10.49

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Österreich ist nicht nur gesundheitspolitisch in einer schwierigen, in einer sehr heiklen Lage, nein, auch si­cherheitspolitisch ist die Situation äußerst besorgniserregend. Das hat nicht nur österrei­chische Dimensionen, das hat natürlich auch europapolitische und internationale Dimen­sionen. Das ist auch der Grund, warum wir das als Thema der heutigen Aktuellen Euro­pastunde eingebracht haben.

Diese Situation hat einen Namen; das ist ganz einfach zu sagen. Herr Mahrer hat jetzt versucht, sich auf Herrn Kickl rauszureden – ein guter Versuch, aber in Wahrheit waren es 20 Jahre ÖVP im Innenministerium (Beifall bei SPÖ und FPÖ), 20 Jahre Günstlings­wirtschaft, 20 Jahre Parteibuchwirtschaft, 20 Jahre Show und 20 Jahre Überheblichkeit! Das ist der Grund für die Situation, in der wir jetzt sind, sehr geehrte Damen und Herren, und nichts anderes! Da brauchen wir uns nicht auf Kickl rauszureden, das ist nur schwachmatisch. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Anfang November ist dieser schreckliche Terroranschlag passiert, und es ist genau das eingetreten und genau das sichtbar geworden, wovor wir immer gewarnt haben: Das Innenministerium, das BVT waren nicht in der Lage, die richtigen Maßnahmen zu er­greifen, nein, im Gegenteil, es sind unglaubliche Fehler passiert. Sehr viele Expertinnen und Experten sagen, wenn diese Fehler nicht passiert wären, wäre dieser Anschlag zu verhindern gewesen.

Herr Bundesminister, die politische Verantwortung für das alles tragen Sie, und ich muss Ihnen sagen – das ist zwar kein Trost –, Sie reihen sich da recht gut in die Ahnengalerie Ihrer ÖVP-Vorgänger ein. So geht Sicherheitspolitik nicht, geschätzte Damen und Her­ren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Was nachher passiert ist, ist ja etwas, das man hier ansprechen muss und das meines Erachtens bemerkenswert ist: Nach dem Anschlag ist es nicht darum gegangen, die Fehler aufzuzeigen und daraus zu lernen, nein, es ist darum gegangen, die Fehler zu vertuschen. (Bundesminister Nehammer schüttelt den Kopf.) Es ist nicht darum ge­gangen, Verantwortung zu übernehmen, nein, es ist darum gegangen, Verantwortung abzuschieben! (Bundesminister Nehammer schüttelt neuerlich den Kopf.) Es waren Sie und der Herr Bundeskanzler, die am Tag des Anschlags gesagt haben, die Justiz habe das zu verantworten. Die Expertinnen und Experten aber haben klargestellt, die Justiz trifft da überhaupt keine Schuld, sondern es waren Probleme im Bereich des Innenmi­nisteriums. Das ist auch etwas, das man ganz klar ansprechen muss.

Herr Bundesminister, es waren aber nicht nur die Fehler, es war auch die Art und Weise, wie Sie darauf reagiert haben: Wenn etwas nicht klappt und wenn die Fehler langsam aufgedeckt werden, dann versuchen wir es mit einer Gesetzesverschärfungsshow – ich nenne es einmal so. Wenn sonst nichts mehr hilft, stellen wir uns hin und sagen: Wir machen alles schärfer, wir machen alles drastischer! – Nur: Blöderweise, dummerweise haben dieselben Experten und Expertinnen, die Sie eingesetzt haben, festgestellt, es liegt nicht an den Gesetzen, sondern es liegt an den Fehlern, die gemacht wurden, und es liegt daran, dass es zu wenig Geld und zu wenig Personal im Innenministerium gibt. (Bundesminister Nehammer schüttelt den Kopf.) Das sind die Dinge, die zu verantwor­ten sind – und es sind durch 20 Jahre hindurch amtierende ÖVP-Innenminister, die das zu verantworten haben, Herr Nehammer. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen eines – und das ist jetzt die Aufforderung der Sozialdemokratie an Sie ‑: Machen Sie endlich Schluss mit Parteibuchwirtschaft! Machen Sie Schluss mit Günst­lingswirtschaft! Machen Sie Schluss mit Show! Machen Sie Schluss mit Überheblichkeit! Tun Sie verdammt noch einmal Ihre Arbeit, solange Sie in diesem Sessel sitzen! (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

10.53

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Kollege Amesbauer. – Bitte.