10.54

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Rede möchte ich mich ganz herzlich bei den Grünen bedanken, im Speziellen bei meinem Gegenüber, Frauen­sprecherin Meri Disoski, dass sie dieses Thema für die heutige Europastunde gewählt haben. Das gibt uns die Gelegenheit und stellt sicher, dass wir heute, am letzten Tag der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen, noch einmal über dieses wichtige Thema sprechen können – und das auch noch dazu zur Primetime. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Vorrednerinnen haben ja schon eine Zahl genannt, die sowohl für die EU als auch für die ganze Welt gilt: Jede dritte Frau in der EU hat nach ihrem 15. Lebensjahr körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren. Ich habe aber auch noch drei andere, nicht minder erschreckende Zahlen für Sie – ebenfalls aus EU-Statistiken –: 35 Prozent der Frauen haben kontrollierendes Verhalten des aktuellen oder eines Ex-Partners erfahren; jede Woche sterben circa 50 Frauen in der EU an häuslicher Gewalt; und etwa 74 Prozent der Europäer denken, dass Gewalt an Frauen in ihrem Land verbreitet ist – 74 Prozent sind drei Viertel, und trotzdem passiert noch so viel.

Dem Europarat verdanken wir – meine Kolleginnen haben schon darüber berichtet – ein wirklich wirkmächtiges Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt: die sogenannte Istanbulkonvention. Erstmals wurde damit ein internationales Übereinkommen und ein gesetzlicher Rahmen geschaffen, der die Unterzeichnerstaaten dazu verpflichtet, mit entsprechenden gesetzlichen und anderen Maßnahmen für den Schutz von Frauen vor jeder Form von Gewalt zu sorgen. Die Einhaltung wird von der sogenannten Grevio-Kommission überprüft, die darüber berichtet.

Es gibt schon einige Grevio-Berichte über verschiedene Länder der EU, die Teil der Istanbulkonvention sind. Sehr viele Fortschritte wurden zufriedenstellend bewertet, es wurde aber auch mehrfach kritisiert, dass der Fokus bis jetzt eher auf häuslicher Gewalt lag und andere Formen von Gewalt, wie zum Beispiel die Gewalt an behinderten Frauen oder auch Kinderehen, noch nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Die Frau Ministerin hat es schon gesagt: Mit Stand November 2020 haben alle EU-Mitgliedstaaten die Istanbulkonvention unterzeichnet, aber leider fehlen noch die Rati­fizierungen von sechs EU-Staaten, und – das wurde von Kollegin Disoski auch schon erwähnt – in einigen Ländern, wie zum Beispiel Polen, gibt es auch Tendenzen, sich wieder aus der Konvention zurückzuziehen. Meiner Meinung nach, geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen, wäre dies ein wirklich großer Verlust, ein völlig falsches Zeichen und ein dramatischer Rückschritt im Bemühen, sich geeint mit aller Kraft gegen die Gewalt an Frauen zu stemmen.

Bitte erlauben Sie mir, da heute auch der Tag der Menschenrechte begangen wird, einen Sidestep: Was derzeit in Polen und Ungarn gegen die LGBTIQ-Community vorgenom­men oder in Betracht gezogen wird und teilweise auch schon umgesetzt ist, halte ich für absolut furchtbar. Ich halte das für ein Europa, in dem wir alle in Freiheit leben wollen, in dem jeder Mensch seine Entscheidungen selber treffen kann, in dem wir uns als humanistisch bezeichnen, für absolut untragbar, und ich hoffe, dass die EU die ent­sprechenden Mittel und Wege finden wird, diese Länder davon zu überzeugen, dass sie wieder auf den sozusagen richtigen Weg gelangen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Bayr.)

Auch in Österreich wurde bereits eine Prüfung durch die Grevio-Kommission vorge­nommen, und es gab einerseits viel Lob für gesetzte Maßnahmen, andererseits aber auch viele Anregungen für Verbesserungen. Diese werden unter der Führerschaft von Frau Ministerin Raab sukzessive umgesetzt, und auch Frau Ministerin Zadić leistet mit ihrem Ministerium einen sehr großen Beitrag. – Sie haben es jetzt auch gerade aus­geführt; ich möchte mich im Namen der ÖVP ganz herzlich dafür bedanken. Vielen herzlichen Dank.

Zum Beispiel hat Frau Ministerin Raab vor ein paar Tagen ein neues Handbuch prä­sentiert, das sich mit kulturell bedingter Gewalt an Frauen und Mädchen beschäftigt.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (fortsetzend): Ich muss schon zum Schlusssatz kommen? – Gut; ich wollte das noch länger ausführen, aber anschei­nend ist mir die Zeit heute wirklich davongelaufen.

Ich möchte mich herzlich für alle Maßnahmen aller Ministerinnen und Minister bedanken, was den Schutz der Frauen und auch den Schutz der Mädchen betrifft.

Ich hätte noch einen schönen Abschlusssatz gehabt, aber den werde ich anderes Mal vortragen, wenn ich mehr Zeit habe. – Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.00

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Bayr. – Bitte.