15.44

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Ministerbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich verstehe nicht, Herr Finanzminister, warum Sie sich in Ihrer Verteidigungsrede an die Opposition gewandt haben, auch an unsere Partei. Es ist der Koalitionspartner, den Sie überzeugen müssen und mit dem Sie ja so gut zusammenarbeiten, wie Sie immer betonen.

Herr Abgeordneter Stögmüller twittert: „[...] ich kenn die Akten - ich bin mir sicher dass die ÖVP tiefer drinnen steckt, als noch viele glauben zu wissen“. (Abg. Kickl: Wow!)

Die Frau Klubobfrau sagt, Sie haben ein gestörtes Verhältnis zur Justiz, stellt aber gleich­zeitig hier in ihrer Rede einen Persilschein für das Vorgehen der WKStA aus.

Wenn man bedenkt, dass eine Hausdurchsuchung nur dann rechtmäßig ist, wenn ein wirklich dringender Tatverdacht vorliegt und es schon eine dichte Verdachtslage gibt, muss ich sagen: Die Grünen wissen offenbar mehr als wir alle. Ich möchte die Grünen daher darauf aufmerksam machen, dass man sich strafbar macht, wenn man den Behör­den relevante Informationen vorenthält, die etwas zur Aufklärung einer Straftat beitragen können. Ich würde Ihnen dann einen Gang zu den StAs empfehlen! (Beifall bei der FPÖ.)

Falls mich der Herr Finanzminister vor einer Woche angerufen und mich gebeten hätte, ihn in dieser Causa Korruptionsvorwürfe anwaltlich zu vertreten (Heiterkeit bei Abgeord­neten der FPÖ), hätte ich ihm folgende Vorgehensweise in drei Schritten empfohlen:

Erstens, alles abstreiten, nichts zugeben, außer das, was unbedingt sein muss und eh schon jeder weiß. Ein bisschen muss man variieren, man soll nicht immer die gleiche Argumentationslinie wie im U-Ausschuss verwenden, denn Sprüche wie: Ich weiß nichts!, Ich kann mich nicht erinnern!, Ich schließe aus, dass ich mich erinnere!, kommen bei „ZIB 2“-Interviews und Pressekonferenzen nicht so gut an.

Als Beschuldigter steht man außerdem nicht mehr unter Wahrheitspflicht. Bitte, da kann man schon ein bissl etwas zugeben, da kann man schon sagen: Ja, den Herrn kenne ich so vom Wegschauen, vom Grüßen allenfalls. Wenn ich ein SMS gekriegt habe, habe ich es eh gleich weggedrückt. – Also ein bissl etwas kann man da schon sagen.

Dann natürlich sofort ein bisschen einen Gegenangriff starten: Natürlich nehme ich Anlie­gen von Unternehmen! Dagegen sehe ich mich - -, ja, das ist Amtsausübung! – Übri­gens: Ja, wir bekommen auch viele Anfragen von Unternehmen, in denen es um Spen­den geht, aber nicht um Spenden, die sie uns geben wollen, sondern sie hoffen, dass sie Hilfsgelder und Spenden von Ihnen bekommen, die nicht ausbezahlt werden.

Die zweite Phase ist dann: raus aus der Defensive, Steigerung des Gegenangriffs, nicht mehr von den Vorwürfen reden, sondern in einem Crescendo sozusagen auf den Gegner losgehen, mit vollen Rohren schießen. Da kommt zuerst Gaby Schwarz. Da werden ir­gendwelche armen Poster geklagt – üble Nachrede, Beleidigung –, dann kommen Klub­obmann Wöginger und Verfassungsministerin Edtstadler. Dann wird die WKStA leicht schlechtgemacht, und dann kommt der Vertraute, der enge Freund, Bundeskanzler Kurz und macht die WKStA wirklich schlecht, droht auch rechtliche Schritte an. – So kann man ein volles Ablenkungsmanöver machen.

