9.14

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank, insbe­sondere Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie diese Sitzung von zu Hause aus verfolgen! Schönen Vormittag! Ich freue mich, Ihnen heute im Parlament Martin Kocher als neuen Arbeitsminister vorstellen zu dürfen.

Wir wissen, wir alle sind seit mittlerweile knapp einem Jahr inmitten einer der schwersten Pandemien. Wir sind da nicht nur in der Gesundheitskrise gefordert, sondern diese Pan­demie hat auch eine Weltwirtschaftskrise ausgelöst, die um Österreich keinen Bogen macht und uns auch im Bereich Wirtschaft und Beschäftigung massiv fordert.

Auch wenn Österreich in der Europäischen Union mittlerweile wieder unter den Ländern mit den niedrigsten Ansteckungszahlen ist – wir gehören seit einigen Wochen zum Drittel der Länder mit den niedrigsten Ansteckungszahlen –, so ist die Situation dennoch eine extrem volatile. Wir erleben Varianten, Mutationen des Virus, die sich mittlerweile in Eu­ropa verbreiten, die nicht mehr nur in Großbritannien oder Südafrika zu finden sind, son­dern auch in anderen europäischen Ländern, auch in unseren Nachbarländern. Auch bei uns sind mehr und mehr Fälle feststellbar.

Es ist also klar, dass uns die akute Pandemie noch monatelang beschäftigen wird, aber wie schon im Sommer angesprochen: Es gibt Licht am Ende des Tunnels (Abg. Ames­bauer: Das haben Sie voriges Jahr schon gesagt!), durch die Impfung werden wir in Richtung Sommer mehr und mehr zur Normalität zurückkehren können. (Abg. Belako­witsch: Das haben Sie vor einem Jahr auch schon gesagt! – Abg. Kickl: Sie werden gar nicht mehr fertig mit dem Auferstehen!)

Die Gesundheitskrise möchte ich heute gar nicht weiter thematisieren, sondern mich auf die Vorstellung von Martin Kocher beschränken. Ich habe eingangs gesagt: Die Gesund­heitskrise hat eine Weltwirtschaftskrise ausgelöst, die auch um Österreich keinen Bogen gemacht hat. Das zeigen die Zahlen leider in einer dramatischen Art und Weise. Wir hatten im Jahr 2020 einen Wirtschaftseinbruch von 7,5 Prozent, wir erleben nach wie vor eine wirtschaftlich sehr, sehr herausfordernde Situation. Wir haben das ganze Jahr 2020 über versucht, die Herausforderungen und die Auswirkungen dieser Krise bestmöglich abzufedern. Wir haben in Summe über 30 Milliarden Euro ausbezahlt oder zugesagt, um Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich zu unterstützen. Am Höhepunkt der Krise waren weit über eine Million Menschen in Kurzarbeit. Das ist auf der einen Seite negativ, auf der anderen Seite aber positiv, weil es dadurch gelungen ist, viele Jobs zu retten, die sonst vernichtet worden wären.

Ich möchte mich an dieser Stelle beim gesamten Regierungsteam, insbesondere aber bei Christine Aschbacher, die aus der Regierungsmannschaft ausgeschieden ist, für ihre Arbeit (Abg. Belakowitsch: Welche Arbeit?), für ihren wirklich unermüdlichen Einsatz im letzten Jahr bedanken. Ich kann nur sagen, ich bin der festen Auffassung, dass, wenn Vorwürfe gegen Menschen erhoben werden, öffentlich werden, ganz gleich ob gegen Politiker oder andere, jeder immer ein faires Verfahren verdient hat. Ich respektiere aber ihre Entscheidung, ihr Amt sofort zurückzulegen, auch um ihre Familie zu schützen. Ich danke ihr für ihre Arbeit und wünsche ihr für ihren weiteren Werdegang alles Gute. (Bei­fall bei ÖVP und Grünen.)

