13.03

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Der Herr Bundesminister ist leider nicht hier. Liebe Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! (Zwischenrufe der Abgeordneten Einwallner und Leichtfried.) Werte Zusehe­rinnen und Zuseher! Ja, wie so oft seit Beginn der Pandemie diskutieren wir öffentlich über wirksame Maßnahmen zur Eindämmung dieser Pandemie, und wie so oft seit Beginn dieser Pandemie diskutieren wir auch über mögliche Schulschließungen als Mittel zur Eindämmung dieser Pandemie. Das geschieht schon allein aus dem Motiv, weil man mit den Schulschließungen natürlich einfach die Eltern nach Hause zwingt und das etwas mit dem Infektionsgeschehen macht, das ist ganz klar. Was das aber mit den Kindern macht – psychisch, sozial, bildungstechnisch –, das steht auf einem anderen Blatt.

Wir waren schon glücklich, dass Herr Minister Faßmann vor Kurzem unsere Vor­schläge – wie Schule sicher funktionieren kann –, die wir seit August immer wieder unterbreitet haben, aufgenommen hat. Das Rezept war so einfach, nämlich testen, testen, testen – mit Gurgeltests, mit Antigentests oder jetzt mit den Schnelltests, die jeder und jede zu Hause durchführen kann. Da waren wir schon glücklich.

Ich war auch glücklich, als ich heute die erste Headline dazu gelesen habe und vorhin im „Mittagsjournal“ gehört habe, dass die Schulen wieder öffnen sollen – erst am 25.1., aber sie öffnen wieder. Es war eine Überschrift, und dann hatte ich gehofft zu hören, wie – aber nichts davon, nur vage Spekulationen, wie es vielleicht doch funktionieren könnte. Der Grund für diese Vorsicht war die heute schon so oft genannte Virusmutation aus Großbritannien, B.1.1.7, die angeblich die Kinder in britischen Schulen ganz beson­ders oft befallen hätte, was sich wissenschaftlich aus den derzeit vorhandenen Daten bis dato nicht bestätigen lässt. Das ist aber heute gar nicht mein Hauptpunkt.

Ich möchte heute hier als Molekularbiologin zu Ihnen allen sprechen. Mutationen ent­stehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn das Virus eine Zelle befällt, eindringt und den Zellmechanismus dazu benützt, sich tausendfach, millionenfach zu vermehren. Bei dieser Vermehrung des Virusgenoms passieren Fehler: sogenannte Mutationen, über die wir die ganze Zeit reden. Das ist auch ein Grund, warum Viren, die ursprünglich im Tierreich vorhanden sind, plötzlich auf den Menschen übergehen können. Wir reden hier von Zoonosen: HIV, Sars, Mers, Schweinegrippe, Ebola, überall dasselbe Thema, auch bei Sars-Cov-2. Warum? – Die Gründe dafür sind vielfältig: Sie sind in der Über­bevöl­kerung zu suchen, im Klimawandel genauso wie in der Massentierhaltung zur Ernährung der Weltbevölkerung. Allerdings fehlt mir heute und jetzt die Zeit dazu, das näher aus­zuführen.

Zurück zu B.1.1.7: In B.1.1.7 kommt eine Häufung von Mutationen vor, die zufällig zusammentreffen und die Oberflächenstrukturen dieses Virus verändern. Deshalb ist es so viel stärker infektiös, und es befällt Kinder genauso wie Erwachsene. Erste Daten aber zeigen, dass die zugelassenen MRNA-Impfstoffe wirken, noch immer wirken. Zum Glück wirken sie, aber ich muss nachschieben: Noch wirken sie! Warum? – Je stärker ein Virus in der Bevölkerung zirkuliert, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich dieses Virus verändert, und die gegenwärtig vorhandene Mutation ist ja nur eine. Wir haben seit Beginn der Pandemie Tausende von diesen Mutationen, nur treten manche Mutationen ja in den nicht codierenden Regionen auf. Sie haben einfach keine Auswirkung, deshalb sehen wir sie auch nicht, deshalb machen sie auch nichts und verändern den Virus nicht entscheidend. Es gibt allerdings Tausende davon.

Es geht da nicht um den Kampf gegen diese B.1.1.7-Mutation, sondern um den Kampf gegen die Pandemie per se und alle Mutationen, die da noch kommen werden – und sie werden noch kommen. Und genau das ist das, worauf wir abstellen müssen. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, der da stattfindet.

Das Einzige, was hilft, ist: testen, testen, testen, das ist heute oft gefallen. Die Über­wachung, die Surveillance, ist da der entscheidende Punkt, der zusätzlich eingefordert werden muss. Wir müssen wissen, wie sich das Virus verändert. Welche Mutationen mit welcher Wirkung treten in Österreich auf? Wir müssen im Schulterschluss mit den internationalen Wissenschafterinnen und Wissenschaftern handeln, um dies besser einschätzen zu können. Dass die Briten diese Mutation gefunden haben, ist schlichtweg ihrer guten Überwachung geschuldet, weil sie 5 Prozent aller Abstriche beproben und sequenzieren. Deshalb wissen sie auch, welche Mutationen sie in ihrem Land haben – genauso wie Südafrika. Da sind wir extrem säumig. Dass wir jetzt anfangen, wie ich heute gehört habe, am Zentrum für Molekulare Medizin zu sequenzieren, ist gut, aber es ist wieder einmal viel zu spät. Das heißt, da ist Geschwindigkeit gefragt.

Am Ende des Tages, liebe Kolleginnen und Kollegen, hilft uns eigentlich nur eines: impfen – impfen, impfen, impfen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Jede einzelne Verhinderung einer Ansteckung macht uns sicherer. Das heißt, die Regierung und die Gesundheitsbehörden sind gefordert, und am Ende des Tages sind wir alle gefordert. Wenn wir uns so schnell wie möglich impfen lassen, dann können wir dieses Virus in den Griff bekommen, da zählt jeder Tag. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg-Sarre.)

13.09

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Scherak hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

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