15.05

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Der Herr Bundeskanzler weilt ja schon wieder nicht mehr unter uns. (Abg. Gabriela Schwarz – auf Bundeskanzler Kurz deutend, der auf der Seite des Saales steht –: Er ist da!) – Wo ist er? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Entschuldigung, dann befindet er sich noch im Saal, das ist gut, denn auch ich habe bei seiner Rede sehr genau zugehört, auch bei jener von Herrn Vizekanzler Kogler, und ich finde es be­stürzend, dass hier kein einziges Wort des Bedauerns oder der Entschuldigung dafür gefallen ist, was am Freitag in der Pressekonferenz passiert ist.

Dass auf einer Pressekonferenz, vollkommen ohne jede gesetzliche Basis, Hausarrest für Gesamtösterreich bis Mitte Jänner angedroht wird, wenn man nicht bereit ist, dem Zwangsdiktat der Massentestungen zu folgen, ist tatsächlich ungeheuerlich, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich finde es auch ungeheuerlich, dass die konstruktive Oppositionsarbeit der FPÖ kon­sequent geleugnet und schlechtgeredet wird, denn wir haben uns von Anbeginn dieser Krise an konstruktiv eingebracht. Wir haben uns in jeder Gesundheitsausschusssitzung, in jedem persönlichen Telefonat zwischen den Gesundheitssprechern und dem Gesund­heits­minister, in jeder Hauptausschusssitzung immer konstruktiv und mit Änderungs­wünschen an die Bundesregierung gewandt, nur mussten wir feststellen: Keine einzige dieser Anregungen wurde von der Bundesregierung aufgenommen. Das hat mit geleb­tem Parlamentarismus nichts zu tun, wenn man so verbohrt ist, dass man seine eigenen Fehler, koste es, was es wolle, zum Schaden der österreichischen Bevölkerung umset­zen möchte.

Ich möchte Ihnen jetzt auch anhand von konkreten Beispielen schildern, was wir vorge­schlagen haben und was die Bundesregierung gemacht hat. Das Ganze hat damit angefangen, dass wir, bevor der Virus überhaupt nach Österreich eingeschleppt wurde, gesagt haben: Einreisende aus Risikogebieten müssen am Flughafen isoliert und ge­testet werden. Was hat die Bundesregierung gemacht? – Die Bundesregierung hat aus­schließlich Direktreisende mit Fiebermessern getestet, anstatt alle, auch jene, die über Drittstaaten eingereist sind, mit damals schon verfügbaren PCR-Tests zu testen. Jetzt hat man eine späte Einsicht – aber kein Wort der Einsicht in Ihren Stellungnahmen. Gerade ist ein neuer Verordnungsentwurf gekommen, nach dem Einreisende aus Großbritannien getestet werden sollen – knapp ein Jahr später, reichlich spät. Man hätte damals schon Schlimmeres verhindern können.

Wir haben dann gesagt, wir brauchen eine valide Datenbasis, wir wollen wissen, wie schlimm die Erkrankung überhaupt ist, bevor irgendwelche Maßnahmen erlassen wer­den. Wir haben gesagt, wir wollen wissen, wie viele Personen in Österreich betroffen sind, wir haben gefordert, dass es Querschnittstestungen durch die österreichische Bevölkerung gibt, damit man sich die Dunkelziffer ausrechnen kann. Herr Bundes­minister Anschober hat gesagt: Ja, ja, das werden wir machen, es wird wöchentliche Testungen geben!, aber nichts dergleichen ist gekommen. Es hat zwei Querschnitts­testungen mit etwa 1 500 bis 2 000 Testlingen gegeben – ein viel zu geringes Sample, um tatsächlich eine Aussage für den gesamten Staat Österreich zu treffen; noch dazu zielte ein Großteil dieser Testungen auf bestimmte Zielgruppen ab. Damit war das keine repräsentative Testung und wir wissen bis heute nicht, wie hoch die Dunkelziffer in Österreich tatsächlich ist.

Neun Monate nach Ankündigung durch Herrn Bundesminister Anschober und nachdem wir schon gefordert haben, dass es eine Antikörperstudie in Österreich gibt, damit wir wissen, wie viele die Erkrankung vielleicht auch schon asymptomatisch hinter sich gebracht haben, gibt es eine Seroprävalenzstudie, die wieder nur mit unter 2 000 Teil­nehmern durchgeführt wurde und die wieder nicht repräsentativ für Gesamtösterreich ist – außerdem ist diese schon mitten in die zweite Welle hineingefallen, sodass man gar nicht mehr auseinanderrechnen kann, wer im Frühling und wer ist im Herbst erkrankt ist. Das war der schlechtestmögliche Zeitpunkt für eine Studie, und noch dazu war sie vollkommen falsch dimensioniert.

Kommen wir weiter zu den Maßnahmen – oder zuerst zur Kommunikation, das wäre auch etwas ganz Wichtiges! Wir haben gesagt: Informieren wir die Menschen doch ganz ehrlich! – Ich kann mich erinnern, ich bin im Februar noch dagestanden, als die ersten Horrorgeschichten über den Virus aufgetaucht sind, und habe gesagt: Ich fürchte mich mehr vor den Maßnahmen der Bundesregierung als vor diesem Virus! – Es ist erschütternd, wie sehr sich das bewahrheitet hat, denn die tatsächliche Gefährlichkeit dieses Virus wurde von der Bundesregierung maßlos überzeichnet, und das wurde kommuniziert. (Zwischenruf der Abg. Niss.)

