12.53

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Ministerin­nen! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wie wir bereits gehört haben, ist in der Bundesministeriengesetz-Novelle auch geregelt, dass der Bereich Familie und Ju­gend ins Bundeskanzleramt wandert. Dieser Bereich umfasst auch Kinder- und Jugend­hilfe und Volksbildung. Dass dieser Bereich ins Bundeskanzleramt wandert, ist ein ganz, ganz schwerer Fehler, und ich sage Ihnen auch warum. Kinder sind unsere Zukunft. Frau Minister, Sie haben das ebenfalls betont: Kinder und Jugend sind unsere Zukunft; und die Jugendzeit ist jener Lebensabschnitt, der von Identitätsfindung, Selbstfindung und Sozialisation geprägt ist. Es ist die wichtigste Zeit, die wichtigste Phase im Leben. Es ist vor allem auch die Zeit des Lernens. Gerade der Herr Bundeskanzler ist jener Politiker in unserem Land, der unseren Kindern diese Zeit des Lernens und diese Zeit der So­zialisierung mit ihren Freunden durch seine ständigen Schulschließungen raubt. Frau Bundesminister! Bei allem Respekt, aber ich traue Ihnen nicht zu, dass Sie sich in dieser Frage gegen den Herrn Bundeskanzler durchsetzen werden – leider, muss ich hervor­heben, und leider muss ich das so betonen.

Der Bundeskanzler hat ohne jede Grundlage, völlig evidenzlos gegen den Willen seines eigenen Bildungsministers die Schulen geschlossen und unsere Kinder wieder in soziale Isolation geschickt. Die Zahlen geben ein völlig anderes Bild, wir haben uns das heraus­gesucht: Am 4. Dezember wurden die Schulen wieder geöffnet, nachdem sie über Wo­chen geschlossen waren. Damals lag die Zahl der Positiven bei etwa 50 000, heute, wo wir die Schulschließungen verlängern, liegt diese Zahl unter 20 000. Am 4. Dezember, als wir den Schulbetrieb wieder zugelassen haben, gab es in Österreich etwa 4 000, die hospitalisiert waren, heute liegt diese Zahl unter 2 000. Genauso verhält es sich mit den Intensivpatienten. Zum damaligen Zeitpunkt, als die Schulen geöffnet wurden, lag die Zahl der Intensivpatienten bei etwa 700, heute liegt sie in etwa bei der Hälfte.

Hinzu kommt, dass wir ganz genau wissen, dass die Schulen nicht die Treiber des Infek­tionsgeschehens sind, auch wenn da gerne regierungstreue Experten vorgeschickt wer­den, die das Gegenteil behaupten.

Hohes Haus! Schulschließungen eröffnen drei Problemfelder: Zum einen entstehen im Bildungsbereich Lerndefizite, Bildungsrückstände, Bildungsverluste. Unsere Kinder sind gerade auf dem Weg, ein zweites – ich betone: ein zweites! – Schuljahr zu verlieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Das zweite Problemfeld ist die Gesundheit: keine Bewegung, kein Sport, kein Vereins­leben, keine Sozialisation, kein Zusammentreffen mit Freunden.

Und zum Dritten treffen diese andauernden Schulschließungen, die der Herr Bundes­kanzler verordnet, mitten in die Herzen und in die Seelen unserer Kinder. Ängste, Ver­einsamung, fehlende Motivation und verloren gegangene Tagesstruktur sind die Folgen, und viele kippen in eine surreale Computerwelt hinein. Die vom Kanzler verordneten Schulschließungen, Hohes Haus, zeichnen unseren Kindern, zeichnen den Schülern, zeichnen der Jugend Narben auf und in ihre Seelen. Diese Narben führen in späterer Folge natürlich auch zu einer geringeren Lebens- und Arbeitszufriedenheit, sie führen zu geringerem Einkommen, sie führen zu einer schlechteren Gesundheit, zu einem hö­heren Risiko, arbeitslos zu werden, und sie führen zu mehr Ungleichheit.

Der Bundeskanzler agiert in dieser Frage aus unserer Sicht völlig falsch. Die Schäden, die er mit den Schulschließungen anrichtet, sind irreparabel. Er geht mit Kindern völlig empathielos um, auch das muss gesagt werden. Er geht auch deswegen empathielos mit ihnen um, weil er selbst keine schulpflichtigen Kinder hat und daher ihre Wünsche, ihre Bedürfnisse gar nicht kennen kann und offensichtlich auch gar nicht kennen will. (Beifall bei der FPÖ.)

Mütter und Väter erleben das Leid ihrer Kinder hautnah mit. Sie spüren, wie verzweifelt diese sind, und sie spüren die soziale Isolation, die diese erleben müssen. Sie spüren die fehlenden Kontakte zu ihren Freunden, sie sehen und spüren ihre Ängste. Daher ist es falsch, diese Agenden der Familie und der Jugend in das Bundeskanzleramt zu über­führen.

Ich richte daher wieder und erneut den Appell an den Bundeskanzler: Herr Bundeskanz­ler, holen Sie unsere Kinder zurück ins Leben, geben Sie ihnen Luft zum Atmen, zaubern Sie ihnen wieder ein Lachen auf das Gesicht und öffnen Sie die Schulen! Schule ist möglich! (Beifall bei der FPÖ.)

12.58

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.