11.32

Mitglied des Europäischen Parlaments Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Die Voraus­setzung für eine gute Zusammenarbeit in Europa bei der Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität bilden ganz grundlegend stabile und effektiv arbeitende nationale Behörden. Ob das auf das BVT zutrifft, ist mehr als nur offen. Nach 20 Jahren ÖVP und eineinhalb Jahren Kickl im Innenressort steht das BVT jetzt personell vollkommen ruiniert da. Das sind die Konsequenzen von jahrelangen politischen Postenbesetzungen. (Beifall bei den NEOS.)

Konsequenzen von politischen Postenbesetzungen sieht man im Moment aber auch an vielen anderen Stellen. An sich ist das ja überall ein Skandal, man hätte aber mit sehr viel gutem Willen denken können, dass man dieses Risiko beim Thema Sicherheit nicht eingehen möchte. Heute steht man vor den Scherben jahrelanger Günstlingswirtschaft. Der geleakte Bericht des Berner Clubs – das ist der informelle Zusammenschluss euro­päischer Inlandsgeheimdienste – war vernichtend, was das BVT betrifft: Es gebe keine Datensicherheit, keine Personalsicherheit, keine Gebäudesicherheit. Zusätzlich wurde auch der Vertrauensverlust unserer Partner ersichtlich, weil sie eine mangelnde Integrität der Behörde erkannten.

Um einen Rauswurf aus dem Club zu verhindern, mussten wir uns aus fast allen Ar­beitsgruppen zurückziehen. Das heißt, wir waren von ganz vielen wirklich relevanten Informationsflüssen ausgeschlossen, und weil das Geheimdienstgeschäft ja auf Gegen­seitigkeit beruht und wir in vielen Bereichen keine Informationen liefern konnten, wurden uns wiederum auch keine gegeben. Das heißt, dass die schlechte Arbeit und eben wiederum die Konsequenz dieses Managementversagens – des politischen Manage­mentversagens auf vielen Ebenen – sich letztendlich negativ auf die Sicherheit der Ös­terreicherInnen ausgewirkt haben. Es ist dies einfach ein Versagen auf allen Ebenen.

Nach dem Ende von Türkis-Blau ist noch immer wahnsinnig viel zu tun. Herr Innenmi­nister, wir sind wirklich auf die BVT-Reform gespannt. Viel schlimmer kann es aktuell ja nicht werden, das heißt, es ist viel Luft nach oben vorhanden und viel Potenzial für Verbesserungen da. Jetzt bestünde aber auch die Gelegenheit, darüber zu reden, wie eine zeitgemäße europäische Zusammenarbeit, die gut organisiert ist, überhaupt aus­schauen könnte.

Dass das Ganze über einen informellen Klub funktioniert, ist ja eigentlich auch ein biss­chen schräg. Es besteht keine Transparenz, die Gremien sind auch niemandem ge­genüber verantwortlich. Das ist heutzutage – wenn wir schauen, wie andere europäische Institutionen gebaut sind – eigentlich wirklich kein tragbarer Zustand mehr. Das heißt, die grundsätzliche Struktur oder Architektur der europäischen Zusammenarbeit der Ge­heimdienste sollte neu geschaffen werden, damit man auch in diesem Zusammenhang wirklich Vertrauen haben kann, dass die Zusammenarbeit funktioniert. Es hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass man im Nachhinein noch auf vieles an Leid gekommen ist, was man durch bessere Zusammenarbeit hätte verhindern können, und zwar auch im Hinblick auf den Versuch, terroristische Anschläge zu verhindern, und das ist wirklich ein Skandal. (Beifall bei den NEOS.)

Um das umzusetzen, braucht es wirklich Vorschläge: Wie könnte das auf europäischer Ebene anders ausschauen? – Meine liberale Fraktion im Europaparlament ist klar auf der Linie, dass Europol zu einer echten europäischen Polizei, quasi einem europäischen FBI, ausgebaut wird, um echt schlagkräftig zu werden, zu funktionieren und effektiv zu arbeiten. Europol soll ein Zentrum für europäische Polizeiarbeit sein, ein Zentrum für die Koordinierung und den geordneten Informationsaustausch. Dabei muss auch klar sein, dass man gegenüber der Politik, dem Parlament und der Demokratie verantwortlich ist und transparent arbeiten muss. Europol braucht dafür aber auch ein stärkeres Mandat und Europol braucht eine stärkere personelle und finanzielle Ausstattung, um das liefern zu können.

Es geht gar nicht darum, was da wirklich das europäische Thema ist, wenn das klar eine nationalstaatliche Kompetenz ist. Wir können aber auch darüber reden, wie viel Fantasie wir brauchen, um uns das System ganz anders vorzustellen, wie es nämlich wirklich gut und echt europäisch funktionieren kann, denn es geht dabei um die Sicherheit und das Leben aller Europäerinnen und Europäer. Dabei geht es nicht nur darum, wie uns andere helfen können, sondern auch darum, wie wir in Zukunft, wenn unsere nationale Behörde wieder einmal gut funktioniert, auch unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Europa helfen können, damit wir auf unserem Kontinent gemeinsam sicherer leben können. Das sollte ein Ziel sein, das wir alle verfolgen wollen. (Beifall bei den NEOS.)

11.38

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Europaparlamentarier Lukas Mandl. – Bitte.