Herr Bundeskanzler Kurz, Sie können sich sicher noch an Ihren berühmtesten Sager des heurigen Jahres erinnern: „Bald wird jeder von uns jemanden kennen, der an Corona gestorben ist.“ – Das ist ja bei Weitem nicht eingetroffen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Auch wenn man die Zahlen auf ein ganzes Jahr aufmultipliziert und damit über ein Jahr 4 000 Todesfälle aufsummiert, steht das in keiner Relation zu den sonstigen Verstor­benen, und das hat mit ehrlicher und transparenter Kommunikation überhaupt nichts zu tun. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Diese haben wir immer einge­fordert. Wir haben mehrere Anträge dazu im Gesundheitsausschuss eingebracht. Wir haben An­träge eingebracht, um auch den Krankheitsverlauf und die Todesfälle aufzu­klären, und ich habe zweimal den Antrag auf Obduktion der an Covid-19 Verstorbenen eingebracht, aber alle diese Anträge wurden abgelehnt.

Ich frage mich: Wo sehen Sie da keine konstruktive Mitwirkung? Sie haben einfach alles abgelehnt, was von unserer Seite gekommen ist, oder massiv verspätet dann doch umgesetzt, und zwar unter dem Mantel des Schweigens, aber leider Gottes viel zu spät, nachdem schon viel Schaden angerichtet war.

Zu den Maßnahmen – da gilt genau dasselbe –: Sie haben eine Maskenpflicht einge­führt, und ich habe Ihnen in der Gesundheitsausschusssitzung gesagt: Wenn Sie schon tatsächlich so überzeugt davon sind, dass wir in bestimmten Bereichen der Bevölkerung Schutzmasken brauchen, dann verordnen Sie sie selektiv und verordnen Sie Masken, die auch etwas bringen! – Das habe ich Ihnen im Frühling gesagt. Was haben Sie stattdessen gemacht? – Sie haben das Medizinproduktegesetz außer Kraft gesetzt, haben einen provisorischen Mund-Nasen-Schutz erfunden, der medizinisch überhaupt keine Schutzwirkung hat, und haben das erst jetzt, neun Monate später, für den Risiko­bereich korrigiert und endlich erkannt, dass dort, im hochsensiblen Bereich, FFP2-Masken die richtige Schutzmaßnahme wären.

Genau dasselbe haben Sie beim Thema Schulen gemacht: Alle Experten rundherum haben gesagt, die Schulen sind kein Risiko, die Schüler sind keine Risikogruppe, die Verbreitung findet nicht über die Schüler statt. Das eigene Bildungsministerium hat das gesagt, die Spitzenbeamten dort, der Generalsekretär. Was haben Sie gemacht? – Sie haben die Schulen geschlossen.

In der Gastronomie war es genau dasselbe: In der Tagesgastronomie gab es keinen einzigen großen Spot. Da haben wir gesagt: Wo kein Risiko ist, wo die Leute den Ab­stand und die Hygieneregeln einhalten können, müssen wir ja nichts schließen! Was haben Sie gemacht? – Sie haben die Gastronomie auch tagsüber geschlossen. Sie haben 50-Meter-Radien eingeführt, sodass nicht einmal mehr Anrainer abgeholtes Essen zu sich nehmen können. Von der Problematik auf den Skihütten spreche ich gar nicht.

All das sind absolut überschießende, undifferenzierte Maßnahmen, wobei es immer konkrete Gegenvorschläge von unserer Seite gegeben hat. In der letzten Sitzung haben wir zum Beispiel wieder zum Thema Skihütten und Abstandsregelung bezüglich Essens­abholung einen entsprechenden Antrag eingebracht, der abgelehnt wurde.

Nun, was will ich damit unterm Strich sagen? – Sie schwingen hier den Holzhammer, versuchen, einen Virus zu treffen, treffen aber die Schüler, die Steuerzahler, die sozial Schwachen, die Alten und die Kranken. Die müssen das ausbaden, denn Ihre Maß­nahmen, die Sie hier verordnet haben, verursachen viel mehr Schaden und Leid, als sie zu lindern imstande sind. Und jetzt kommen Sie auch noch mit Zwangstests und mit Zwangsimpfungen! (Abg. Steinacker: Wieder tatsächliche Berichtigung!)

Ich sage Ihnen eines: Die Menschen haben genug von dieser Bevormundung! Die Menschen in diesem Land sind intelligent genug, sie verdienen ehrliche Informationen und können sich eine eigene Meinung zu bilden. Sie haben die Menschen verloren, die gehen Ihren Weg nicht mehr mit. Wenn Sie nicht einen radikalen Kurswechsel einläuten, das Parlament und den Gesundheitsausschuss nicht wieder in die Entstehung von und in die Diskussion zu parlamentarischen Vorlagen, zu Gesetzesvorlagen und Verord­nun­gen einbinden, dann werden Sie am Ende des Tages kein Licht sehen, sondern ein großes Waterloo – wieder. (Beifall bei der FPÖ.)

15.13

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Kühberger. – Bitte.