich aufgesetzt sind, damit sie nämlich rechtssicher sind und auch wirklich den Auswirkungen der Be­kämpfung des Coronavirus entgegengesetzt werden können. Sie müssen nicht nur schnell ankommen, sondern sie müssen auch treffsicher sein, und ja, sie müssen auch fair und gerecht sein.

Das – und nun komme ich auf die Wirtschaftshilfen zu sprechen – passiert eben im Au­genblick nicht. Die Unternehmer haben jetzt – das wissen Sie alle – über zwei Monate auf den Fixkostenzuschuss Phase zwei warten müssen, und nicht, weil es Brüssel nicht genehmigt hat, sondern weil der Finanzminister das mit einer falschen Begründung ein­geschickt hat. Ist das auch ein Formalfehler, Herr Bundesminister?

Man hat natürlich gemerkt: Ups, nun wird es eng, der November kommt und wir müssen zweimal Gehälter zahlen, nun müssen wir natürlich etwas tun, den Unternehmerinnen und Unternehmern fehlt die Liquidität. – Dann hat man halt sozusagen über Nacht diesen Umsatzersatz erfunden. Damit es ganz schnell funktioniert, hat man ihn – das muss man wirklich sagen – gut abgewickelt; das heißt, er ist wirklich leicht zu bekommen und landet schnell auf dem Konto. Das ist natürlich positiv, das hätte man aber – ganz im Ernst – auch mit anderen Hilfen machen können. Das inhaltliche Problem, das wir da einfach haben, ist, dass genau dieser Umsatzersatz so aufgesetzt worden ist, dass potenziell eben eine Ungleichbehandlung, eine Überförderung erfolgt und vor allem auch Rechtssi­cherheit nicht gewährleistet ist.

Weil immer wieder gesagt wird: Jö, die NEOS sind gegen den Umsatzersatz!, möchte ich wirklich zwei Beispiele bringen. Nein, ganz im Gegenteil, es geht uns darum, dass Hilfen ausgezahlt werden, aber dieser Umsatzersatz ist einfach falsch gewählt, die Richt­linie ist falsch. Ich sage Ihnen anhand der beiden Beispiele auch, warum.

Gestern habe ich mit einem Unternehmer lange diskutiert – österreichisches Familienun­ternehmen, Traditionsbetrieb, ein sehr großes Unternehmen, das über Jahrzehnte ganz, ganz viele Arbeitsplätze in diesem Land geschaffen hat. Was passiert? – Er wäre eigent­lich im Bereich von diesen 60 Prozent Umsatzersatz, weil seine Branche in diesen Be­reich hineinfällt, aber dadurch, dass der Betrieb so groß ist, bekommt er letztendlich 4 Prozent und nicht 60 Prozent von seinem Umsatz ersetzt. – Ist das fair oder ist das ein Formalfehler?

Dann gibt es auf der anderen Seite kleinere Betriebe – ja, auch davon gibt es sehr, sehr viele, und nun kommen wir wieder zu den Richtlinien –, die die 800 000 Euro nun abge­holt und diese Obergrenze voll ausgenützt haben und damit Schulden aus den Jah­ren 2018 und 2019 zahlen. Das wären doch eigentlich Covid-Hilfen, oder? Nun frage ich mich schon: Ist das gewünscht oder ist das auch ein Formalfehler, Herr Bundesminister?

Ich konstatiere hier noch einmal: Dieser Bundesregierung fehlt es einfach an Umset­zungskompetenz. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Kucher.)

Sie dürfen nicht vergessen, dass die Menschen wirklich ein ganz, ganz feines Sensorium dafür haben. Da geht es wirklich darum, dass natürlich, wenn prallgefüllte Fördertöpfe da sind, Korruption, Ungleichbehandlung und Verschwendung damit einhergehen kön­nen. Gestern war schon der Bericht über die erste Studie dazu in der „Presse“, den ha­ben Sie wahrscheinlich alle gelesen. Deswegen ist es eben umso wichtiger, dass diese Gelder nachvollziehbar vergeben werden.

Was meinen wir damit? – Wenn man Geld ausgibt, geht es nicht nur darum, dass Korrup­tion verhindert wird, sondern es geht auch darum, dass die Menschen diese Entschei­dungen mittragen. Das geschieht dann, wenn man versteht, wer was bekommt, wofür und wie viel – und auch, wer es eben nicht bekommt. Das führt zu der Akzeptanz und der Solidarität, die wir in dieser Gesellschaft heute brauchen, denn es ist natürlich ganz klar, was passieren wird: Diese Schulden, die derzeit aufgebaut werden, müssen über viele, viele Jahrzehnte abgetragen werden. Das wird nicht nur uns treffen, sondern das wird vor allem die nächsten Generationen treffen. Deswegen ist es so wichtig, dass die Solidarität diesbezüglich erhalten bleibt.

Budget 2021, in Zahlen gegossene Politik: Ansprüche, die wir daran stellen, erfüllen sich nicht. Warum tun Sie das? Ist es Mutlosigkeit? Ist es Überforderung? Sind es Wahlkal­küle, die da eine Rolle spielen? Es ist am Ende des Tages wurscht, es ist mir – ehrlich gesagt – auch egal, aber es geht darum, dass die Bundesregierung ihre Verantwortung übernimmt und ab sofort wirklich gut für das Jahr 2021 arbeitet. Das betrifft nicht nur die Bundesregierung, sondern da schaue ich auch die Abgeordneten hier in diesem Saal an, die Abgeordneten von Türkis, die Abgeordneten von Schwarz – ich konstatiere, da gibt es Unterschiede – und vor allem auch von Grün. Sie haben eine Verantwortung, sich wirklich seriös auf das Jahr 2021 vorzubereiten. Es wird ein verdammt schwieriges Jahr werden – und ja, es werden auch wieder Fehler passieren, aber es wäre schön, wenn man nicht die gleichen Fehler zweimal macht. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

9.56

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Obernoste­rer. – Bitte.