17.26

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Heute ist ein besonderer Tag im Kampf gegen den Klimawandel, ein Tag der Wende im Kampf gegen den Klimawandel und ein besonderer Tag auch für den Klimaschutz in Österreich. Eine Forderung, die von den Klimaforscherinnen und Klimaforschern, wie ich auch einmal einer war, seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten vorgebracht wird, und zwar jene nach einer ökosozialen Steuerreform als wesentlichem und notwendigem Bestand­teil einer effektiven Klimapolitik, wird nämlich mit dem Beschluss des heutigen Tages zu TOP 21 zumindest in Komponenten auf den Weg gebracht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Vorredner sind teilweise auf Details zu anderen Tagesordnungspunkten einge­gangen, ich aber möchte eigentlich einen Schritt zurück machen und quasi die Frage stellen: Wozu braucht es eigentlich eine ökosoziale Steuerreform? – Man könnte ja – Kollege Krainer spricht sich oft dafür aus – ordnungspolitisch eingreifen; man könnte etwa verbieten, größere Autos zu kaufen, man könnte vorschreiben, dass Tickets für öffentlichen Verkehr Teil eines Gehalts oder Lohns sein müssen, man könnte vor­schreiben, dass Güter auf der Schiene transportiert werden müssen, man könnte auch die Reparatur von zerbrochenen oder kaputten Gegenständen vorschreiben.

In manchen Bereichen mag solch ein ordnungspolitischer Zugang sinnvoll und not­wendig sein, die ökosoziale Steuerreform jedoch ist ein wesentlich eleganterer Zugang. Sie schafft nämlich die Möglichkeit, dass Menschen immer noch die Entscheidungs­hoheit haben, sich für die eine oder andere Sache zu entscheiden – wenn man unbedingt möchte, kann man sich immer noch den dicksten Stinker kaufen –, man verliert nur eben den Vorteil, dass man die Kosten, die dadurch für die Allgemeinheit entstehen, an die Allgemeinheit abgeben und übertragen kann. Stattdessen muss man selbst für die Kosten aufkommen – das ist der große Vorteil der ökosozialen Steuerreform. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Eßl.)

Kurz gesagt: Man ist nicht mehr der Depperte, wenn man sich klimafreundlich verhält, sondern klimafreundliches Verhalten hat einen finanziellen Vorteil.

Der zweite große Vorteil der ökosozialen Steuerreform, von Steuern als Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels ist das Steuern. Steuern, und da gibt es einige kuriose Beispiele in der Geschichte: Ich erinnere an die Fenstersteuer im 19. Jahrhundert in Großbritannien oder in Frankreich, die dazu geführt hat, dass die Leute in ihre Häuser keine Fenster mehr eingebaut haben, bis hin zu billigen Mietzinshäusern, die gar keine Fenster mehr gehabt haben, um sich Geld zu ersparen. Daran erkennt man: Steuern und eine Steuerreform sind wirksam und helfen dabei, Emissionen zu reduzieren, wenn wir sie richtig einsetzen, und ich glaube, das tun wir mit diesen nächsten Schritten im Zuge der ökosozialen Steuerreform. (Beifall bei den Grünen.)

Wie setzen wir diese Steuerungskraft jetzt also frei? – Aus meiner Sicht tun wir das insbesondere bei der Anschaffung von Neuwagen. Da kommt oft die Kritik: Na ja, bei Neuwagen sei ja noch keine Emission freigesetzt, das passiere ja erst im Betrieb, man bräuchte also eine CO2-Steuer oder eine MÖSt-Erhöhung. – Gerade aber beim Kauf des Neuwagens habe ich als Konsumentin, als Konsument die Möglichkeit, mich für ein verbrauchsintensives, verschmutzendes Fahrzeug, für ein sauberes oder für keines zu entscheiden. Wenn ich möchte, kann ich mir ja zu dem Zeitpunkt die Frage stellen, ob ich nicht lieber mit dem Rad unterwegs bin. Deshalb ist das der Zeitpunkt, an dem die größte Lenkungswirkung erzielt werden kann. Wenn man nicht sozusagen Abzocke betreiben will, sondern tatsächlich Lenkung erreichen möchte, ist das der Moment, an dem man steuerlich eingreifen muss.

Ähnlich verhält es sich auch bei den anderen Punkten, zum Beispiel bei der Sach­bezugsbefreiung. Ich glaube, das ist wirklich ein Durchbruch. Es kann dazu führen, dass das Öffiticket zu einem ganz normalen Bestandteil von Dienst- und Arbeitsverträgen wird, dass man sich einen Teil des Gehalts in Tickets für den öffentlichen Verkehr auszahlen lässt.