Im dritten Schritt kommt dann wirklich die Flucht nach vorne: Lösung anbieten. Mach dich zum Teil der Lösung, sei konstruktiv, binde die Gegner ein! Was ist die Lösung? – Ein unabhängiger Bundesstaatsanwalt muss her – Ablenkungsmanöver gelungen, Op­position zufrieden. SPÖ und NEOS müssen dafür sein, denn die haben das schon immer verlangt. FPÖ – ist eh wurscht, die sind eh gegen alles, heißt es, die tun ja nicht einmal beim nationalen Schulterschluss, beim Österreich-an-die-Wand-Fahren mit.

Die Grünen müssen auch dafür sein, denn das können sie dann als großen Verhand­lungserfolg verkaufen (Abg. Disoski: ... 20 Jahre!): Da hat Vizekanzler Kogler voll Druck gemacht und der ÖVP jetzt diese Zustimmung zu einem unabhängigen Bundesstaatsan­walt herausgerissen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Disoski und Ribo.) Vizekanzler Kogler würde ich bei Interviews überhaupt dorthin schicken, wohin Sie vielleicht auch Abgeordneten Gerstl schicken sollten, denn hilfreich ist das in der Verteidigung nicht.

Der ÖVP selber tut der unabhängige Bundesstaatsanwalt natürlich auch nicht weh. Dort sagt man: Derzeit haben wir das Justizministerium eh nicht, wer weiß, wann wir es wie­der kriegen. Dass wir den Grünen da das Weisungsrecht wegnehmen, schadet uns jetzt nicht, und bei der Bestellung dieses unabhängigen Bundesstaatsanwalts werden wir dann schon ein Wörtchen mitreden.

Nun, das wäre die Strategie, die ich Ihnen empfohlen hätte. Kollege Suppan hat das genauso gemacht. Ich hoffe, das Honorar war nicht zu hoch.

Man muss aber auch bedenken: Es geht da nicht um einen Vorstand in einem Privatun­ternehmen und um Privatpersonen, sondern Sie sind Finanzminister, Sie sind Amtsträ­ger. Es geht um einen ernsthaften Korruptionsvorwurf gegen einen amtierenden Finanz­minister. Es ist keine leichte Situation für Sie, Hausdurchsuchung ist eine sehr, sehr ernste Vorgehensweise. Ich denke, dem sollte Sie mit Souveränität, Gelassenheit und Aufklärungswillen begegnen, aber nicht mit Einschüchterung und Klagsdrohungen. Das ist nicht der richtige Weg. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Vorgehen der WKStA wird sich der Überprüfung stellen müssen. Ein wirklich ganz, ganz trauriges Kapitel in der Justizgeschichte sind auf jeden Fall die diversen Aussagen der Staatsanwälte im U-Ausschuss, die übereinstimmend von großer unsachlicher Ein­flussnahme durch die Oberstaatsanwaltschaft, vor allem durch deren Leiter, berichten, bis hin zu Mobbing und Missbrauch der Dienstaufsicht. Das sind sehr ernsthafte Vor­würfe, denen man nachgehen muss, denn da geht es auch darum, ob man da nicht Parteifreunde schützen will, wobei das natürlich nicht das Geringste mit der ÖVP zu tun hat.

Ich möchte Ihnen noch kurz sagen: Klubobfrau Maurer hat Ihnen ein gestörtes Verhältnis zur Justiz attestiert; so weit würde ich gar nicht gehen. Leider haben Sie ein gestörtes Verhältnis zur Verfassung und zu Zahlen, das finde ich noch viel dramatischer. Das gilt aber leider für die gesamte Bundesregierung.

Kollege Hanger hat hier gesagt: Bitte kehren wir „zu Zahlen, Daten, Fakten zurück!“ – Ja, das ist das, was wir die ganze Zeit unbedingt wollen! Sie, Herr Finanzminister, sind kein Mathematiker, sind aber ein Philosoph. (Abg. Lausch: ... nervös!) In die Platonische Akademie darf man nur hinein, wenn man die Grundrechnungsarten beherrscht, habe ich einmal gelernt. Als Finanzminister müssten Sie wissen, was ein Konjunktureinbruch um 4,3 Prozent im vierten Quartal 2020 gegenüber dem dritten Quartal bedeutet. Sie müssten wissen, was es für die Wirtschaft und den Finanzhaushalt heißt, wenn Ihr Freund und Vertrauter Bundeskanzler Kurz Gastro, Hotellerie und Vereine über den März hinaus bis Ostern sperrt. Sie müssten wissen, dass es da um ungefähr 75 000 Be­triebe geht, um über 200 000 Beschäftigte. Zählt man die Familien dazu, geht es um eine Million Menschen, die Sie in die Armut schicken.

