20.15

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja heute schon viel über den „Pleiten-, Pech- und Pannendienst“ geredet: Wir leisten wieder einmal Pannenhilfe, indem wir im Zusammenhang mit der Investitionsprämie natürlich zustimmen, dass das wieder erhöht wird.

Kolleginnen und Kollegen, wer Herrn Abgeordnetem Haubner zugehört hat, weiß: Es sind bereits 2,4 Milliarden Euro abgerufen. Wieso schaffen Sie es nicht, dass wir jetzt vielleicht auf 4 Milliarden Euro gehen, damit wir uns nicht in kurzer Zeit hier wieder versammeln? – Eine kurze Frage nur am Rande. (Zwischenbemerkung von Bundes­ministerin Schramböck.) Wie gesagt, wenn unsere Pannenhilfe gebraucht wird, dann helfen wir.

Ich möchte gleich fortsetzen in der Pannenhilfe, nämlich beim zweiten Thema: Wir werden den Covid-19-Maßnahmen beim Berufsrecht zustimmen, allerdings droht dort eine andere Pleite und Panne, nämlich bei den Ziviltechnikern. Bei der Umsetzung der Regierungsvorlage, die jetzt hier im Haus ist, hat man nicht bedacht, dass es, wenn man interdisziplinäre Gesellschaften als Gesellschafter einbezieht, passieren kann, dass die Ziviltechniker in einer Ziviltechnikergesellschaft in Wahrheit nicht mehr 50 Prozent der Stimmrechte haben und damit genau das unterlaufen wird, was wir verhindern wollen, nämlich dass man sich quasi einkauft und dann jede größere Baufirma ihren Zivil­techniker hat und keine Freiberufler mehr braucht.

Herr Präsident! Aus diesem Grunde bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wah­rung der Unabhängigkeit der ZiviltechnikerInnen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort wird aufgefordert, den Ministerialentwurf 40/ME zur Änderung des Ziviltechnikergesetzes in einer Weise abzuändern, in der sichergestellt wird, dass auch durchgerechnet bei mehrstöckigen Kapitalbeteiligungen mindestens 50 Prozent des Kapitals einer Ziviltechnikergesell­schaft wirklich von ZiviltechnikerInnen gehalten werden und somit die Unabhängigkeit von Ziviltechnikergesellschaften gewährleitet ist.“

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Ich werbe dafür: Machen wir proaktiv Pannenhilfe, dann haben wir weniger Hoppalas!

Ein kleiner Nachsatz, Herr Kollege Haubner: Ja, der Umsatzersatz ist unbürokratischer, aber die gleichen Unternehmerinnen und Unternehmer, die das möglicherweise rasch für den Lockdown eintippen konnten, können gleichzeitig seit ein paar Tagen den Fixkos­tenzuschuss Phase zwei beantragen. Ich empfehle jedem, sich einmal das Formular auf FinanzOnline anzuschauen. Ich bin ja aus 40 Jahren Steuerberaterei einiges gewohnt, aber dass der Scherz: Das ist kompliziert, da wird man einen Steuerberater brauchen!, jedes Mal Wirklichkeit wird, ist unnötig.

Ein Formular, bei dem man vorher Zeiträume bis in die Zukunft ankreuzt und dann Felder hat, bei denen man nicht weiß, ob sie für einen Monat oder ein Jahr sind: Ehrlich gesagt, das ist eine Sudoku-Aufgabe, die man vielleicht am Sonntag löst. Überarbeitet das!

Wiederum: Wir kommen gern zur Pannenhilfe. Fortsetzung von „Pleiten-, Pech- und Pannendienst“ folgt sicher. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

20.19

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Genossinnen und Genossen

Betreffend: Wahrung der Unabhängigkeit der ZiviltechnikerInnen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 25 Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 1113/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017, das Ziviltechnikergesetz 2019 und das Bilanz­buchhaltungsgesetz 2014 geändert werden (592 d.B.)

Der EuGH stellte mit seinem Urteil vom Juli 2019 im Rahmen eines Vertrags­verlet­zungs­verfahrens fest, dass Österreich aufgrund des Berufsgesetzes der Tierärzte, Patent­anwälte und der Ziviltechniker gegen Unionsrecht verstoßen habe. Zur Herstellung eines europarechtskonformen Zustands wurde eine Novelle des Ziviltechnikergesetzes geschrieben.

Diese Novelle bietet jedoch Schlupflöcher, die die Unabhängigkeit der Ziviltechni­kerIn­nen gefährden könnten. Diese Schlupflöcher entstehen aufgrund von möglichen Ver­schach­telungen. In der Novelle ist festgehalten, dass mindestens 50 Prozent des Kapitals von Ziviltechnikergesellschaften von berufsbefugten ZiviltechnikerInnen, Zivil­technikergesellschaften oder interdisziplinären Ziviltechnikergesellschaften gehalten werden müssen. Diese Mindest-Kapitalbeteiligung ist wichtig, um die Unabhängigkeit von Ziviltechnikergesellschaften sicherzustellen. Problematisch ist nun die Schaffung und Beteiligungsmöglichkeit der interdisziplinären Ziviltechnikergesellschaften. Diese interdisziplinären Ziviltechnikergesellschaften müssen ihrerseits eine Mindest-Kapital­beteiligung von 50 Prozent durch berufsbefugten ZiviltechnikerInnen, Ziviltechnikerge­sell­schaften oder interdisziplinäre Ziviltechnikergesellschaften aufweisen.

Hier kann es zu möglichen Verschachtelungen kommen, die den Kapitalanteil berufs­befugter ZiviltechnikerInnen an einer „klassischen“ Ziviltechnikergesellschaft auf unter 50 Prozent drücken. Dazu kommt es beispielsweise, wenn eine interdisziplinäre Zivil­technikergesellschaft einen Kapitalanteil von 50 an einer „klassischen“ Ziviltechnik­ge­sell­schaft hält und an dieser interdisziplinären Ziviltechnikergesellschaft berufsbefugt ZiviltechnikerInnen einen Kapitalanteil von 50 Prozent halten. Dadurch liegt der Anteil, den berufsbefugt ZiviltechnikerInnen „durchgerechnet“ an der „klassischen“ Ziviltech­niker­gesellschaft halten, bei unter 50 Prozent.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort wird aufgefordert, den Ministerialentwurf 40/ME zur Änderung des Ziviltechnikergesetzes in einer Weise abzuändern, in der sichergestellt wird, dass auch durchgerechnet bei mehrstöckigen Kapitalbeteiligungen mindestens 50 Prozent des Kapitals einer Ziviltechnikergesellschaft wirklich von ZiviltechnikerInnen gehalten werden und somit die Unabhängigkeit von Ziviltechnikergesellschaften gewährleitet ist.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Dr.in Elisabeth Götze. – Bitte, Frau Abgeordnete.