15.10

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Nationalrates! Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Brückl, für die Thematisierung der Anfragebeantwor­tung zum Thema Rechtsgrundlage der Maskenpflicht, auf die ich gleich zu sprechen kommen werde.

Ich denke, uns verbindet über alle Parteigrenzen hinweg die Sorge um eine funktio­nie­rende Schule in der Pandemie. Es ist, so meine ich, Ihnen allen nicht verborgen geblie­ben, dass ich für eine Schule mit Präsenz immer eingetreten bin und alles dafür tue, damit dies möglich bleibt. Schulöffnungen sind aus bildungspolitischen, aber auch so­zialpolitischen und sozialpsychologischen Gesichtspunkten heraus dringend notwen­dig.

Mich haben die Aussagen des Leiters der Kinder- und Jugendpsychiatrie am AKH Paul Plener berührt, der auf die gestiegene Anzahl an jungen Patienten mit unterschiedlichen Krankheitssymptomen hingewiesen hat. Die Bildungspsychologie um Christiane Spiel, Barbara Schober et cetera verweist auch auf die Schwierigkeiten: Lernmotivation, die Sinnfrage zu klären, wachsende Zukunftsängste bei den Älteren. Mich erreichen, so wie Sie wahrscheinlich auch, klarerweise viele Sorgen und Nöte der Eltern, die über Home­schooling und Homework klagen.

Es mag Virologen geben, die die Ansteckung in den Vordergrund rücken. Das verstehe ich aus deren Perspektive, aber ich muss das größere Ganze im Auge haben, und ich habe auch immer betont: Wir öffnen die Schule, aber nicht mit Hurra und Blauäugigkeit, sondern mit Respekt und Vorsicht. Ich habe auch immer auf unser dreifaches Sicher­heitsnetz hingewiesen: Ausdünnung, Maske und Testen.

Das Testen ist ein großes und wichtiges Projekt, denn wir können damit sicherstellen, dass hochinfektiöse Schüler, Lehrer und sonstiges Personal an der Schule identifiziert werden. Wir können den Eltern Sicherheit geben, dass ihre Kinder in einer einigermaßen sicheren Umgebung unterrichtet werden, nicht und niemals zu 100 Prozent, aber mit einer Verlässlichkeit, die wir vorher nicht hatten.

Herr Brückl, ich denke, das ist unser geteiltes Ziel: Schule offen zu halten. Wir können das aber nicht erreichen, wenn wir so tun, als ob es keine Infektionen gäbe, und einfach wegschauen. Wir würden das Vertrauen der Eltern, aber auch der Lehrer und Lehrerinnen verlieren und die Sicherheit der Kinder gefährden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Ab­geordneten Disoski und Hamann.)

Wir haben daher unser Testprogramm seit nunmehr in etwa drei Wochen installiert. Wir haben letzte Woche 554 Personen positiv getestet – Schüler und Lehrer waren dabei. Wir haben 554 Personen, die möglicherweise andere Lehrer oder andere Mitschüler angesteckt hätten, der Gesundheitsbehörde übergeben, und es waren nicht nur 554 Fälle, sondern 554 Haushalte mit Müttern, Vätern und Geschwistern, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ebenfalls infiziert sind.

Ich habe auch immer gesagt, wir müssen lernen, mit dem Virus umzugehen, es zu entdecken und Infektionsketten zu unterbrechen, denn das Senken der Inzidenz auf 35, 20, 7 oder 0 ist, glaube ich, in einem Binnenland wie Österreich eine Illusion.

Nicht ohne Stolz möchte ich auch bemerken, dass mein Haus bei der aktiven Pan­demiebekämpfung nicht nur Zuschauer war und ist. Wir haben mit Peter Hacker in Wien zusammengearbeitet und haben mitgeholfen, die Gurgelstudie dort auszurollen. Wir haben zusammen mit Michael Wagner und Kollegen von vier medizinischen Universitä­ten ein Monitoring aufgebaut, und wir haben die niederschwelligen Antigentests, die in der Diktion der Parteivorsitzenden Rendi-Wagner immer als Wohnzimmertests bezeich­net worden sind, in die Schule gebracht.

Wie macht Österreich das?  Das fragen uns unsere Nachbarstaaten Deutschland, Frankreich, die Tschechische Republik und andere mehr.

Zu diesem Sicherheitsnetz zählt auch – Herr Brückl, Sie haben es richtig erwähnt – unser Mund-Nasen-Schutz. Damit bin ich bei Ihrer Anfrage und der konkreten Frage nach den rechtlichen Grundlagen dieser Maskenpflicht. Wir haben den § 44 des Schul­unterrichtsgesetzes in unserer Anfragebeantwortung angeführt, und dieser sagt  ich verkürze extrem, damit es nicht zu lange wird : „Der zuständige Bundesminister“ darf „Maßnahmen zur Sicherheit der Schüler in der Schule [...] sowie zur Ermöglichung eines ordnungsgemäßen Schulbetriebes“ durch Verordnungen „erlassen“.

Ich gebe schon zu, dass der Begriff Sicherheit in der Schule ein sehr breiter Begriff ist, ein Begriff, der schon über 50 Jahre im Schulunterrichtsgesetz verankert ist. Der Ge­setzgeber hat aber ganz bewusst diesen breiten Begriff verwendet, denn Sicherheit kann ja ganz Unterschiedliches implizieren.

Dieser Sicherheitsbegriff ist auch einigermaßen ausjudiziert – anhand des Rauchverbots an Schulen, des Alkoholverbots an Schulen, und noch konkreter hat der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit Katastrophenfällen über Sicherheit gesprochen und erlaubt, dass der Minister in einer Katastrophensituation Verordnungen erlassen darf. Dass Corona eine Katastrophe darstellt, Herr Brückl, ich glaube, das bestreitet ja keiner von uns.

Sie sagen in der gegenständlichen Anfrage kategorisch und ohne weitere juristische Begründung, Herr Brückl, dass § 44 – ich zitiere jetzt Sie – „keine [...] Regelungs­grund­lage“ darstellt. – Hm, Rechtsmeinung gegen Rechtsmeinung.

Ich denke, der Verfassungsgerichtshof wird sich in seiner aktuellen Session auch mit dieser Frage befassen. Ich vertraue dem Rechtsstaat sowie der Gerichtsbarkeit und werde selbstverständlich Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes akzeptieren. Unterschiedliche Rechtsmeinungen, die wir hier offensichtlich haben, mögen dort ent­schieden werden, und wenn der Verfassungsgerichtshof zu einer Meinung kommt, die ich zu respektieren habe, dann werden Sie sehen: Ich werde sie respektieren und selbstverständlich Änderungen oder Ergänzungen vornehmen.

Ich danke der FPÖ, dass sie mir heute die Gelegenheit gegeben hat, über Testungen und einen sicheren Schulbetrieb zu referieren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.18

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Marchetti.

Nun haben alle Abgeordneten 5 Minuten Redezeit. – Bitte sehr.