Mir als Regierungschef war es nach ihrem Rücktritt nicht nur wichtig, eine gute, sondern vor allem auch eine rasche Personalentscheidung zu treffen, denn gerade in Zeiten wie diesen ist es wichtig, dass in allen Bereichen der Bundesregierung auf Hochtouren gear­beitet wird.

Ich bin froh, dass Susanne Raab bereit war, die Agenden für Familie und Jugend zusätz­lich zu ihrem Aufgabenbereich zu übernehmen, und ich möchte mich bei Martin Kocher bedanken, dass er bereit war, ins Regierungsteam einzusteigen und die Aufgaben im Bereich Arbeit und Arbeitsmarkt zu übernehmen. Dieser Bereich ist jetzt, in der akuten Phase der Krise, ein herausfordernder, er wird aber auch ein herausfordernder bleiben, weil die wesentliche Aufgabe neben der Krisenbewältigung in den nächsten Monaten und Jahren sein wird, Österreich wieder zu alter Stärke im Bereich Arbeit und Wirtschaft zurückzuführen.

Martin Kocher ist ein international anerkannter Experte mit einer beeindruckenden Lauf­bahn, zuletzt war er Direktor des IHS. Er ist uns in diesem Jahr der Krise immer wieder beratend zur Seite gestanden – nicht nur ein Danke für die gute Begleitung und Beratung im vergangenen Jahr, sondern vor allem auch ein Danke, dass du bereit bist, diese Auf­gabe zu übernehmen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Herzlich willkommen im Team, ich freue mich auf die Zusammenarbeit! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Herausforderungen im Bereich Wirtschaft und Arbeit für Gernot Blümel, Margarete Schramböck und Martin Kocher sind groß. Ich habe es eingangs schon angesprochen: Wir sind nach wie vor in der akuten Phase der Krise, mit einer Arbeitslosigkeit von über 530 000 Menschen, mit derzeit rund 400 000 Menschen in Kurzarbeit, und wir wissen, dass die nächsten Monate nach wie vor extrem schwierig bleiben werden. Es ist daher die wesentliche Aufgabe, in diesem Bereich akut bestmöglich die Auswirkungen der Kri­se abzufedern, mit Möglichkeiten wie der Kurzarbeit und anderen alles zu tun, um trotz Krise so viele Arbeitsplätze wie möglich zu sichern.

In weiterer Folge geht es um den Kampf zurück, die Notwendigkeit, wieder Arbeitsplätze entstehen zu lassen, Menschen wieder zurück in Arbeit zu vermitteln und alles zu tun, dass wir möglichst schnell wieder als Republik zu alter Stärke zurückkommen.

Als dritten Bereich sehe ich selbstverständlich – wir haben das schon vor der Krise er­lebt, die Krise hat es noch einmal beschleunigt und sichtbarer gemacht – die große Transformation, die auf dem Arbeitsmarkt stattfindet, insbesondere durch die Digitalisie­rung.

In diesem Sinne ein herzliches Danke an Martin Kocher für die Bereitschaft, zur Verfü­gung zu stehen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, ich sage das dazu. Ich habe immer wieder Experten in die Bundesregierung geholt (Zwischenrufe bei der SPÖ), Menschen in die Bundesregierung geholt, die eine beeindruckende Laufbahn außerhalb der Politik absolviert haben, aber über wenig politische Erfahrung verfügt haben. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Die Herausforderung für alle war eigentlich stets die gleiche, nämlich auch damit zurechtzukommen, dass man in der Regierung – natürlich auch durch Sie von der Opposition, aber auch durch die Medien – härter angefasst wird, dass die Kritik größer ist und dass man vieles aushalten muss. (Abg. Kickl: Der Unterrichtsminister ...!)

In diesem Sinne sage ich, es ist keine Selbstverständlichkeit, dass du dich als Experte auf diese Aufgabe eingelassen hast, gerade in dieser Krise weiß ich das zu schätzen. Ein herzliches Danke! Willkommen! Ich freue mich auf die Zusammenarbeit. (Anhalten­der Beifall bei ÖVP und Grünen sowie Beifall bei Abgeordneten der NEOS.)

9.21

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Vizekanzler. – Bitte.