9.32

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Arbeitsminister! Ich wollte heute eigentlich eine sehr sachliche Rede halten, aber in den bisherigen Debattenbeiträgen – es tut mir leid! – wurden Dinge derartig verdreht, Miss­stände derartig schöngeredet, dass ich sagen muss, das ist eine Katastrophe und des Hohen Hauses nicht würdig! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Herr Bundeskanzler, sogar die Grünen – Ihr Koalitionspartner – sagen, Sie hätten ein gestörtes Verhältnis zur Justiz. (Bundeskanzler Kurz schaut auf sein Smartphone. – Abg. Belakowitsch: Der muss jetzt einmal auf dem Handy etwas finden!) – Herr Bun­deskanzler, können Sie einmal das Handy wegtun? Herr Bundeskanzler, können Sie bitte einmal das Handy wegtun? (Beifall bei der SPÖ.) Wir reden über Menschen, die arbeitslos sind, wir reden über die Wirtschaft, die Wirtschaftstreibenden, die nicht wissen, wo das Licht am Ende des Tunnels ist – und Sie spielen auf dem Handy herum! (Bundeskanzler Kurz legt sein Smartphone zur Seite.) – Danke schön.

Herr Bundeskanzler, wir haben eine Million Menschen, die jetzt weniger Einkommen haben. (Abg. Belakowitsch: Das interessiert ihn nicht!) Es sind drei Gruppen: Es sind die Arbeitslosen, es sind die arbeitslosen Menschen in Schulungen und es sind die Menschen in Kurzarbeit, Herr Arbeitsminister. Diese drei Gruppen, das sind eine Million Menschen, haben weniger Einkommen. Sie können wöchentlich eine Pressekonferenz machen und diese Zahlen kommentieren: Da sind es ein bisschen mehr geworden, dort sind es ein bisschen weniger geworden, dort schulen wir ein bisschen mehr!, das ist aber kein Plan, um diese eine Million Menschen mit weniger Einkommen aus der Krise zu holen, sodass sie wieder mehr Einkommen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, es hilft nichts, wenn Sie sich hierherstellen und sagen: 31 Milliarden Euro an Wirtschaftshilfen! – Wir haben die höchste Zunahme der Zahl der Arbeitslosen in Europa, wir haben den größten Wirtschaftsabschwung in Europa nach Spanien und wir haben die höchsten Wirtschaftshilfen – da haben Sie recht (Zwischenruf des Abg. Kickl) –, aber was hat es uns gebracht? Warum stehen wir bei den Arbeitslosenzahlen, bei den Wirtschaftszahlen dennoch so schlecht da? – Der Aufschwung ist weit weg, weil Sie keine Maßnahmen zulassen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie müssen jetzt einen Plan entwickeln! Wenn wir die Pandemie überstanden haben, dürfen wir es nicht gleich schlecht machen wie bei der Impfstrategie: zuerst Impfstoff bestellen, Impfstoff wird geliefert, dann werden ein paar Dosen verimpft und dann liegt der restliche Impfstoff 14 Tage im Keller. – Das ist keine Strategie! Das Gleiche gilt für den Arbeitsmarkt: Für den Arbeitsmarkt brauchen wir jetzt Konzepte und Maßnahmen, wie wir, wenn die Pandemie besiegt ist, rasch aus dieser schlimmen Arbeits­markt­situ­ation herauskommen, um die Arbeitslosigkeit zu senken. – Da hat die SPÖ Vorschläge vorgelegt, da haben wir Anträge eingebracht.

Herr Bundeskanzler, bei Ihrer Arbeitsmarktpolitik steht Ihnen das Wasser bis zum Hals! (Beifall bei der SPÖ.) In Ihrer Situation würde ich die Vorschläge der Opposition nicht immer schlechtreden.

Herr Kollege Ottenschläger, bei aller Wertschätzung: Redet nicht jetzt schon wieder einen Vorschlag der SPÖ schlecht, bevor wir miteinander geredet haben! – Wieso reden wir nicht miteinander? (Abg. Wöginger: Das ist ja ein Rohrkrepierer!) Warum reden Sie die Aktion 20 000 schlecht (Abg. Wöginger: Das ist ja ein Rohrkrepierer!), die ihr gar nicht habt starten lassen? (Abg. Wöginger: Das hat ja damals nicht funktioniert!) – Ihr habt euch noch gar nicht damit befasst! (Abg. Wöginger: Was soll denn das bringen? – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Eine neue Aktion für 140 000 Langzeit­be­schäftigungslose, für jene Menschen, die keine Chance haben, über die Privatwirt­schaft in Jobs zu kommen – genau deshalb brauchen wir das für diese! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Was soll das bringen? – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)

Lieber August Wöginger, das, was Österreich nach einer Krise immer starkgemacht hat (Abg. Wöginger: Aber das nicht!), war das Gemeinsame! (Abg. Wöginger: Aber das nicht! Das ist doch ein Blödsinn! – Zwischenruf der Abg. Greiner.)

Ihr könnt nicht einfach nur hergehen und sagen, ihr schafft es, die 140 000 Langzeit­beschäftigungslosen in den Arbeitsmarkt zurückzubringen. (Abg. Wöginger: Was bringt denn das? Das ist ein Rohrkrepierer!) Das funktioniert nicht! Wir brauchen da die öffent­liche Hand und die gemeinnützigen Vereine. (Abg. Wöginger: Ja freilich! Verstaatlichen, nicht? „Konsum“-Pleite! So ein Schwachsinn!)  

Wenn euch ein bissl etwas an diesem Österreich liegt, dann redet mit uns, ladet uns ein! Tun Sie es für Österreich, Herr Bundeskanzler! Tun Sie es nicht für sich, sondern tun Sie es für Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

9.37

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Belakowitsch ist zu Wort gemel­det. – Bitte.