Das sollten Sie begreifen, und Sie sollten wissen, dass es mit dem heutigen Stand so ungefähr 1 000 Coronapatienten auf den Normalstationen gibt, erfreulicherweise nur et­wa 250 Coronapatienten auf den Intensivstationen. Sie als Finanzminister, der sich mit Zahlen auskennt, müssten wissen, dass das nicht die geringste Basis für einen Lock­down ist – Sie müssten ihn sofort aufheben. (Beifall bei der FPÖ.) Sie müssten zu Bun­deskanzler Kurz gehen und sagen: Bitte hören wir auf, das ist alles verfassungswidrig, das geht nicht, vergessen wir das Ganze!

Tun Sie das für Österreich! Da würden Sie wirklich in die Geschichte eingehen, wenn Sie das beenden!

Zum Abschluss bringe ich noch einen Entschließungsantrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abberufung von ÖBAG-Vorstand MMag. Thomas Schmid“ – das ist der „Tu es für mich“-SMS-Emp­fänger

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Abberufung von MMag. Thomas Schmid als ÖBAG-Vorstand zu be­wirken.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

15.52

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Susanne Fürst und weiterer Abgeordneter

betreffend Abberufung von ÖBAG-Vorstand MMag. Thomas Schmid

eingebracht im Zuge der Debatte zur Dinglichen Anfrage des Abgeordneten

KO Herbert Kickl und weiterer Abgeordneter betreffend Blümel hat sich verzockt – Das Spiel der ÖVP ist aus!

in der 83. Sitzung des Nationalrates, am 16. Feber 2021

Die Vorwürfe gegen den derzeitigen Vorstand der ÖBAG und Beschuldigten in der Ca­sino-Causa, MMag. Thomas Schmid, reißen nicht ab.

Im Juni 2020 standen insbesondere Ermittlungen wegen mutmaßlichen Drogenkonsums im medialen Interesse. Diese zogen Kritik und die Forderung nach Konsequenzen sei­tens des mittlerweile leider verstorbenen Kleinaktionärsvertreters Wilhelm Rasinger vom Interessenverband für Anleger sowie die Einschaltung der Rechts- und Complianceab­teilung der ÖBAG durch den Aufsichtsrat nach sich.

Einmal mehr taucht der Name von Thomas Schmid nunmehr im Zusammenhang mit den massiven Vorwürfen gegenüber Finanzminister Blümel auf, der in der Casino Causa als Beschuldigter geführt wird, da ihm der damalige Novomatic-Chef Harald Neumann eine „Spende“ angeboten hat, quasi als „Gegenleistung“, wenn die ÖVP, respektive Blümel, dem Glücksspielkonzern Novomatic bei der Lösung von Problemen in Italien behilflich ist.

Die am 12. Juli 2017 vom damaligen Novomatic-Vorstandvorsitzende Neumann an den damaligen ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel geschriebene SMS - „Bräuchte kurzen Ter­min bei Kurz. 1) wegen Spende 2) wegen des Problems, das wir in Italien haben“ – wurde von Blümel zeitnah an den damaligen Generalsekretär im Finanzministerium und nun­mehrigen ÖBAG-Chef Thomas Schmid mit dem Ersuchen um Hilfe weitergeleitet – „Tu es für mich“! Laut Medienberichten hat die Novomatic schlussendlich 20 Millionen Euro an Strafzahlungen in Italien geleistet gegenüber anfangs drohenden 60 Millionen Euro.

Die Ziele der ÖBAG sind Sicherung und Stärkung des Standorts Österreich, um nach­haltige Werte für nächste Generationen zu schaffen. Der derzeitige Vorstand dient den Zielen der ÖBAG in keinster Weise, sondern stellt eher deren Bedrohung dar.

Zur Sicherung und Stärkung des Standorts Österreichs und damit aller Gemeinden und Städte stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Abberufung von MMag. Thomas Schmid als ÖBAG-Vorstand zu be­wirken.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. – Bitte.