12.37

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frauen Minis­terinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einen kurzen Blick in die Vergan­genheit wagen, aber danach auch sehr rasch zur Gegenwart kommen.

Wir hatten in der Vergangenheit durchaus das Problem, dass uns – als Abgeordneten – in einer Krise, wie wir sie davor noch nie gekannt haben, eine Familienministerin gegen­übergesessen ist, die aus welchen Gründen auch immer diese Problemstellungen inhalt­lich nicht so verstanden hat, dass es rasch und unkompliziert eine Lösung für viele Fami­lien gegeben hätte.

Ich möchte erinnern, dass wir einen Familienhärteausgleich hatten, wo zigtausend Fami­lien, wenn sie unvollständige Anträge geschickt haben, keine Antwort vom Ministerium erhalten haben, um quasi die anderen Anträge effizienter zu bearbeiten. Ich darf daran erinnern, dass es ein Datenleck gegeben hat, wodurch man dann die Bestätigung, die man erhalten hat, wenn man einen Antrag gestellt hat, inklusive Sozialversicherungs­nummer und Bankdaten von einem anderen Antragsteller erhalten hat. Ich darf daran erinnern, dass falsche Zahlungen und doppelte Zahlungen aus dem Härteausgleich ge­leistet worden sind. Ich darf auch daran erinnern, dass Selbstständige weiterhin nur ei­nen Pauschalbetrag und nicht das, was Angestellte erhalten, zur Verfügung haben.

All das hat uns eigentlich nicht sehr zuversichtlich in die Zukunft schauen lassen, des­wegen sind wir jetzt als NEOS das sage ich auch in aller Offenheit, Frau Ministerin Raab natürlich weiterhin skeptisch, dass es besser gelingt. Wir sehen aber nicht als Problemstellung, dass Sie jetzt den Familien- und Jugendbereich zusätzlich zu Ihren Agenden erhalten. Ich habe auch kein Bild – wir haben bisher noch nie zusammengear­beitet –, ob es nun besser oder schlechter wird. Ich hoffe auf eine deutliche Verbesse­rung, deswegen werden wir heute diesem Antrag auch zustimmen.

Ich möchte nun aber in die Gegenwart kommen, zum Thema des Härteausgleichs: Da­mals konnte dafür ein Antrag für drei Monate gestellt werden. Das hat sich eingespielt, diese Anträge werden jetzt aus meiner Sicht meistens relativ zeitnahe bearbeitet. Es sind aber jetzt viele neue Nachrichten bei mir dazugekommen. Ich bekomme jetzt nicht mehr so viele Nachrichten mit: Mein Antrag wird nicht bearbeitet!, sondern: Ich habe schon einmal einen Antrag gestellt, ich habe das Geld auch bekommen, aber meine besondere finanzielle Schwierigkeit dauert nicht nur drei Monate, sondern sechs oder neun Monate! Darauf haben wir keine Antwort gefunden.

Die Nachrichten sind teilweise auch persönlich sehr beklemmend, wenn man am 20. ei­nes Monats die E-Mail bekommt, dass die betreffende Alleinerzieherin einfach kein Geld mehr hat, um Lebensmittel für die Kinder zu kaufen. Das heißt, dass wir die Menschen, die vor der Krise durch den Alltag gekommen sind, jetzt mehr oder weniger zur Suppenküche schicken. Das muss man sich auch einfach einmal so vorstellen – und Suppenküchen gibt es übrigens auch nicht überall.

Damit ist klar, dass die Politik eine neue Lösung für die Gegenwart braucht. Wir als NEOS haben einen Härteausgleich 2.0 vorgeschlagen, über den man genau jenen Fami­lien, die nicht durch den Winter und den Frühling kommen, eine entsprechende Unter­stützung gibt. Das hat Frau Ministerin Aschbacher leider nicht aufgenommen.

Ich möchte aber auch ein zweites Thema aufgreifen – weil wir vorher auch über Zahlen gesprochen haben. Es ist ein Problem, das nichts mit der Pandemie zu tun hat, sondern ganz grundsätzlich ein Thema ist. Jedes vierte Kind in Österreich lebt in einem Alleiner­ziehendenhaushalt. 50 Prozent dieser Alleinerziehendenhaushalte sind armutsgefähr­det – vor der Krise waren es 44 Prozent –, und 94 Prozent der Alleinerziehendenhaus­halte werden von Frauen geführt.

Das ist jetzt auf den ersten Blick zwar eine frauenpolitische Themenlage, aber in Wahr­heit ist es eine männerpolitische Situation, weil es das Problem in unserer Gesellschaft ist, dass die unbezahlten Aufgaben und die geteilte Verantwortung noch nicht dort sind, wo sie sein sollen. Es sind nicht freiwillig 94 Prozent der Alleinerziehendenhaushalte weiblich. Es geht darum, dass all die familienpolitischen Maßnahmen – und da sind wir genau bei den Dingen, die auch die Zukunft betreffen – noch immer stark darauf ausge­richtet sind, dass die Verantwortung zu einer Person abgeschoben wird. Wir brauchen von der Familienbeihilfe über das Kinderbetreuungsgeld bis hin zu den Anreizen bei der Kinderbetreuung ganz, ganz viel, um mehr Gleichberechtigung in den Familien, auch wenn sie getrennt sind, herzustellen.

Mein Appell an Sie, Frau Ministerin – und damit möchte ich enden –: Finden Sie eine politische Antwort, und zwar wirklich zeitnah und umgehend, für jene Familien, die heute kein Geld haben und für die es keine anderen Töpfe gibt, auf die sie zugreifen können! Bitte arbeiten Sie daran, dass das Familienbild, das Herr Kollege Gerstl hat und das ich zuletzt im 19. Jahrhundert gesehen habe, in der ÖVP keine Mehrheit findet, sondern schaffen Sie eine Möglichkeit, dass Männer und Frauen gleichberechtigt in die Zukunft schauen können! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Elisabeth Pfurt­scheller zu Wort. – Bitte.