Auch beim Güterverkehr ist damit, glaube ich, eine Wende gelungen. Die Maut für den Lkw-Verkehr wird erhöht – damit wird der Transport von Gütern am Lkw teurer –, gleichzeitig die Elektrizitätsabgabe bei der Bahn gesenkt und damit der Transport auf der Bahn günstiger.

Ähnlich ist es auch bei den Reparaturen: Wir haben den Umsatzsteuersatz von 20 auf 10 Prozent gesenkt. Damit werden Reparaturen interessanter und man schmeißt nicht alles weg, sondern gibt der Sache noch eine zweite Chance, wenn das möglich ist.

Ich glaube, was jetzt passiert ist, ist ein erster wichtiger Schritt, es ist nicht die gesamte Steuerreform. Wir haben quasi versprochen, die ersten Teile kommen mit 2021, das ist damit eingelöst, und die anderen Teile – Pendlerpauschale, Tanktourismus und Dienst­wagenprivileg – werden gemeinsam mit dem generellen CO2-Preis im Laufe des Jahres beziehungsweise im nächsten Jahr folgen. (Beifall bei den Grünen.)

Damit wird klimafreundlichen Technologien zum Durchbruch verholfen – das sieht man zum Beispiel bei der NoVA –, es ist aber auch quasi ein Anreiz für die Leute, sich klimafreundlich zu verhalten. Es wird Emissionen reduzieren, aber die Entscheidungen werden eben nicht von der Regierung aufoktroyiert, sondern die Leute können selbst entscheiden, ob sie sich nachhaltig verhalten wollen oder nicht – aber man hat zumindest keinen Vorteil mehr davon, wenn man es nicht macht. – Gut.

Dann möchte ich noch ganz kurz zu den anderen Tagesordnungspunkten kommen und beginne mit Abgeordnetem Fuchs: Sie sagen, das ist quasi ein Beförderungsgesetz für Steuersünder. – Es ist ein Gesetz gegen aggressive Steuervermeidung beziehungs­weise bekommen Leute, die das machen, keine Coronaförderungen. Da mag es dann noch im Detail Kritikpunkte geben, aber dass es dieses Gesetz gibt, ist natürlich eine Verbesserung der Situation und führt dazu, dass, wenn aggressive Steuervermeidung generell passiert, kein Anspruch auf Coronaförderungen besteht.

Dass es nicht rückwirkend wirkt, ist, glaube ich, auch nachvollziehbar. Das hat auch Abgeordneter Kopf letztes Mal schon breiter ausgeführt. Wir haben ja in den gesamten Förderungstools, die es bisher gibt, insbesondere beim Fixkostenzuschuss, diese Regelung vorgesehen: Wenn in der Vergangenheit aggressive Steuervermeidung be­trieben worden ist, gibt es keinen Anspruch auf den Fixkostenzuschuss.

Zu einer anderen Forderung, die Sie, Herr Abgeordneter Krainer, erhoben haben, nämlich dass Dividendenauszahlungen und Managerboni beschränkt werden, möchte ich sagen, das ist auch in diesen Richtlinien beim Fixkostenzuschuss bereits berück­sichtigt.

Damit noch zu einem letzten Punkt und zu Herrn Graf: Den Umsatzersatz mag man quasi kritisch sehen, in manchen Bereichen ist es auch zu Überförderungen gekommen, aber was man daran nicht kritisch sehen kann, ist, dass der Umsatzersatz eine Hilfe ist, die schnell und unbürokratisch ankommt. Das war auch das Ziel, deswegen gibt es ihn, weil es davor auch sehr oft die Kritik gab, dass es viel zu aufwendig ist, bis man zu den Zahlungen kommt, und beim Umsatzersatz ist das sicher nicht der Fall. Wenn man jetzt hergeht und quasi den Herrn Graf irgendwo in den Erläuterungen ausschließt, dann fängt man natürlich an, das Ganze wieder kompliziert zu machen, was eben gerade nicht die Intention dieses Umsatzersatzes gewesen ist. Deshalb glaube ich, dass es in der Form, wie es gemacht worden ist, am Ende auch passt.

Ich bitte um Zustimmung, insbesondere zu den wichtigen klima- und umweltpolitischen Steuerveränderungen, die wir zustande bringen, freue mich aufs nächste Jahr und hoffe, dass wir da noch einiges weiterbringen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.33

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer ist als nächste Red­nerin zu Wort gemeldet. – Bitte.